Pirckheimer-Blog

Wolfgang Grätz

So, 04.02.2024

Das Plakat zum 'Gilde'-Jubiläum schuf Frank Eißner.

1924–2024: 100 Jahre Büchergilde

Ein Holzschnitt eines Meisters seines Fachs zum 100. Geburtstag, das sollte wohl mehr als das richtige Begängnis für das Jubiläum sein, hat sich Wolfgang Grätz gedacht, um das Jubilate á la 2024 für die Büchergilde Gutenberg einzuläuten. Und hat einen ganz und gar Prädestinierten dafür gefunden: Aus Sachsen stammend, heute in Aschaffenburg wirkend, hat Frank Eißner dem mit einem neunfarbigen Holzschnitt in verlorener Form ganz und gar entsprechen können. Es bildet als Plakat gewissermaßen den Auftakt für die Feierlichkeiten zu 100 Jahre Büchergilde, deren bewegte Geschichte ein gesamtdeutsches Ereignis am bibliophilen Horizont darstellt, schart doch Grätz im Umfeld von Genossenschaft und Grafikbrief die besten Vertreterinnen und Vertreter der gegenwärtigen Grafikerschaft um sich und spielt neben Frankfurt (M.) mit Leipzig ein zweiter elementarer Buchort Deutschlands in dieser Historie eine wichtige Rolle. Und: Eißners Plakat ist mit einer Größe von 42 x 30 Zentimeter in einer 24er Auflage aufgelegt worden und zum Preis von 124 Euro bei der Büchergilde (direkter Link hier) zu bestellen und zu erwerben. Vom 05. Februar bis zum 06. April ist die Ausstellung zu 100 Jahre Büchergilde 1924–2024: Druckgrafik, Plakate, illustrierte Bücher im ehrwürdigen Frankfurt zu sehen (Büchergilde Buchhandlung & Galerie, An der Staufenmauer 9, 60311 Frankfurt am Main, direkt hinter der Konstabler Wache). Geöffnet ist die Schau Montag bis Freitag von 10 bis 19 Uhr und am Samstag von 10 bis 17 Uhr. Das dürfte nicht die letzte Feier dieser Art für die Gilde sein in diesem Jahr: Wohl dem ... und: Ehre, wem Ehre gebührt. Ja, Eißners Plakat gibt schon mal ein Vorgefühl dessen, Interessenten mögen sich beeilen.

(André Schinkel)

Do, 26.05.2022

Ursula Strozynski – Regatta VII, Kaltnadelradierung 2004, Bildformat 42 x 31 cm, Bütten 56 x 34 cm, Auflage 35 Exemplare, sign. und num.

Deutsch-Niederländischen Grafikbörse

Am Himmelfahrtswochenende findet die Deutsch-Niederländischen Grafikbörse in Borken statt. Die Grafikbörse ist Deutschlands bedeutendste Messe für künstlerische Druckgrafik. Es sind Künstlerinnen und Künstler von Berlin bis München vertreten, von Leipzig bis Amsterdam. Zudem ist die Grafikbörse 1987 entstanden aus kommunaler Initiative für das Zusammenwachsen Europas von unten: Ziel war es, in der grenznahen Region (bis nach Holland sind es von Borken aus keine 15 km) eine Begegnung zwischen holländischer und deutscher Kultur zu ermöglichen. Seit 34 Jahren sorgen die kommunalpolitisch Verantwortlichen wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt und des Landkreises Borken mit beseeltem Engagement für diese unglaubliche Kontinuität und eine Messe in angenehm quasi familiärer Atmosphäre!

Am Gemeinschaftsstand Büchergilde artclub und Frankfurter Grafikbrief wird neben einer Auswahl besonders attraktiver Druckgrafiken eine fast komplette Übersicht über das buchkünstlerische Werk von Hansen-Bahia, Pressendrucke aus der burgart presse Rudolstadt, u.a. eine Luxusausgabe von Klaus Süß‘ Afrika-Buch Kholomodumo gezeigt, Vorzugsausgaben von Georg Koenigstein mit handbemalten Schubern und etliche Grafiken aus der „Zu wissen, es ist Bütten“-Ausstellung des Büchergilde artclub.

In der Stadt gibt es zahlreiche weitere Ausstellungen, u.a. haben sich 30 Geschäfte zu einer großen Schaufenster-Galerie zusammengeschlossen, die jeweils eine/n Künstler/in präsentieren.

