Pirckheimer-Blog

So, 10.03.2024

In Dresden haben Vorbereitungen und Planungen für ein großes Festprogramm zu Ehren des großen Sohns der Stadt begonnen, das das ganze Jahr an Einrichtungen und Institutionen, auf Straßen und Plätzen der Elbestadt verschiedenste Formate zum Erich-Kästner-Jubiläum in diesem Jahr präsentiert.

Alles Kästner – Veranstaltungen zum Geburtstag Erich Kästners

Alles Kästner in Dresden: Das Jahr 2024 bedeutet für einen berühmten Sohn der Metropole ein herausgehobenes Jubiläum. Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 hier geboren und starb am 29. Juli 1974 in München – hochgeachtet und vielfach geehrt als Schriftsteller, Dichter, Satiriker und Dramatiker. Bis heute ist er ein im In- und Ausland bekannter und gelesener Autor. Sein Werk wurde in über 70 Sprachen übersetzt und vielfach verfilmt. 2024 jähren sich sein Geburtstag zum 125. und sein Todestag zum 50. Mal. In seiner Heimatstadt sind Kästners Werk, sein persönliches Wirken bis heute lebendig. Zahlreiche Kultureinrichtungen, Künstlerinnen und Künstler beschäftigen sich immer wieder mit seiner Person, seinem Werk, seiner Wirkung. Das zeigt sich nicht zuletzt in einem überregional beachteten Erich-Kästner-Museum und Literaturhaus. Aus einer Initiative von Kulturschaffenden heraus haben die Vorbereitungen und Planungen für ein Jubiläumsprogramm begonnen, das über das ganze Jahr hinweg an städtischen Einrichtungen und freien Institutionen, auf Straßen und Plätzen verschiedene Formate, Aktivitäten und Vorstellungen zum Kästner-Jubiläum präsentiert. Bleibt neugierig! Alle Informationen, Termine unter: www.dresden-kulturstadt.de.

(Robert Grieger)

Sa, 09.03.2024

Ausstellung · Workshop im Münchner Radierverein im Rahmen des 2024er "Tages der Druckkunst ".

„Einmalig!“: 14.03. im Radierverein

Im Rahmen des Tages der Druckkunst 2024 startet in der nächsten Woche im Radierverein München die Ausstellung mit dem Titel einmalig! Das Augenmerk der Ausstellung liegt dabei auf der unikalen Anfertigung von gedruckten Kunstwerken. Es werden verschiedene Monotypien und Unikat-Drucke von langjährigen genauso wie von neuen Künstlerinnen und Künstlern des in der bayerischen Kapitale beheimateten Vereins ausgestellt. Im Namen des Vorstands lädt Laura Etz herzlich zur Vernissage am 14. März ab 19 Uhr in die Galerieräume des Vereins einladen. Viele der Ausstellenden werden anwesend sein. Zusätzlich zur Exhibition sind alle Interessierten unter dem Motto ‚members & guests‘ an zwei Nachmittagen zu einem besonderen künstlerischen Dialog eingeladen. Angeregt von bildnerischen Gedanken zu den ausgestellten Werken, können die den Verein Besuchenden experimentell tätig werden und am Tag der Druckkunst selbst, am 15.03., und am 21.03. jeweils von 15 bis 18 Uhr unter Anleitung selbst Monotypien herstellen. Eigene Gedanken, die beim Betrachten eines der Werke in der Ausstellung entstehen, sollen aufgegriffen werden, um sie auf eine Druckplatte zu transferieren und im Druck sichtbar werden zu lassen. Vorkenntnisse sind nicht nötig – jede und jeder ist herzlich eingeladen! Um Voranmeldung via Mail wird gebeten: kontakt@radierverein.de. Die Ausstellung ist bis zum 06. April zu sehen, die Galerie ist vom Mittwoch bis zum Freitag jeweils 15 bis 19 Uhr, sowie am ersten Samstag im Monat von 11 bis 14 Uhr geöffnet. Alle weiteren Informationen finden sich auf der Website des Radiervereins München e. V.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Fr, 08.03.2024

Pirckheimer-Freund Uwe Klos ist beim 3. Photobook Festival in Leipzig mit seinem neuesten Buch dabei.

