Pirckheimer-Blog

Nachruf

Do, 14.03.2024

Soeben erschien die 252. Ausgabe der "Marginalien", der Zeitschrift der Pirckheimer. | © Katrin Aepler

Marginalien: Heft 252 erschienen

Frisch zur Leipziger Buchmesse und zum morgen anstehenden Tag der Druckkunst auf den Tisch kommt die neue Ausgabe der Marginalien, Heft 252 (2024/1). Üppig ist, was Chefredakteur Till Schröder mit seiner Crew zusammengebaut hat: Um Künstlerbücher und was das denn sei, geht es im Startheft des neuen Jahrgangs, um Shakespeare, Gerd Sonntag, Matthias Gubig, um Abecedarien, um Grandville, antike Kräuterbücher und um Lug und Trug und Hinterlist, aufs Buch beklopft und editorisch besehen. Die Typografische Beilage ist als de facto Sündenregister mit den Letternteufelchen von Typografiegroßmeister Albert Kapr gespickt; und die Originalgrafische Beilage ist in zwei Ausführungen ein Ereignis: Kein Geringerer als der Maître Rolf Münzner, der in je 325 Stücken Schablithografien beisteuerte, um die Ausgaben mit dem Ruch der großen Kunst zu füllen, ist da in den Heften der Mitglieder der Pirckheimer zu finden! Kathrin Nitzschkes Beitrag würdigt den bewegten, schweren Weg von Gert und Alfred Eberlein in und aus der DDR. Das Heft wird beschlossen mit Rezensionen, Pirckheimer-Nachrichten, der Einladung zum Jahrestreffen in Magdeburg (13. bis 15.09.2024) sowie den Nachrufen auf Elke Lang und Bernd-Ingo Friedrich.

(André Schinkel)

Mi, 28.02.2024

Ruth Wolf-Rehfeldt (unten rechts) ist gestorben. Ihr Werk wird u. a. vom Verlag Lutz Wohlrab gepflegt.

Trauer um Ruth Wolf-Rehfeldt

Ihr Ruhm begann spät, aber nachhaltig – erst mit 85 Jahren wurde Ruth Wolf-Rehfeldt (1932–2024) mit ihrer Type-Art, kunstvollen Bild- und Letternarrangements, mit der Schreibmaschine getippt, von einem größeren Publikum wiederentdeckt. Da war ihr Mail-Art-Wechsel, angeregt durch ihren Mann Robert Rehfeldt (1931–1993), schon durch die ganze Welt gekommen. 2021 wurde die gebürtige Sächsin mit dem Gerhard-Altenbourg- und 2022 mit dem Hannah-Höch-Preis geehrt. Eine Auswahl ihres Werks erschien nach einer großen Retrospektive im Weserburg-Museum in Bremen in zwei Buchausgaben bei Lutz Wohlrab. 2017 nahm Ruth Wolf-Rehfeldt, die ihre künstlerische Arbeit bereits um 1990 erheblich reduziert hatte, an der documenta 14  in Kassel teil. Wie ihre Galerie vermeldet, starb sie am 26.02. in ihrer langjährigen Wahlheimat Berlin.

(André Schinkel/Pressemeldung)

Mi, 07.02.2024

Helga Paris – hier porträtiert von Nobert Kaltwaßer (Serie "Fotografen vor ihren Bildern"), ist gestorben.

Berlin: Trauer um Helga Paris

Die Fotografin Helga Paris (1938–2024), bekannt geworden als eigensinnige und unbestechliche Dokumentaristin des Alltags in der DDR, ist am 05. Februar in ihrer Wahlheimatstadt Berlin, in der sie mehr als ein halbes Jahrhundert den Prenzlberg bewohnte, gestorben. Die gebürtige Pommerin, die 1961–1974 mit dem Maler Ronald Paris verheiratet war, hatte bereits vor Jahren ihren Vorlass, der 230.000 Negative umfasst, an die Berliner Akademie der Künste gegeben. Berühmt wurden ihre Porträts von Werktätigen, aber auch der alternativen und Punkszene in den 80ern sowie eine Serie Selbstbildnisse – nach dem anfänglichen Verbot einer Ausstellung mit Fotografien der dem Verfall preisgegebenen Stadt Halle avancierte das daraus resultierende Buch Diva in Grau, vermehrt um die Texte zahlreicher Autoren der Ära, in der Wendezeit zum Kultobjekt. Die Original-Ausgabe des Bands ist bis heute gesucht, Nachauflagen folgten 1993, 2000 und 2006. Helga Paris wurde 85 Jahre alt – ihre stille und zugleich große Künstlerschaft war legendär. 