(nach einer Information von Wolfgang Grätz)

Eröffnung: 27. Mai 2022, 17 Uhr, Life-Musik und Getränke
Messe: 27. - 29. Mai 2022

Stadthalle
46325 Borken/Westfalen, Am Vennehof 1

Mo, 21.03.2022

Rainer Ehrt, Zerstreute Sammlung (Foto und Montage: ad)

Preußen und andere Exoten

Der aktuelle Frankfurter Grafikbrief 242 verweist auf eine in Kürze in der Büchergilde Buchhandlung zu sehende Ausstellung mit Werken von Rainer Ehrt.

"Als ich im Februar Rainer Ehrts Atelier in Kleinmachnow südlich von Berlin betrete, arbeitet er an der Staffelei an einem Portrait von – Angela Merkel. Ich staune, und frage nach. „Das wird das offizielle Porträt für das Kanzleramt. Hat sie sich gewünscht. Ist eine Sensation: Unbekannter ostdeutscher Künstler bekommt den begehrtesten Porträt-Auftrag!"...

Ich schaue auf die tief heruntergezogenen Mundwinkel der Porträtierten, und vor allem auf die beiden Figuren, die im Hintergrund die Kanzlerin flankieren: Konrad Adenauer und Walter Ulbricht. Als ich zweifelnd auf den Künstler schaue, schüttelt der sich vor Lachen. Nein, die Sensation findet nicht statt, er arbeitet in eigenem Auftrag. „Konrad Adenauer hat sie als eines ihrer Vorbilder bezeichnet, und Walter Ulbrichts DDR hat ihre Jugend geprägt“. Mit künstlerischen Mitteln macht Ehrt Dimensionen der Persönlichkeit von Merkel sichtbar, die in Worte schwer zu fassen wären."

(Wolfgang Grätz)

Ausstellung: 28. März - 21. Mai 2022

Büchergilde Buchhandlung & Galerie Frankfurt/M.

Sa, 27.11.2021

Reclam, Leipzig 1984

Núria Quevedo: 70 Jahre Exil in Deutschland

Normalerweise feiert man bei Künstlern runde Geburtstage, vermeldet verliehene Auszeichnungen und Preise oder würdigt Verstorbene – ich bin aber zufällig auf ein 2022 anstehendes Jubiläum gestoßen, das ich auch der Würdigung für wert erachte: 1952 kam die 1938 in Barcelona als Kind katalanischer, republikanisch gesinnter Eltern geborene Núria Quevedo aus Franco-Spanien nach Deutschland, damals in die DDR. Quevedo studierte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee, u.a. bei Werner Klemke, dessen Meisterschülerin sie war. Die Künstlerin, deren bekannteste Illustration vielleicht die von Christa Wolfs Kassandra ist, war längst Teil der deutschen Kunstszene, als Franco 1975 starb – und blieb glücklicherweise hier. Mit ihrer unverwechselbaren Figuration und der illustrativen Auseinandersetzung mit im Exil entstandener Literatur wie der von Anna Seghers und Franz Fühmann bereichert sie die deutsche Kultur.

(Wolfgang Grätz, in 240. Frankfurter Grafikbrief)

Sa, 10.07.2021

Siegfried Gwosdz, soulfullness, Farbholzschnitt von 5 Platten. Bild 30 x 42 cm, Bütten 42 x 59,5 cm, Auflage 40 Exemplare, signiert und nummeriert

Siegfried Gwosdz – Endlich Holzschnitt!

"Als einer, der sich auch nach dem Abitur und mithin 13 Jahren Kunstunterricht noch gewundert hat, wie es einem Rembrandt gelingen konnte, mittels eines Radiergummis all die filigranen Bilder zu schaffen, die in den Deutsch-Lesebüchern abgebildet waren, frage ich oft Künstler, wie sie denn zur Druckgrafik gekommen sind. Eine der schönsten Geschichten ist die von Siegfried Gwosdz: Er war schon als Jugendlicher als talentierter Zeichner bekannt, und eines Tages kam eine Freundin mit einer Radierung zu ihm und bat ihn, diese abzuzeichnen. Verblüfft stellte er fest, dass sich so feine, kräftige Linien mit dem Zeichenstift nicht zuwege bringen ließen.
Also besorgte er sich ein Lehrbuch zu druckgrafischen Techniken, das von einem Mitglied der Druckerdynastie Kätelhön verfasst worden war, und begann eigenständig, sich die Technik der Radierung anzueignen. Was sich so leicht anhört, ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden: Es braucht eine Druckpresse, denn da bei der Radierung gefeuchtetes Büttenpapier die Farbe aus den Vertiefungen der Kupferplatte saugen soll, ist erheblicher Druck nötig, den kann man nicht mit einer Handwalze oder einem Falzbein erzeugen. Und wenn man nicht nur Kaltnadelradierungen herstellen will, braucht es Eisenchlorid zum Ätzen der Kupferplatte. Eisenchlorid, das ist – Salzsäure! …
" ...weiterlesen

