Surimono?
Surimono (japanisch „Drucksachen“) stellen eine besondere Form des japanischen Farbholzschnitts dar. Der Begriff bezeichnet Grußkarten mit kurzen Dichtungen wie Haiku oder Kyoka, die von Einzelpersonen, Dichtervereinigungen, Unternehmen wie Restaurants oder Theatern in Auftrag gegeben und zu verschiedenen Anlässen an Freunde und Bekannte verschenkt wurden. Im Unterschied zu den handelsüblichen Farbholzschnitten waren Surimono nicht für den Verkauf bestimmt. Produziert wurden sie über einen Zeitraum von annähernd 150 Jahren zwischen 1730 und 1880.
Die Formate der Drucke reichen von kleinen Blättern mit den Maßen 6 x 8 cm bis hin zu Großformaten mit den Abmessungen 36 x 58 cm. Viele der heute noch erhaltenen Surimono wurden in aufwendigen und kostenintensiven Druckverfahren hergestellt, die auch Prägungen, Gold- und Silbereffekte einschließen konnten. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie bei Sammlern japanischer Farbholzschnitte aus Europa und den USA zu begehrten Objekten, seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden sie auch in Japan hoch geschätzt. (Nach: Wikipedia.)
Zu den Künstlern, die sich dieser intimen Graphik widmeten, gehörten beispielsweise Katsushika Hokusai (1760–1849), dessen Einfluß auf europäische Künstler wie Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Egon Schiele und Gustav Klimt allgemein bekannt ist; sein Schüler Totoya Hokkei (1780–1850), oder der hier mit einem „in seiner graphischen Gestaltung und seinen Farbkontrasten besonders exquisiten Blatt“ vorgestellte Hokuga Yamadera, von dem man wohl nur weiß, daß er um 1830 bis 1853 tätig war.
Mit dem dreibändigen, im OSTASIEN Verlag in Gossenberg erschienenen Katalog Warten auf das Neujahrslicht werden alle bis einschließlich 2006 in den Bestand des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKGH) gekommenen Surimono vorgelegt. Er führt dem Leser jedes der 173 Einzelblätter und ein Album der Sammlung mit farbigen Abbildungen sowie Übersetzungen und Interpretationen der Gedichte in deutscher und japanischer Sprache vor Augen, erklärt die angewandten Drucktechniken und bettet die Surimono in ihren kulturellen Hintergrund ein. Detailaufnahmen bieten Einblicke in bemerkenswerte Techniken und Arbeitsweisen.
Ein ausführliches Glossar, in dem für das Verständnis der Graphiken und Gedichte wichtige Begriffe aus der japanischen Geschichte, dem Theater, der Fauna und Flora oder anderen Bereichen erläutert werden; Verzeichnisse der Surimono-Künstler und ihrer Siegel; der Dichter sowie der Dichterclubs, in deren Auftrag viele der Surimono entstanden, und deren Marken und Embleme runden die Darstellung ab.
Die Katalogbände werden auf der entsprechenden, informativ verlinkten Webseite des OSTASIEN Verlags in Text und 17 Bildern anschaulich vor- und dargestellt. Hervorhebenswert ist die Rezension in den Hamburger China-Notizen.
Der in dieser Ausführlichkeit und opulenten Bebilderung seinesgleichen suchende Katalog dürfte nicht nur die Liebhaber von Japonica, sondern auch Bibliophile begeistern, die sich dem Sammeln von Gelegenheitsgraphik verschrieben haben.
(Bernd-Ingo Friedrich)
Warten auf das Neujahrslicht. Japanische Grußblätter (Surimono) aus dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Herausgegeben von Ursula Lienert, Hannelore Dreves und Mizuki Wildenhahn. Gossenberg: OSTASIEN Verlag 2011. (Deutsche Ostasienstudien 5.)