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mi, 24.01.2024

Berlin · Halle: Trauer um Elke Erb

Trotz ihres mehr als sechs Jahrzehnte währenden Werks und entgegen dem Gebaren so mancher, die es immer schon wussten, war Elke Erb (1938–2024) eine Spätentdeckte. Ihren ersten Literaturpreis erhielt sie im Alter von 50 Jahren und nicht in der DDR, in der sie unbeirrt und in einer Nische aus Widerborst und Gerechtigkeit erst an der Seite von Adolf Endler, dann allein ‚ihr Ding‘ machte ... Immerhin war es der Huchelpreis, den sie für Kastanienallee, 1987 bei Aufbau erschienen, bekam. Nach der Wende wählte sie den Weg über die kleinen und schönen Verlage, Urs Engeler etwa, den Poetenladen Verlag, in denen ihr umfängliches und ganz und gar eigenständiges Werk erschien. In den renommierten und angemessenen Suhrkamp-Verlag trat sie erst spät ein, 2021, mit Das ist hier der Fall, einer Auswahl für die BS – sicher auch der Vergabe des Büchnerpreises geschuldet, den sie dreißig Jahre zu spät, aber immerhin bekam. Und die es schon immer wussten, sie hatten ja auch recht. In der Lyrik- und alternativen Szene war die Erb immer eine Große, von Anfang an. Ihre launige Anwesenheit auf diesem sich vom Licht wegdrehenden Planeten wird fehlen, es bleiben uns ihre mit ihren Texten bekauzten Bücher, denen zu wünschen ist, dass man sie auch fürderhin sammelt und ehrt, auch das immerhin. Am 22. Januar starb Elke Erb, kurz vor ihrem 86. Geburtstag. 

(André Schinkel)

Sa, 20.01.2024

Bernd-Ingo Friedrich (2019) | © bei Hagen Schnauss

Bernd-Ingo Friedrich gestorben

Bereits am 09. Januar starb der Autor und Kulturhistoriker Bernd-Ingo Friedrich (1952–2024) in seiner Heimatstadt Weißwasser. Friedrich, der auf ein bewegtes, durch äußere Verwerfungen teils tragisches Leben zurückschaute, galt als ein streitbarer Intellektueller und Bibliophiler sowie als ausgewiesener Spezialist für die Epochen von Aufklärung und Biedermeier – seine Forschungen zu Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871), Leopold Schefer (1784–1862) und Heinrich Stieglitz (1801–1849) setzten Standards. Ein Teil seiner Exegesen zur Buchkunst erschien auch in Publikationen der Pirckheimer-Gesellschaft wie auch in den Marginalien (dort vorrangig in den ersten anderthalb Jahrzehnten des dritten Jahrtausends). Die Resultate seiner weitgefassten Kultur-Interessen erschienen in den unterschiedlichsten, inhaltlich zum Teil geradezu diametralen Medien.

(André Schinkel/Pressemeldung) 

Elke Lang (1942–2024) | © bei Marcel Gäding (MOZ)
Elke Lang, hier bei einem Galeriegespräch im April 2023 in Chemnitz, pflegte das Erbe von Lothar Lang und war u. a. als Autorin und Herausgeberin aktiv.