(Wolfgang Grätz in 238. Frankfurter Grafikbrief)

Ausstelling: 17. Juli - 2. September 2021

Frankfurter Büchergilde & Galerie
An der Staufenmauer 9

So, 13.06.2021

Den Grafikbrief gibt es auch in der gedruckten Version

Der 237. Frankfurter Grafikbrief

Bezugnehmend auf die aktuelle Ausstellung in der Frankfurter Büchergilde-Buchhandlung "Junge Kunst aus alten Mauern: Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle" widmet sich der 237. Grafikbrief den Studenten und Alumni dieser Kunsthochschule.

Wolfgang Grätz ‚An dieser Hochschule hätte ich auch gern studiert‘, entfuhr es mir bei meinem ersten Nicht-Winter-Besuch der ‚Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle‘ vor einigen Wochen. Der Blick aus dem von schweren alten Holzbalken gehaltenen Werkstattsaal fällt durchs offene Fenster in einen als Park gestalteten Campus, auf dem zahlreiche Bronzeplastiken stehen, überragt vom mittelalterlichen Burgturm und hohen Wehrmauern.
Diese ‚Unterburg‘ wurde in den Jahren 1445 bis 1464 errichtet, auf die heute nicht mehr existierende Vorgänger- (‚Ober‘)burg berief Friedrich I. Barbarossa 1157 die Fürstenversammlung ein. 1921 wurde die Stadt Halle Eigentümerin der Burg und verlagerte ihre 1915 gegründete Kunstgewerbeschule dorthin. Diese verstand sich als Alternative zum Bauhaus, war zum Teil stärker kunsthandwerklich ausgerichtet, kooperierte beispielsweise aber auch mit der Staatlichen Porzellanmanufaktur Berlin, die in Halle ein Experimentalstudio einrichtete...
"

Dem folgt Neues aus Leipzig mit Beiträgen über Petra SchuppenhauerAugen:falter erforschen die PfaueninselFranziska Neubert illustriert Faber & Faber, sowie Subskriptionsbeginn für Fabers Leipziger Liebhaberdruck

Und ganz nebenbei steht dann noch der Satz "Unsere Büchergilde Buchhandlung & Galerie Frankfurt ist nach 2018 und 2019 jetzt zum dritten Mal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet worden!"
Wir wissen warum und gratulieren.

Frankfurter Grafikbrief online

Ausstellung: 7. Juni - 17. Juli 2021

Frankfurter Büchergilde & Galerie
An der Staufenmauer 9

Di, 06.04.2021

ALLES FÜR DIE KATZ, 49. Druck der burgart-presse von Jens Henkel, Teilauflage als Jahresgabe der Pirckheimer-Gesellschaft 2020 mit beigelegter Graphik von Klaus Ensikat

BURGART-PRESSE

Im Kabinett zeigt die Büchergilde Buchhandlung & Galerie Frankfurt am Main ab heute für 6 Wochen die Ausstellung: Die burgart presse Rudolstadt

"Man schaut auf die perfekten Künstlerbücher der burgart presse und nimmt sie wie selbstverständlich, aber wie kam es denn dazu, dass ein gewisser Jens Henkel in der thüringischen – pardon – Kleinstadt Rudolstadt (25.000 Einwohner) 1990 einen der bedeutendsten Pressendruck-Verlage des jungen Gesamtdeutschland gründeten und 30 Jahre lang eine bibliophilen Kostbarkeit nach der anderen vorlegte, daneben Werkverzeichnisse und Monografien? Dem es zudem gelingen konnte, Autor/inn/en wie Walter Jens und Christa Wolf, Friederike Mayröcker und Adolf Endler für Klein(auflagen)-Editionen mit überschaubarem Honorar-Ertrag zu gewinnen.

Henkel, Jahrgang 1953, ist von Haus aus akademisch ausgebildeter Museologe – ein Studiengang, den es nur in der DDR gab, und man muss kein Prinz sein, um zu konstatieren: Es war nicht alles schlecht –, und Historiker, und arbeitete als solcher neben seiner Verlegertätigkeit immer auch im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg in Rudolstadt.