Photobook Festival in Leipzig

Am kommenden Wochenende, vom 08. bis 10. März 2024 findet in Leipzig wieder das Photobook Festival statt, an dem viele internationale Künstlerinnen und Künstler, Sammler, Kunstinstanzen und -hochschulen (die Hochschule für Grafik und Buchkunst ist dabei, die Kunsthochschule Burg Giebichenstein ...) teilnehmen. Organisiert von dienacht e. V. und dem Grassimuseum für angewandte Kunst (wo es auch stattfindet), gibt es ein umfangreiches Programm mit Workshops und Veranstaltung, einem Fotobuchmarkt und der Ausstellung für den Dummy Award für das schönste unveröffentlichte Fotobuch. „Das dritte Leipzig Photobook Festival widmet sich dem Thema ‚Protest‘“, schreiben die Direktorinnen des Festivals, Calin Kruse und Silvia Gaetti. Im Rahmen von Ausstellungen mit historischen und zeitgenössischen Bücher, einer Panel-Diskussion und Kurzpräsentationen wird das Thema aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Außerdem werden wir wieder ­Podiumsdiskussionen, Präsentationen, Ausstellungen, Filmvorführungen, Buchpräsentationen, Portfolio-Reviews, einen Speed-Dating und einen Fotobuchclub veranstalten. Der Eintritt ist frei.Zur Spezialausstellung heißt es weiter: „Seit mehreren Jahren interessiert sich Luciano Zuccaccia als Sammler und Forscher für Fotobücher und hat die spezialisierte Sammlung Protest in Photobook aufgebaut. (…) Wir stellen eine Auswahl von 25 (...) Fotobüchern aus der Sammlung aus, die Protestbewegungen im Iran zeigen: Von seltenen Pamphleten und Flugblättern über Propagandamaterial bis hin zu künstlerischen und einzigartigen Fotobüchern. Luciano Zuccaccia wird anwesend sein und für Fragen und Gespräche zur Verfügung stehen.“ Und auch der Fotobus, vom Fotobus-Verein unterstützt, reist an und wird vor dem Museum die Arbeiten von Studierenden präsentieren. Und auch ein Pirckheimer-Freund wird in Leipzig dabei sein: Uwe Klos aus Cossengrün bei Greiz. Er schreibt: Gerade rechtzeitig sind die ersten Exemplare meines neuen Künstlerbuches fertiggeworden: Alant, Mahonie, Zaunrübe. Es vereint 50 meiner botanischen Fotogramme als Reproduktionen, gedruckt auf einem überaus exquisiten Papier, welches die Farbigkeiten (...) adäquat wiedergibt. Dazu gesellen sich im Buchblock drei Monotypien, und für den Einband sind auch Monotypien verwendet. Alles zu sehen im Foyer des Grassimuseums. Dem Abendprogramm am Freitag folgt an den beiden Wochenendtagen von 10 bis 22 Uhr am Sonnabend und von 10 bis 16 Uhr am Sonntag das Hauptprogramm. Alle Informationen zu diesem regional wie auch international unterstützten Photobook Festival finden sich auf der Webseite der Veranstalter.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 07.03.2024

Michael J. Wendel: "Die Truhe", Beier & Beran 2023. Das Buch des Archäologen erzählt von der Akribie und Leidenschaft eines Forschers wie zudem vom in der Gegenwart unserer Jahrzehnte noch möglichen Abenteuer der Archäologie als der grundlegenden Gelehrsamkeit des Wissens auch um die Jetztzeit zugleich. Und schließlich ist es ein Buch, das vom Mut, den das Leben wie das Schicksal von einem immer wieder fordert, Zeugnis gibt und berichtet. Für seine Verdienste bei den Ausgrabungen im nord-thrakischen Karasura wurde Michael Wendel 1997 mit der Ehrenbürgerwürde von Tschirpan geehrt.