Grünheide: Trauer um Elke Lang

Unsere Pirckheimer-Freundin Elke Lang ist, wie die Märkische Oderzeitung gestern mitteilte, am 16. Januar im Alter von 81 Jahren gestorben. Mit Elke Lang (1942–2024) verliert die Pirckheimer-Gesellschaft eine engagierte Mitstreiterin und Sammlerin, die das Erbe ihres Mannes Lothar Lang (1928–2013) fürsorglich pflegte, aufarbeitete und bewahrte, sich zugleich einmischte als Essayistin und Rezensentin im Pirckheimer-Blog wie in den Marginalien, zu Sommerfesten in den idyllischen Künstlerort Grünheide bei Berlin einlud und so vielen Pirckheimern nah und vertraut war. Auch als Autorin der MOZ war sie beliebt und hoch geachtet. Die in Sachsen Geborene wurde und arbeitete zunächst als Lehrerin, ging mit der Berufung Lothar Langs nach Museum Schloss Burgk mit ihm ins Thüringische und war eine wichtige Zeitzeugin, was die Kulturgeschichte der letzten Jahrzehnte auch im Hinblick auf die Künstlerszene der DDR und ehemaligen DDR im Allgemeinen und der Gesellschaft im Speziellen bedeutet. In ihren späteren Jahren war sie immer wieder in die kulturellen Belange Brandenburg-Berlins involviert. Unter anderem gab sie die Erinnerungen Lothar Langs 2009 bei Faber und Faber in Leipzig und 2021 den Briefwechsel zwischen Carlfriedrich Claus und Lang heraus. In der kommenden, sich im Satz befindenden Ausgabe der Marginalien (Heft 252) ist sie mit ihren zwei jüngsten Texten vertreten. Der Tod dieser klugen und agilen Frau kommt für viele der Mit-Pirckheimer unerwartet und trifft die, die sie kannten und schätzten, schmerzlich.

(André Schinkel)

Mo, 08.01.2024

Harry Oberländer ist gestorben. | © Alex Englert/EF

Trauer um Harry Oberländer

Er galt in der Kollegenschaft und letztlich Nachfolge von Paulus Böhmer und Werner Söllner als eine der guten Seelen des Mousonturms in Frankfurt am Main und dürfte vielen Schriftstellern zu Bekanntheit verholfen haben: Harry Oberländer. Der Dichter und Übersetzer leitete das Haus viele Jahre und war in Personalunion auch Herausgeber des hochrenommierten Literaturboten. Seine Bücher erschienen in kleinen Verlagen als Nachdichter und Herausgeber arbeitete er jedoch auch mit großen Häusern wie Schöffling oder der Büchergilde Gutenberg. 2016, nach seinem Rückzug ins Private, ging er in seine Geburtsstadt, nach Bad Karlshafen in Nordhessen, er blieb der Szene aber über die Edition Faust verbunden. Oberländers Wort hatte Gewicht unter Freunden und Kollegen; wie am Sonntag bekannt wurde, starb er am Wochenende im Alter von 73 Jahren.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 07.01.2024

Ein Bild aus besseren Tagen: Hendrik, Manfred und Sebastian te Neues. Der jüngste Spross der Verleger- und Künstlerdynastie wurde nun tot in Eckernförde aufgefunden. | © teNeues-Verlagsgesellschaft

Sebastian te Neues gestorben

Die Tragödie in der Edelverleger-Familie te Neues scheint kein Ende zu nehmen ... Die Medien melden heute den Tod von Sebastian te Neues, der im Alter von 54 Jahren starb. Bereits im Jahr 2019 hatte sich sein achtzehn Jahre älterer Bruder und Compagnon Hendrik te Neues das Leben genommen, Alt-Verleger Manfred te Neues starb im Mai 2023. Die teNeues Publishing Company vertrieb weltweit Publikationen vor allem zu den Themen Fotografie, Kunst, Starporträts, Society, der deutsche teNeues-Verlag ist bekannt für seine Foto-, Glamour-, Reise-, Kunstbände, Karten, Poster und Blankbooks. Seit einer Insolvenz im Jahr 2020 ist das Unternehmen unter dem Dach von Weltbild zu finden. Schauspieler Frank te Neues konnte nun nur noch den Tod seines Bruders bestätigen. Sebastian te Neues verstarb in der Nacht zum Samstag in seinem Büro in Eckernförde.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 09.11.2023

Ein Freund der Bücher: Jürgen Engler (1945–2023).