Er war in der DDR ein interessierter Sammler von Drucken der alternativen Kunst- und Literaturszene, die zwar von der Stasi akribisch überwacht wurde, aber ihre oft original-grafischen Hefte und Bücher bei Auflagen unter 100 Exemplaren ohne Druckgenehmigung produzieren durfte. Bald entstand in Henkel der Wunsch, auch selbst wider den Stachel zu löcken und Widerständiges als Ausdruck des eigenen Lebensgefühls zu publizieren.

Da er die eigenen bildnerischen wie poetischen Fähigkeiten als nicht genügend einschätzte, wurde er zum Ideenproduzent, Anreger und Organisator. Bücher wie „Türen“ von Jörg Kowalski mit Grafiken von Steffen Volmer, dessen Türen keine Klinken aufwiesen, erschienen unter dem Dach der Bibliophilen-Vereinigung Pirckheimer-Gesellschaft oder der Karl-Marx-Städter Galerie Oben, die erfolgreich Abstand zu staatlichen Institutionen hielt und in der auch Klaus Süß groß wurde, von dem später sechs Pressendrucke in der burgart presse erscheinen sollten." ... weiterlesen

(Wolfgang Grätz, 236. Frankfurter Grafikbrief)

Kabinett-Ausstellung: 6. April - 16. Mai 2021

Büchergilde Buchhandlung & Galerie
An der Staufenmauer 9, 60311 Frankfurt am Main

Fr, 22.01.2021

oben: Radierung von Steffen Volmer |
unten: Holzschnitt von Lothar Seruset in Mittwinter

Pressendrucke aus Verlegerhand

"... Der Begriff [Pressendruck] bezeichnet handgemachte Bücher in sehr kleinen Auflagen, deren Illustrationen von einem oder mehreren Künstlern als Originalgrafiken geschaffen werden, also keine Reproduktionen sind, wie sie in normalen illustrierten Büchern verwendet werden. Und auch der Text, die Schrift, wird „in der Presse gedruckt“, d.h. hochstehende Lettern pressen sich in das Papier. Früher geschah das im Bleisatz, zuerst gesetzt aus einzelnen Bleilettern, dann wurden im „Linotype“-System ganze Zeilen in Blei gegossen und nach dem Druck wieder eingeschmolzen. Heute kommen beide Techniken aus Kostengründen kaum mehr vor, der Text wird zumeist im Fotosatz gesetzt und dann ein Klischee aus Kunststoff hergestellt – gedruckt wird jedoch im Buchdruck auf der Presse (also nicht von der Rotationswalze oder im Tintenstrahlverfahren). So ein Textklischee kann man sich vorstellen wie den Druckstock eines Holzschnitts, von dem auch nur die hochstehenden Teile der Platte abgedruckt werden.
Sehr häufig werden Pressendrucke von Künstlerinnen und Künstlern herausgegeben, die auf solche originalgrafischen Bücher spezialisiert sind, etwa von
Peter Renschs Andante Handpresse, der Frank Eißner Handpresse, früher Roswita Quadfliegs Ramin Presse oder der Otto Rohse Presse. Das bedeutet, die Künstler suchen sich ihre Autoren oder Texte aus und illustrieren sie mit eigenen Originalgrafiken. Lektorat, Illustration, Druck und Vertrieb liegen also weitgehend in einer Hand.
Daneben gab und gibt es aber auch zahlreiche Pressen, die von Verleger/inne/n betrieben werden. Zwischen 1890 und 1930 entstand als Gegenpol zur lieblosen industriellen Massenproduktion von Büchern diese Buchkunstbewegung, deren Ziel die künstlerische Gesamtgestaltung des Buches war, das Streben nach perfekter Harmonie von Text, Schriftart, Illustration, Papier, Druck und Bucheinband. Es entstanden private Druckpressen, um eine hohe Buchkultur zu bewahren. Betreiber waren so illustre Leute wie der Großherzog
Ernst Ludwig von Hessen oder Harry Graf Kessler, dessen Cranach Presse die wohl bis heute werthaltigsten Bücher hervorbrachte.
Verleger wählen die Texte aus, die sie einer Pressendruck-Adelung für würdig erachten, suchen sich die ihrer Meinung nach dazu passenden Künstler, verfügen über das Geld, Papierlieferanten, Drucker, Buchbinder, Künstler und Autoren vorab zu bezahlen und sehen dann zu, dass dieses Geld durch Verkauf wieder reinkommt. Manche Verleger können einen Teil der Produktion selbst bewerkstelligen:
Reinhard Scheuble war ein Meisterdrucker und -setzer, was den aufwändigen Bänden der Quetsche sehr zugute kam, Henry Günther konnte die Drucke der Edition Balance selbst binden – das hilft sehr, Kosten zu sparen. ..."

