»Man ist ja nur schwebendes Teilchen in der Gesellschaft«

Der Pirckheimer Gerhard Oschatz im Portrait

Wer bei Gerhard Oschatz Bücher sucht, findet sie als Nutzgegenstände vor. Horizontal gestapelt, überlagernd, eng gedrängt, mit Zetteln freigiebig markiert, zwischen ihnen Zeitschriften, Kunstkataloge, alte Rolleikameras, Fotos, Aschenbecher, Grafikmappen. Die Regale sind zum Bersten voll. Ehrfurcht vor güldenen Lederrücken schwappt keine aus den Fächern. Nur die Einladung: greif mich, blättere mich. Oschatz ist seit Jahrzehnten Pirckheimer. So genau wüsste er das nicht mehr. Irgendwann in den 1990ern könnte es gewesen sein. Der Klemke-Schüler lebt und arbeitet seit 1970 freischaffend in Berlin-Prenzlauer Berg. »Ich komme von der Buchkunst her«, sagt der Illustrator und langjährige Dozent für Zeichnen und Grafik an verschiedenen Fachschulen. »Das Buch an sich ist für mich nicht so verlockend, aber die Kunst in ihr schon.« Er schätzt die sorgfältige Würdigung der DDR-Buchkunst bei den Pirckheimern – und den interessierten Blick darüber hinaus in den Marginalien, deren aufmerksamer Leser er ist. Die im Regal ordentlich aufgereihten Hefte zollen dem Respekt. Oschatz ist keiner, der das Vereinsleben sucht. Er bleibt in wohlwollender und informierter Distanz, einem Satelliten gleich. Und doch braucht auch der eine Verbindung, statt Erdanziehung eben Buchanziehung. Seine Mitgliedschaft erlaube ihm, dem freien Grafiker, ein Andocken an eine kulturelle Instanz, »man ist ja nur schwebendes Teilchen in der Gesellschaft«. Und so werden es wohl noch ein paar Jahrzehnte mehr zwischen Oschatz und den Pirckheimern.

 

Text: Till Schröder

Foto: Anne Oschatz

Gerhard Oschatz
Zeichner und Illustrator, Berlin
Sammelgebiete

illustrierte Bücher, Grafik