Berlin: Trauer um Jürgen Engler

Große Betroffenheit löst die folgende Nachricht bei jedem Freund der guten Literaturzeitschrift, der Literatur, der Lyrik wie der Liebe zum schönen Buch aus: der Kulturwissenschaftler, Redakteur, Autor und Herausgeber Jürgen Engler, vor allem bekannt für seine langjährige Leitung eines der beiden maßgeblichen Literaturjournale im Osten von Deutschland, neue deutsche literatur (ndl), ist tot. Der gebürtige Dresdner, der in Leipzig studierte und promovierte, starb am 30.10. 78-jährig in Berlin; seine letzte Veröffentlichung, die Lyrische Menschenkunde, in der Anderen Bibliothek in diesem Jahr erschienen, ist somit zu seinem Vermächtnis geworden. Das Buch wurde im jüngsten Heft der Marginalien, denen Jürgen Engler als Kritiker, Essayist und stille Instanz für die vor allem lyrischen Ausgaben der Typografischen Beilage eng verbunden war, inhaltlich wie auch auf seine bibliophile Gestaltung hin besprochen. Von 1972 an, nach seiner Promotion, war Jürgen Engler als Redakteur unter anderem für die Weltbühne sowie die zweite große Literaturzeitschrift auf dem Gebiet der (ehemaligen) DDR, die Sinn und Form, tätig, nach der Wende auch verstärkt als Autor, Rezensent und Herausgeber. Von 1995 bis zu ihrer Einstellung 2004 leitete er die Redaktion der ndl. Die Titel vieler von ihm bei Aufbau herausgegebener Gedicht-Anthologien sprechen von seiner tiefen, innigen Liebe für die Gattung: Und in der Nacht ein Licht (Trostgedichte), In den sonnigen Beeten (Gartenlyrik), So knallvergnügt (Über das Glück), O süßes Nichtstun (Lob der Faulheit) ... Die literarische Welt verliert in dem Mann einen Freund der Dichter und großen Büchernarren

(André Schinkel)

Di, 31.10.2023

Der Autor Wulf Kirsten (1934–2022). | © Jens Kirsten
Der Band "Nachtfahrt" erschien im quartus-Verlag.

Bibliophiles des Monats: Wulf Kirstens „Nachtfahrt“-Prosa

Er war einer der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart, ein akribischer und hochseismischer Bewahrer, Auffinder und Entdecker von Literatur, mithin der Nestor und Tribun der thüringischen Literaturszene: Wulf Kirsten, der, 1934 im sächsischen Klipphausen geboren, am 14. Dezember des letzten Jahrs im Alter von 88 Jahren in Bad Berka starb. Seit den sechziger Jahren war Weimar die Stadt seiner Wahl, hier entwickelte er zunächst ein hochwichtiges Wirken als Lektor des Aufbau-Verlags und reifte zugleich zum vielfach geehrten Dichter von hohen Graden, unter anderem mit dem Huchel-, dem Josef-Breitbach-Preis, einem Ehrendoktorat der Jenaer Universität und dem Thüringer Literaturpreis ausgezeichnet. Ein passionierter Wanderer und Landschafter, wurde seine Dichtung erinnernde Arbeit, Richtmaß, Vorbild einer Reihe jüngerer Dichter und Dichterinnen.