(Wolfgang Grätz, 235. Grafikbrief)

Abb.: 2 Pressendrucke der Quetsche
Katja Lange-Müller - Böse Schafe, mit 3 zweiseitigen Original-Farbradierungen von Steffen Volmer
Ulrike Draesner - Mittwinter, mit Farbholzschnitten von Lothar Seruset | Nachworte von Kerstin Hensel und Matthias Gubig

Ausstellung: 25. Januar bis mindestens 31. März 2021, angepasst an eine mögliche Lockdownverlängerung

Frankfurter Büchergilde & Galerie
An der Staufenmauer 9, 60311 Frankfurt am Main

Di, 17.11.2020

Klaus Süss, originalgraphische Beilage zu den Marginalien Heft 222

234. Frankfurter Grafikbrief

KLAUS SÜSS – PAARSPANNUNG

"Salopp könnte man sagen, dass Klaus Süß‘ Bilder da anfangen, wo der Hollywood-Film aufhört: Wenn sich zwei nach vielem Hin und Her gekriegt und die Hochzeitsglocken zum „schönsten Tag im Leben“ geläutet haben, kommt dort nur noch der Abspann – und Süß‘ Vorhang hebt sich, um den Blick freizugeben auf die nun folgenden Paarspannungen.

Es ist dies das Künstlerlebensthema von Klaus Süß, der immer neue Facetten dieser Spannung aufdeckt, immer neue Metaphern findet: von den beiden, die im Boot Rücken an Rücken sitzen und kräftig in die entgegengesetzte Richtung rudern, mal König/in, mal Narr oder Närrin sind, mal Sisyphos und mal der Stein. Man sieht zwei am Tisch, auf hoher See, am Auseinandergehen, im Paradies, in der Arena, auf der Bühne. Oder, eine ganz neue Arbeit, sie stecken zusammen hinter einem gemeinsamen Mund-Nasen-Schutz. Sie verletzen, sie verbinden, sie verbünden sich. Sie sehen sich verwundert an. Sie sehen sich an.

Zu diesem Gegenteil eindeutiger Idylle passt die durch den Widerstand des Materials beim Holzschnitt geprägte Bildsprache des Künstlers: Die meist weit ausgestreckten Finger sind spitze Stacheln, Waffen, die verletzen können, aber im Bewusstsein dieser Gefahr bei zärtlichem Gebrauch auch ganz besonders berührend sind. „Liebst du mich nicht, bin ich entflammt, und wenn ich lieb, nimm dich in Acht!“ heißt es in Bizets Oper Carmen, und es ist kein Zufall, dass Klaus Süß gerade diesen Stoff, die der Oper zugrunde liegende Novelle von Prosper Merimée, 2001 für die Büchergilde illustriert hat..."

(Wolfgang Grätz)

Neben Weiterem außerdem im Frankfurter Grafikbrief:

  • AUSSTELLUNG IM KABINETT: PETER BRAUN – RISSE IM GLOBUS. BRONZEN
  • ZWEI ERFOLGREICHE SCHÜLERINNEN VON VOLKER PFÜLLER: KATRIN STANGL UND FRANZISKA NEUBERT
  • GEORG KOENIGSTEIN, EIN LEBEN IN FARBEN
  • SVATO ZAPLETALS NEUESTER PRESSENDRUCK

Ausstellung: 16. November 2020 - 15. Januar 2021
Eine Vernissage fällt aus, statt dessen ist eine Finissage mit Klaus Süss geplant

Frankfurter Büchergilde Buchhandlung & Galerie
An der Staufenmauer 9, 60311 Frankfurt am Main