Gelesen übers Jahr: „Die Truhe“

Es möge keiner behaupten, es ließen sich auch seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts keine Abenteuer in der Archäologie mehr erleben! Die Himmelsscheibe von Nebra, die nach wie vor aufsehenerregenden Grabungskampagnen in Ägypten und Lateinamerika erzählen davon; und ganz Europa bietet nach wie vor erstaunliche Entdeckungsmöglichkeiten. Die Erinnerungen eines Prähistorikers, ausgewiesener Kenner der eisenzeitlichen Kulturen Europas von der Antike bis zum Verlöschen der letzten heidnischen Gesellschaften der altslawischen Siedler in der Mitte des Kontinents erzählen dies auf beeindruckende Weise ... Michael Wendel, 1945 in Sachsen geboren, hat sich einen Namen als Forscher wie als Dozent gemacht, er arbeitete in Berlin an der Akademie der Wissenschaften der DDR und war noch eine Reihe Jahre Dozent am Institut für Prähistorische Archäologie der halleschen Universität. Darüber hinaus und vor allem aber ist sein Nimbus mit den langjährigen Ausgrabungen in Karasura in Bulgarien verbunden, die ihm viel Beachtung und letztlich eine Ehrenbürgerwürde einbrachten. Die Fundstelle, die sich in Nordthrakien in der Nähe des Dorfes Rupkite befindet, birgt eine spätrömische Wegestation, ihr reicher Fundbestand wurde zur archäologischen Legende. Von seinem Leben erzählt der heute wieder in Sachsen Lebende in mehreren Bänden, zuletzt erschien sein reichbebildertes Erinnerungs-Kompendium Die Truhe bei Beier & Beran, im ausgewiesensten Archäologie-Verlag in Mitteldeutschland. Der Höhepunkt dieses Archäologenlebens ist zweifellos die Grabungstätigkeit an dem Siedlungshügel (Tell) in der Nähe der Stadt Tschirpan, eine Arbeit, bei der Wendel im Verbund mit seinen bulgarischen und deutschen Kollegen Nachweise für insgesamt 6.000 Jahre Besiedlungsgeschichte auf dem Balkan erbrachte. Aber auch sonst ist die Art und Weise, wie der Autor leidenschaftlich und akkurat, aber auch immer wieder mit einer Prise ihm eigenen Humors und Muts zur Klarheit seinen Werdegang erzählt, an das Herze, den Solarplexus gehend nicht nur für Prähistoriker. By the way: Ich danke Michael Wendel wie viele meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen einen tiefen Blick auch in die eigene Geschichte: Sind doch die altslawischen Kulturen mit der Historie wie der Prähistorie Mittel- und Osteuropas eng verbunden. Als ich vor einigen Jahren in Wolin vor der Kirche stand, die das alte Zentrum der Stadt Vineta kennzeichnen könnte, habe ich daran gedacht. Ein Einblick, für den ich ihm wie meinen beiden akademischen Lehrern Klaus-Dieter Jäger (ohne den ich wohl gar nicht Archäologe geworden wäre) und François Bertemes (der Goseck ausgrub) dankbar bin. Und schlussendlich erzählt dieses Buch auf seinen fast 500 Seiten wie seine Belletristik-Vorgänger Blumenkohl im Kopf und Blumenkohl mit Nachschlag auch von Schicksalsschlägen und wie man sich daraus ins Leben zurückkämpft. Und das verdient höchsten Respekt. (Michael J. Wendel: Die Truhe. Langenweißbach: Beier & Beran 2023, br., 472 Seiten, ISBN 978-3-95741-191-4, 19,90 Euro.) 

(André Schinkel)

Mi, 06.03.2024

16.03.: Eröffnung Lithographische Werkstatt Linz.

Eröffnung der Lithographischen Werkstatt in Linz am Rhein

Die Lithographische Werkstatt am Neutor in Linz am Rhein (Neustraße 42, 53545 Linz am Rhein) befindet sich in einem historischen Gebäude in der Linzer Altstadt. Das Gebäude wurde in den Jahren 2022 und 2023 umfangreich saniert. Im Rahmen des Tags der Druckkunst wird am 16.03. die Werkstatt durch den Stadtbürgermeister Dr. Hans Georg Faust eröffnet. Eine Einführung hält die Leiterin der Lithographischen Werkstatt, Desirée Wickler. Während der Veranstaltung  von 14 bis 17 Uhr besteht die Möglichkeit, am Druckprozess teilzuhaben und einen Originaldruck mitzunehmen. Auch auf der Webseite des Kunstvereins Linz am Rhein e. V. wird in regelmäßigen Abständen Neues aus der Lithographischen Werkstatt am Neutor berichtet. Nachrichten und Fragen kann man die direkte Werkstatt-Mailadresse: litho-am-neutor@kunstverein-linz.de, senden. Am 15. März 2018 wurden die traditionellen Drucktechniken in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission aufgenommen. Seitdem wird der Tag der Druckkunst im März mit einem umfangreichen Programm im ganzen Land begangen.