Kirsten, der auch ein hochambitionierter Herausgeber und Erfinder von Buchreihen war, ist auch für die auf Band Nr. 60 zulaufende Edition Muschelkalk verantwortlich zu machen, deren weitere und beherzte Herausgabe ich 2015 auf seinen Vorschlag als sein Nach-Nachfolger übernahm. So ist sein Wirken auf verschiedene Weise in der Welt geblieben und verankert. Dass das auch mit seinem Werk geschehe, ist nicht nur ein Wunsch der thüringischen Szene, die ihm so viel verdankt. Nun: Mit dem von Pirckheimer-Freund Jens-Fietje Dwars herausgegebenen ersten Nachlassband Nachtfahrt (Edition Ornament im quartus-Verlag, Bucha bei Jena 2023, 176 Seiten, ISBN 978-3-94764-652-4, 22 Euro) ist ein furioser Anfang gemacht. Das Buch enthält autobiographische Prosa und ist in der wunderbaren Essay-Unterreihe erschienen. Die Texte schließen an die vorhergehenden Prosa- und Essaysammlungen Kirstens an und zeigen ihn noch einmal in seiner ganzen Kraft des Schöpfens wie Erinnerns. In der Nachfolge seines 2000er Bands Die Prinzessinnen im Krautgarten widmet sich der Dichter in Nachtfahrt seiner erwachsenen Biografie. Das ist berührend, bewahrend, zuweilen skurril, immer authentisch und tief. Radierungen von Susanne Theumer begleiten das Buch, es sind mehrere Vorzugsausgaben erwerbbar. Regulär oder originalgrafisch: Eine bibliophile Kostbarkeit ist dieses Buch in jeder Ausführung. Und eine Empfehlung für alle Buch-Affinen!

Eine erste Lesung aus Nachtfahrt zum Gedenken an Wulf Kirsten fand am 01. Oktober in Gera statt, veranstaltet vom Herausgeber des Buches, Jens-Fietje Dwars, und Annerose Kirchner. Und weitere Veranstaltungen, unter anderem mit der Grafikerin Susanne Theumer oder dem halleschen Autor Wilhelm Bartsch, werden folgen. Im Übrigen ist auch ein originalgrafisches Buch mit Kaltnadeln Susanne Theumers zu acht nachgelassenen Gedichten Kirstens als 53. Druck in der Edition der Künstlerin in kleiner Auflage erschienen. Der Titel ist sympatrisch zur Nachlass-Publikation in der Edition Ornament: Abendlicht. Und auch ein Album amicorum, das Werk und den Nachhall Wulf Kirstens als Kollege und Freund in vielen Stimmlagen (Michael Krüger darunter, Volker Braun) würdigend, ist angekündigt und erscheint, herausgegeben von seinem Sohn Jens Kirsten, Wolfgang Haak und Christoph Schmitz-Scholemann, in Kürze. Ehre, wem sie gebührt ... So möge es sein.

(André Schinkel)

Do, 31.08.2023

Johann Wolfgang Goethes "Erotica" erschienen mit Zeichnungen von Gerd Mackensen in der Edition Ornament im quartus-Verlag Bucha bei Jena (2021).

Trauer um Gerd Mackensen

Für alle Freunde seiner unverwechselbaren Kunst noch schwer zu fassen, starb der Sondershäuser Künstler Gerd Mackensen (1949–2023) am 20. August dieses Jahres. Der in Nordhausen geborene Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Fotograf und Bildhauer hatte Pirckheimer-Freund und Herausgeber einer Reihe von ihm gestalteter Bücher Jens-Fietje Dwars noch für den 21. September 2023 ein Künstlergespräch in der LiteraturEtage der Literarischen Gesellschaft Thüringen oberhalb der Weimarer Eckermann-Buchhandlung zugesagt – diese wird nun, im Angesicht des Trauerfalls, als Abend für Gerd Mackensen ausgerichtet. Dwars, der durch den Gedenk-Abend führen wird, und der Geschäftsführer der Literarischen Gesellschaft des Freistaats, Guido Naschert, schreiben dazu: „In Absprache mit der Familie möchten wir an dem Termin festhalten und zu einem Gespräch über sein Künstlerleben und Werk einladen.“ Weiter heißt es: „Dwars liest das Mackensen-Porträt aus seinem Buch Ateliergespräche, auf einer Leinwand zeigen wir Arbeiten des Bildermachers, und Freunde, Kollegen, Sammler und Bewunderer seiner Kunst sind eingeladen, miteinander ins Gespräch zu kommen ...“ Mackensen war sowohl mit freien Arbeiten als auch mit seinen Beiträgen zu Buchprojekten bekannt geworden, im quartus-Verlag, in dem J.-F. Dwars mehrere Buchreihen begründete und herausgibt und der auch Heimat der Zeitschriften Palmbaum und Marginalien ist, gab er unter anderem Bänden von Wolfgang Haak und Wilhelm Bartsch bildnerische Eleganz und Gestalt. Das schönste gemeinsame Projekt aber dürften die von Dwars ausgewählten und von Mackensen reich mit Zeichnungen ausgestatteten Erotica von Großmeister Johann Wolfgang Goethe gewesen sein, die als prächtiger Sonderband der Edition Ornament in mehreren feinen Formaten erschien und bei der sich bereits die gleichsam bibliophil zu nennende Normalausgabe lohnt. Der Abend für den Künstler am 21.09. beginnt um 19 Uhr, Karten für 8 (ermäßigt 5) Euro können im Vorfeld in der Eckermann-Buchhandlung im Untergeschoss, die sich wie das Büro der LGT und die LiteraturEtage in der Marktstraße 2–4 in 99423 Weimar befindet, erworben werden.