Do, 27.08.2020

© Büchergilde Gutenberg

HANS TICHA – Zeichnungen zu Gedichten von Mascha Kaléko

"Man mag es kaum glauben, aber das erste von Hans Ticha illustrierte Buch entstand 1959, es war „Das Schildbürgerbuch“. Auf 28 Seiten befanden sich 10 dreifarbige Orig.-Linolschnitte, und auch die Schrift war geschnitten. Die Auflage von 25 Exemplaren war nicht gerade üppig, aber für den Erstling eines 19-Jährigen auch nicht über-mäßig bescheiden.
Die Textauswahl spricht bereits für sich: Das Anprangern irrsinnigen Verwaltungshandelns einer irgendwie ja auch kommunemäßig verfassten Bürgerschaft in Schilda war durchaus inspiriert von den Verhältnissen, wie sie der junge Student Ticha in der DDR tagtäglich vor Augen hatte
[...] .
Ticha, der schon als Jugendlicher in einem Malzirkel des an sich impressionistischen Künstlers Heinz Mutterlose seinen konstruktivistischen Stil zu entwickeln begonnen hatte, sah nach dem Abitur keine großen Chancen für seine – in der DDR der 1960-Jahre als „formalistisch“ verpönte – Kunst und studierte zunächst Kunsterziehung und Geschichte an der Leipziger Universität. Nach zwei Jahren im Schul- und dem anschließendem Militärdienst orientierte er sich neu und bewarb sich 1965 um einen der raren Studienplätze an der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Und schuf sein zweites selbst gedrucktes Buch, dieses Mal illustrierte er eine selbst zusammengestellte Lyrik-Anthologie..."

(Wolfgang Grätz)

Eröffnung (ohne Begrüßung): 28. August 2020, 19:30, in Anwesenheit von Hans Ticha
Ausstellung: 28. August - 31. Oktober 2020

Büchergilde Buchhandlung & Galerie
An der Staufenmauer 9, 60311 Frankfurt/Main

Fr, 24.07.2020

LINDE BISCHOF – DUCK DICH ... (RÜCKSEITE: HAIKU VON LINDE, ZEICHNUNG), Acryl auf Bütten 2017, 28 x 38 cm
INKA GREBNER – BLÜTEN, Orig.-Holz- und Linolschnitt, 24,5 x 13,5 cm / 40 x 30 cm, Auflage 15 Exemplare

AUSNAHMEZUSTAND II Und Normalitäten

Unsere letzte, etwas „andere“ Ausstellung, die helfen sollte, den wirtschaftlichen Kollateralschäden der Pandemie für Künstlerinnen und Künstler zu mildern, war sehr erfolgreich. Da wir im ersten Teil „nur“ 26 Teilnehmer/Innen präsentieren konnten, folgt nun der zweite Teil der Ausstellung, denn sosehr wir lernen, mit den Einschränkungen des Gesundheitsschutzes zu leben und die vielzitierte „neue Normalität“ zu akzeptieren, so wenig dürfen wir uns daran gewöhnen, die Not der in ihrer Existenz bedrohten Künstler als ebenfalls normal anzusehen.

Künstler aller Sparten, Schauspieler, Musiker, Schriftsteller und Bildende Künstler leben oft schon ohne Lockdown in prekären materiellen Umständen, die durch den medialen Glanz der wenigen „Stars“ der jeweiligen Genres und deren Wohlstand gern übertüncht werden. Aber jetzt sind den wenig Verdienenden auch noch die Neben-Broterwerbsmöglichkeiten abhandengekommen. Es bleibt Aufgabe der ganzen Gesellschaft, unsere eigene Kultur und deren Produzentinnen und Produzenten vor Verarmung zu bewahren, soweit wir selbst die Möglichkeit dazu haben! Der Staat hat teilweise schnell und unbürokratisch geholfen, oft aber waren die Fördertöpfe für Künstler ausgeschöpft, bevor auch nur die Antragsfrist verstrichen war.

Für alle, die den Grafikbrief zur ersten Ausnahmezustand-Ausstellung nicht lesen konnten, das Konzept knapp zusammengefasst: Wir haben die teilnehmenden Künstler/innen gebeten, wenn möglich etwas Rares, Unterschätztes oder überraschend Entdecktes aus dem eigenen Bestand für diese Ausstellung auszuwählen, und als Zeichen der persönlichen Verbundenheit mit den jetzt Kaufenden jedem Exponat ein Autograf beizugeben, einen selbst ausgewählten und von Hand geschriebenen Text, Aphorismus oder ein Gedicht. Das gibt es auch dann, wenn während der Ausstellungsdauer eine andere als die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten teilnehmender Künstler gekauft wird.

Zudem haben wir mit allen Künstlerinnen und Künstlern, deren Arbeiten im ersten Ausstellungsteil bis zum 5. Juli gezeigt wurden, vereinbart, dass die Autograf-Beigabe zu einem Kauf bis zum Ende dieses zweiten Ausstellungsteils am 27.8.2020 verlängert wird.

Es ist wunderbar zu sehen, wie sich nun auch diese zweite Gruppenausstellung in schwieriger Situation aus viel Kommunikation zwischen uns und den Künstlern aufgebaut hat zu einer Augenlust voll handwerklicher Brillanz und thematischem Engagement, eine aus der Not geborene Ausstellung, die aber den Betrachtern zu einem sonst kaum zu bietenden Überblick über die Vielfältigkeit von künstlerischen Möglichkeiten und Lösungen verhilft. Die beiden Ausstellungen stellen zusammen Arbeiten von fast 50 Künstlerinnen und Künstlern vor und es wäre kein Problem, die Reihe auf diesem hohen Niveau fortzusetzen, allein, der Plan ist anders (siehe „Hans Ticha“).