(Robert Grieger/Pressemitteilung)

Di, 05.03.2024

Tolles Osterangebot bei der Neuhauser Kunstmühle.

Neuhauser Kunstmühle im März

Die Neuhauser Kunstmühle hat für den März wieder ein tolles graphisches und bibliophiles Osternest im Angebot: Drucke und originalgrafische Bücher werden zu Sonderkonditionen offeriert, darunter Blätter von Margareta Pertl, Marc Frising und Susanne Hay sowie ein Künstlerbuch mit Salzburg-Ansichten und eine originalgrafische Wandtapete von Markus Krön. Auch zum Teil großformatige Grafiken von Dieter Huber und Günther Nussbaumer sind dabei. Das gesamte Angebot findet sich auf der Spezialseite der österreichischen Kunstmühle unter der Oster-Rubrik. 

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mo, 04.03.2024

Till Sailers Annäherung "Der Krieg meines Vaters" ist im halleschen Mitteldeutschen Verlag erschienen.
Eine Auswahl der Gedichte seines Vaters aus den Jahren 1931 bis 1939 gab Pirckheimer-Freund Till Sailer 2021 bei quartus in Bucha bei Jena heraus.

Till Sailer: „Der Krieg meines Vaters. Eine Annäherung“

Geht das überhaupt zusammen: Schöne Gedichte, geschrieben von einem Völkischen, den man mit einigem Recht auch Nazi nennen könnte? Ja, es geht. Was schon bei Gottfried Benn und Martin Heidegger zu studieren war, es trifft auch auf Herbert Sailer (1912–1945) zu: Ästhetik, Kunstsinn, Lyrik, Philosophie und Barbarei schließen sich nicht immer aus. Auch ein so großartiger Dichter wie Johannes R. Becher hat eine Danksagung an Stalin verfasst, vor dessen Regime er gezittert hatte.

Es ist ein mutiges Unterfangen des Schriftstellers Till Sailer, des Sohnes von Herbert Sailer, sich des lyrischen Erbes und des Lebens seines Vaters anzunehmen und eine „Annäherung“ zu schreiben. Ja, Annäherung, sagt der Untertitel des Buches Der Krieg meines Vaters. Wie anders auch soll der Umgang mit den nun schon sehr fernen Leben der Mütter und Väter unserer Generation – also der während des Krieges und der kurz danach Geborenen geschehen? Besserwisserei und das Nichts-damit-zu tun-haben-Wollen, wie ich es von mir kenne, erwiesen und erweisen sich als unnütz.

Diese Worte trafen mich, beschreiben sie doch haargenau meine Empfindungen gegenüber meinem Vater, dem ich zugetan war, der aber auch fern blieb mit seinem Leben im Zweiten Weltkrieg und den Jahren sibirischer Gefangenschaft. Und der bis auf ein paar „Anekdoten“ schwieg … Und wie ergeht es einem, wenn man auf eine dichterische Hinterlassenschaft trifft, wie man sie bei Herbert Sailer finden kann, eine gehaltvolle, tiefgründige und innige Lyrik? „Ich weiß, du liegst jetzt ganz allein / und keiner kommt und deckt dich zu. / Du möchtest nichts als müde sein / und keiner kommt und deckt dich zu. / Du liegst, vom Sturz der Tränen blind / und keiner kommt und deckt dich zu. / Und frierend horchst du in den Wind / und keiner kommt und deckt dich zu.“ Und gleich darauf vielleicht das Blatt mit: „Die feste Stirne helmbewehrt, / der Brauen Bogen ohne Fehl, / das Aug’, hell in den Tag gewandt, / grau wie der Waffe blanker Stahl …“ Und – mit solchem Trara ist das völkische Kitschgefäß Herbert Sailers noch lange nicht ausgeschöpft.  