(André Schinkel)

Do, 24.08.2023

Der große Typograf Gert Wunderlich bei der Arbeit. Der Gutenberg-Preisträger starb am 15.08.2023.
Gert Wunderlich legte ein höchst umfangreiches, vielgestaltiges typografisches, buchgestalterisches und grafisches Werk (hier: Einband von "Rote Wut und schwarze Galle", Pirckheimer-Gesellschaft und Institut für Buchkunst an der HGB Leipzig, 1990) vor.

Trauer um Gert Wunderlich

Der große Typograf und vielfach national und international geehrte Schrift-Erfinder, Buch- und Plakatgestalter Gert Wunderlich (1933–2023), der zu den prägendsten Gestalten der Leipziger Typografen-Schule gehört, ist tot. Er starb, wie seine Tochter Sylke Wunderlich mitteilt, am 15. August. Wunderlich, der bereits 1979 mit dem Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig ausgezeichnet wurde, studierte an der HGB (Hochschule für Grafik und Buchkunst) Leipzig unter anderem bei Wolfgang Mattheuer und Albert Kapr. Nach einer Tätigkeit als Buchgestalter in Erfurt und Sekretär der Internationalen Buchkunst-Ausstellung in Leipzig kehrte 1966 für eine Aspirantur bei Kapr an seine Alma mater zurück, an der nach Stationen als Dozent, Assistent und Oberassistent schließlich die Professur für Buchgestaltung und Gebrauchsgrafik übernahm und die Klasse für Typografie/Buchgestaltung/Plakat leitete. Als renommierter Gestalter und Typograf kuratierte er in diversen Gremien die Schönsten Bücher aus der DDR, Schönste Bücher aus aller Welt sowie weitere Wettbewerbe und internationale Biennalen. Vielfach wurden Wunderlich Dozenturen, Professuren und Kuratoriumsmitgliedschaften im Ausland (Polen, China, Finnland ...) angetragen. 

Zentrum seiner Arbeit blieb stets Leipzig. Einen Namen machte er sich als Erfinder und Gestalter diverser Schriften, von denen sich vor allem die erstmals 1963/1964 entworfene und in zahlreichen Varianten in über siebzig Schriftsystemen weltweit verwendbare Maxima als großer Erfolg herausstellte. Die Groteskschriften der Maxima-Familie waren zeitweise einer der meistverwendeten Schriftfamilien überhaupt, sie finden bis heute Anwendung und weiteste Verbreitung im täglichen Leben (Bahnhofsbeschilderungen etwa, in der Minima-Variante auch in Telefonbüchern und vielfältigen anderen Publikationen); in der DDR waren die zahlreichen Varianten der Maxima die häufigste Schriftart in der Öffentlichkeit. Bis heute findet sie in nahezu allen Publikationsgenres Anwendung und wird beständig weiterentwickelt. 2006 wurde sie unter dem Namen Maxima Now redesignt. Sie ist in zahlreichen lateinischen, kyrillischen und griechischen Schriftschnitten samt Sonderzeichen und Medievalziffern verfügbar, wird in insgesamt 80 Sprachräumen verwendet.