(Wolfgang Grätz)

20. Juli - 27. August 2020

Frankfurter Büchergilde Buchhandlung & Galerie
An der Staufenmauer 9, 60311 Frankfurt am Main

Do, 09.07.2020

Foto: Büchergilde Buchhandlung und Galerie Ffm

50 Jahre Maro-Verlag

Toll, neu und geheftet: Die nigelnagelneuen „MaroHefte“ bebildern spannende Essays und setzen die Tradition der „Tollen Hefte“ fort!

Zu seinem 50. Jubiläum setzt der wundervolle, unabhängige MaroVerlag die „Tollen Hefte“ mit erstklassig illustrierten Essays als „MaroHefte“ fort: im gleichen Format, sorgfältig knotengeheftet und originalgrafisch gedruckt treffen hier Essays auf Illustrationen: spannend, aktuell – und aufregend bebildert (inkl. Plakat oder Lesezeichen)!

Als MaroHeft #1 gibt es eine Konsumkritik: Jörn Schulz / Marcus Gruber: Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe das erste Quinoabällchen – ein käufliches Heft`.

"Hört auf zu fliegen! Kauft Äpfel aus deutschen Landen! Boykottiert die Currywurst! Die Idee, dass ein »nachhaltiges« Konsumverhalten die Welt rettet, prägt die Diskussion über die Klimakrise. Der Appell, die »Macht der Verbraucher« zu nutzen, gerinnt jedoch zu einer Ideologie, die auf falschen Annahmen beruht. Denn auch die neue deutsche Hoffnung des »Grünen Kapitalismus« trägt die Logik der bestehenden Ökonomie weiter. Der Glaube an die Wirksamkeit des »nachhaltigen« Konsumverhaltens rettet nicht das Klima, sondern den Kapitalismus."
(
Klappentext)

Und in MaroHeft #2 wird ein quatschiger Mythos verworfen, der die Menschen seit Jahrhunderten verwirrt: Olivia Hälterlein / Aisha Franz: Das Jungfernhäutchen gibt es nicht – ein breitbeiniges Heft.

Wie schön! Und was für eine Freude, dass es wieder so etwas wie die Tollen Hefte gibt, deren erste Ausgaben auch schon im Maro Verlag erschienen waren!
Lieber Maro-Verlag, alles Gute zum 50., danke für die neuen tollen MaroHefte und macht bitte weiter so!

(Wolfgang Grätz)

Fr, 13.03.2020

Marginalien #236

Mitglieder haben in diesen Tagen die neuen MARGINALIEN in ihrem Briefkasten und können einen zweifarbigen Holzschnitt der verlorenen Form von Volker Pfüller, gedruckt von Thomas Siemon  im atelier carpe plumbum, Leipzig, ihrer Sammlung von Originalgraphiken beifügen.

Aber auch Nichtmitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft, die diese Zeitschrift im Abonnement beziehen und die Marginalien damit ohne Graphik bekommen, werden begeistert sein vom aktuellen Heft: "Die Marginalien spannen in dieser Ausgabe den Bogen weit. Als  Auftakt einer neuen Rubrik – Berühmte Bücher – erklärt uns Wolfgang Schmitz, warum das Neue Gebetbuch Kaiser Maximilians an der  Schwelle des Umbruchs im Jahr 1513 ähnliche Fragen wie heute zu  beantworten suchte: Wie verbindet man alte und neue Technologien? Helmut Kronthaler stellt uns einen Pionier des »grafischen  Romans« vor, den Amerikaner Lynd Ward. Angeregt von Masereel und Nückel schuf er während des Art Dèco beeindruckende  Holzschnitt-Romane ohne Worte, die in Zeiten der Graphic Novel wiederentdeckt werden. Michael Töteberg schlägt ein kurzes  Kapitel in der Geschichte des Rowohlt-Verlags auf, als der seine  Rotationsdruck-Romane  auch  aus  der  Berliner  Friedrichstraße  der frühen DDR in die Welt trug. Klaus Raasch fragt sich, warum  Künstler der letzten 40 Jahre den Buchdruck dem Flachdruck beim  Büchermachen so lange vorgezogen haben, obwohl letzterer weniger materialintensiv herzustellen sei. Wir erinnern an Gerhard  Kurt Müller, Mitbegründer der Leipziger Schule, der nebenbei  als Anreger die beinahe verlorenen Drucktechniken des Holz- und  Kupferstichs  in  die  nächste  Künstlergeneration  trug. Wolfgang  Grätz  berichtet  von  den  Talenten  des  diesjährigen  Grafiknachwuchspreises der Leipziger Buchmesse, und in unserer Reihe ABC der Druckkunst gewährt uns das atelier carpe plumbum Einblick in  seine Werkstatt ..."
(Till Schröder)

Übrigens: dem Heft lag ein Flyer zur BuchDruckKunst bei, der inzwischen seine Berechtigung verloren hat. Klaus Raasch musste am 14. März mitteilen: "Die Messe fällt leider aus! Durch den Beschluß des Hamburger Senats am Freitag, den 13. März, stellen ab dem 14. März alle staatlichen Kultureinrichtungen ihren Betrieb ein."

Di, 13.08.2019

Falk Geissler, Flohmarkt, Abb. © Büchergilde Buchhandlung & Galerie Frankfurt/M

FALK GEISSLER – JUNG UND KUPFERSTECHER

Junge Kupferstecher gibt es in etwa so häufig wie weiße Raben. Falk Geißler ist so ein seltener Vogel. Da fragt man sich natürlich, warum diese alte grafische Technik nur von wenigen erlernt und ausgeübt wird. Was muss man können?

Beim Kupferstich wird eine Kupferplatte auf ein kleines rundes Lederkissen gelegt, das bei jedem Stich gedreht werden kann, denn der Künstler arbeitet immer körperabgewandt in kurzen geraden Stichen. Das Bild entsteht aus Hunderttausenden kurzer gerader Linien, die „sitzen“ müssen – die einmal aufgestochene Platte ist nicht mehr zu korrigieren. Da größere Flächen nicht aus der Metall-platte herausgestochen werden können, muss der Künstler, um z.B. eine dunkle Fläche im Kupferstich zu erzielen, unzählige Stiche dicht an dicht nebeneinander setzen oder Schraffuren stechen. Kupferstich ist wie die Radierung ein Tiefdruckverfahren, d.h., Druckfarbe wird in die Rillen der Platte gerieben und aus diesen von gefeuchtetem Büttenpapier unter dem hohen Druck der Presse aus den Vertiefungen gesogen.

Einer der berühmtesten Kupferstiche der Kunstgeschichte ist Dürers aus allen Schulbüchern bekannter Stich „Ritter, Tod und Teufel“ – und man weiß, dass er für das Stechen der entsprechenden Druckplatte mehr als ein Vierteljahr Zeit benötigte. Das allein beantwortet wohl die Frage, warum die Technik so selten ausgeübt wird...

(Wolfgang Grätz)

Im Kabinett: Kupferstich heute. Eine Übersicht
Arbeiten von Johannes Wüsten (1896 – 1943), Baldwin Zettl (*1943), Otto Rohse (1925 – 2016), Toni Torrilhon (*1931), Jürgen Czaschka (1943 – 2018) und Rolf Geissler (*1945)

Eröffnung: 16. August 2019, 19.30 Uhr, mit einer praktischen Einführung in die Kunst des Kupferstechens von Falk Geissler
Ausstellung: 16. August - 27. September 2019

Büchergilde Buchhandlung & Galerie
An der Staufenmauer 9
60311 Frankfurt/M

226. Frankfurter Grafikbrief erschienen

Der aktuelle Frankfurter Grafikbrief enthält folgende Themen:

  • Falk Geißler – Jung und Kupferstecher
    Im Kabinett: Kupferstich heute. Eine Übersicht
  • Hans Tichas Orig.-Holzschnitt-Illustrationen zu Johannes Wüstens "Semper die Mumie
  • Holzbildhauer-Katalog des Kupferstechers Tony Torrilhon 
  • Wertpapiertechniker Egbert Herfurth 75
  • Das neue Graphische Buch von Faber und Faber: Ingeborg Bachmann
  • Tolle Hefte mit dem 50. Heft beendet
  • Ausblick auf den Büchergilde/Tabor-Grafikkalender 2020
  • Der Druckstock von Klaus Süß‘ besonders schönem Beitrag zum Grafikkalender und
    Thomas Hubers Suche nach dem Unter-den-Teppich-Gekehrten als Bonusgrafik zum Grafikkalender
  • Welches Buch „muss“ man haben?

(Wolfgang Grätz)

... zum aktuellen Frankfurter Grafikbrief