Gert Wunderlich reüssierte zudem als Plakatkünstler von hohen Gnaden. Seine Plakatkunst gelangte bis nach Japan. Angeregt durch ihre Tochter, begannen diese, er und seine Frau Sonja Wunderlich, mit der er vielfach zusammenarbeitete, zudem mit dem Aufbau einer Sammlung von Emaille-Schildern, die es als Spielart der Gebrauchsgrafik vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu großer Verbreitung brachten. Teile der Kollektion, die bis dato etwa 700 Objekte umfasst, waren 2021 in einer Ausstellung im Leipziger Grassi-Museum unter dem sprechenden Titel Von der Blechpest zur Sammelleidenschaft zu sehen. Nicht zuletzt und vor allem aber auch wird Gert Wunderlich als einzigartiger Buchkünstler und -gestalter in Erinnerung bleiben, worauf Pirckheimer-Freund und Vorstandschef des Leipziger Bibliophilen-Abends, Dr. Thomas Glöß, in einem Nachruf verweist. Wunderlich, dessen von ihm gestaltete Bücher Legion sind und zugleich Ausweis eines expressiven, zugleich fürsorglichen und dem Gegenstand dienlichen Umgangs mit Text und Grafik, war Ehrenmitglied des LBA und wird auch auf diese Weise unvergessen sein.  

(André Schinkel)

Mi, 23.08.2023

Thomas Kuczynski starb am 19.08.23. | © Bernd Groß

Abschied von Thomas Kuczynski

Thomas Kuczynski, einer der beiden Söhne vom Gründungsmitglied (gegründet am 29.01.1956) der Pirckheimer-Gesellschaft, Jürgen Kuczynski (1904–1997), und wie dieser ein renommierter Wirtschaftshistoriker, Autor und Publizist, ist tot. 1944 im Londoner Exil seiner Eltern geboren, starb er am 19. August 2023 in seinem Berliner Heimatstadtteil Pankow. Für sein umfangreiches Wirken wurde Thomas Kuczynski, der einer Familie des sogenannten revolutionären Hochadels entstammte und dessen Vater in der Endzeit der DDR zu den wichtigsten Intellektuellen des Landes zählte, vielfach rezipiert und geehrt, so erhielt er für seine Theater-Adaption Karl Marx: Das Kapital Erster Band den Mülheimer Theaterpreis und den Hörspielpreis der Kriegsblinden. Thomas Kuczynski war es auch, der 2002 die 70.000 Bände fassende Bibliothek seines Vaters Jürgen und des Großvaters, Robert René Kuczynski (1876–1947), seinerzeit eine der größten privaten Bücher- und Kunstsammlungen des kleinen Landes, in die Zentral- und Landesbibliothek Berlin und damit in die öffentliche Hand überführte, wo sie 2003 Bestandteil der Historischen Sammlungen der Stiftung der Einrichtung wurde. Von 1972 bis 1991 arbeitete Kuczynski, der bei Hans Mottek promovierte, am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Akademie der Wissenschaften der DDR, danach als freier Publizist und Autor. Eine seiner bekanntesten späten Schriften waren die Brosamen vom Herrentisch, 2004 im Verbrecher Verlag erschienen. Kuczynski wurde 78 Jahre alt.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 16.07.2023

Francisco Ibáñez (1936–2023) ist tot. | © Marta Pérez

Trauer um Francisco Ibáñez

Francisco Ibáñez, der Erfinder so anarchischer Kult-Comics wie Clever & Smart und Tom Tiger & Co., ist tot. Er starb, wie die Agenturen berichten, gestern im Alter von 87 Jahren in seiner Geburts- und Heimatstadt Barcelona. Zunächst auf seriösem Weg, arbeitete Ibáñez bis Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts bei einer Bank. Überrascht vom Erfolg seiner beiden Ermittlerchaoten Clever und Smart, machte Ibáñez das Zeichnen zum Beruf, war für Zeitungen wie La Risa tätig und wurde zu einem der erfolgreichsten Comicautoren weltweit. Ab 1988 produzierte er jährlich sechs Alben bei Ediciones B. Sein Werk wurde wiederholt geehrt: 1994 erhielt er den Gran Premio del Salón Internacional des Cómic de Barcelona, 2002 die Medalla de Oro al mérito en las Bellas Artes.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 11.05.2023

Klaus Walthers "Lese-Verführer" bei Faber & Faber.
Walther bei einer Veranstaltung in Stollberg (2013).

Trauer um Klaus Walther

Die Pirckheimer-Gesellschaft trauert um ihr Mitglied, Vereinsfreund Klaus Walther (1937–2023), der am 10. Mai in seinem geliebten Erzgebirge starb, wie der Mironde-Verlag, in dem er neben anderen namhaften Verlagshäusern wie Faber & Faber, dtv und Das Neue Berlin und insbesondere im Chemitzer Verlag (den der gebürtige Chemnitzer viele Jahre leitete) Belletristik, Essays, Regional- und Sachbücher publizierte, mitteilt. Von Walther stammt der Satz, dass, wenn er aufhören müsse zu lesen, auch aufhören müsse zu leben. Dieses Leben für das Buch hat sich nun kurz nach der Feier seines 86. Geburtstags vollendet, als er in Lößnitz, seiner Kindheits- und Heimatstadt Zwönitz, deren Ehrenbürger er seit 2002 war, benachbart, von dieser Welt ging. 

Es bleibt, seine Bücher, Romane, Monografien und nicht zuletzt mehrere Lese-Verführer sowie Porträts und Gespräche mit Büchersammlern und im besten Sinne -narren, deren Bibliotheken teilweise selbst die Vorstellungen manches den heiligen Gegenständen mit den vielen Seiten auch überaus Zugewandten sprengt, wie auch sein immerwährendes Plädoyer für die Literatur in Ehren zu halten. Nach dem Abitur in Aue studierte Walther Journalistik und schließlich am legendären Literaturinstitut in Leipzig, wo er auch eine Zeitlang als Oberassistent tätig war. Von 1964 bis 1978 war er Lektor des Mitteldeutschen Verlags, danach leitete er das Bezirkskunstzentrum im damaligen Karl-Marx-Stadt. 1982 promovierte er mit einer literaturwissenschaftlichen Arbeit zu und Interpretation zu Leben und Werk von Bodo Uhse und wurde ab 1983 selbständig, Freiberufler.

Auf allen Gebieten der Literatur bewandert, arbeitete er seitdem als freier Verleger, Literatur-, Theaterkritiker und Autor. Nach der Wende leitete Walther von 1991 bis 2002 den Chemnitzer Verlag, das Buchprogramm der Freien Presse und war nach seinem Ausscheiden dort zudem als Berater und Herausgeber tätig. Er engagierte sich im Sächsischen Schriftstellerverein e. V. in Chemnitz und begründete 1991 die Buchhandlung Bücher Walther, die nunmehr Filialen in vier Städten hat. Zudem hatte er eine Zeitlang den Vorsitz für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Börsenverein des Deutschen Buchhandels inne und war Mitglied des PEN seit 2002. Er veröffentlichte und gab über 40 Bücher im regulären wie bibliophilen Bereich heraus, es finden sich Krimis darunter, Huldigungen an das Erzgebirge, aber auch Monografien zu Weltliteraten. Einer der schönsten Titel des Goethe-Verehrers heißt: Mit Büchern leben, und damit sprach (ja, und: denn das bleibt ja bestehen, spricht) er wohl jedem Bücherfreund bis heute aus dem Herzen. Und ein anderer, 2014 wiederum bei Mironde erschienen: Haben Sie das alles gelesen? (Mitherausgeber: Dieter Lehnhardt), darin porträtiert einige der wohl vehementesten Büchersammler dieser Zeit.

(André Schinkel/Pressemitteilung)