Es ist ein solcher Widerspruch nicht zu lösen. Till Sailer geht den die Distanz ermöglichenden Weg, dass er diesen Mann, seinen ihm fast unbekannt gebliebenen Vater betrachtet als jemanden, „der mir wie eine literarische Figur erscheint.“ So gelingt es ihm, das wahrlich nicht unkomplizierte Leben Herbert Sailers zu erzählen, eines Erziehungswissenschaftlers, NSDAP-Mitglieds und Reichsjugendführung-Funktionärs, des Lehrers an nationalsozialistischen Eliteschulen, Soldaten, Verwundeten, eines „Volkssturm-Mannes“, der immer Dichter war und es blieb bis zu seinem frühen Ende am 13. April 1945. Noch im März hatte er sich in einem Gedicht gefragt, wie viele Tage noch das „Licht kündet“. Eine Zeile weiter verrennt er sich in das Hirngespinst, das damals wohl viele teilten, nämlich die ganze Erde habe sich „wider uns verbündet“. Und was bleibt? Die „Pflicht“! In anderen Gedichten sieht er das Elend, die Sinnlosigkeit des Krieges sehr genau. 

Mehrmals kommt in den Gedichten Herbert Sailers die Ukraine vor, das Land, in dem der Krieg schon wieder grausige und nahe Wirklichkeit ist. Gewiss hat auch diese schlimme Aktualität Till Sailer bewogen, die Texte seines Vaters öffentlich und zugänglich zu machen. Und so sehr man dem Autor darin folgen kann, diesen Herbert Sailer, seinen Vater, als literarische Figur zu betrachten, um überhaupt mit ihm „umgehen“ zu können, so tritt dieser mit dem Wort Ukraine doch in eine beklemmende Realität, denn so sparsam die Mitteilungen meines Vaters aus seiner Vergangenheit auch waren: Dieses Wort kam vor. Er sprach es, wie viele seiner Generation Ukreine aus. Das schon etwas ermüdete Wort, dass die Vergangenheit noch nicht einmal vergangen sei, es ist doch wahr!

Dieses mutige Buch Till Sailers bietet die seltene Gelegenheit, in die Gedanken-, Gefühls- und Vorstellungswelt einer nur scheinbar fernen Zeit zu gelangen. Es antwortet auf Fragen, die vielleicht nie gestellt wurden, oder die keine Antwort fanden. Es zeigt, dass Kunstsinn, Intelligenz, Sensibilität und Kriegsbrutalität sehr nahe Nachbarn sein können. Es stellt auch die Frage, wie stark unsere „Kulturhaut“ ist in Zeiten, da wieder von „Kriegstüchtigkeit“ geredet wird. Und darum ist diese „Annäherung“ bitter nötig. (Till Sailer: Der Krieg meines Vaters. Eine Annäherung. Halle an der Saale: Mitteldeutscher Verlag 2023. Broschiert, 308 S., ISBN 978-3-96311-815-9, 20 Euro.)

(Albrecht Franke)

So, 03.03.2024

Kurpfälzisches Museum: "Kunst und Fälschung – Aus dem Falschen das Richtige lernen ...": Die Schau zum Thema ist bis zum 30.06.2024 in Heidelberg zu sehn.

„Kunst und Fälschung – Aus dem Falschen das Richtige lernen“

Täuschend echt, gut getarnt gelangen Kunstfälschungen immer wieder in den Handel. Werden sie beschlagnahmt, verschwinden sie häufig in den Asservatenkammern der Landeskriminalämter. Erstmalig bringen das Kurpfälzische Museum und das Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg eine Vielzahl solcher Fälschungen zur Ausstellung. Die Schau wird ergänzt durch kostbare Originale aus Köln, Frankfurt, München, Berlin und Heidelberg. Ein besonderes Highlight ist auch ein ungewöhnliches Rembrandt-Porträt aus Amsterdam. Das mittels KI und 3D-Druck erzeugte „Meisterwerk“ ist das berühmteste künstlich gemalte Bild unserer Zeit. Die ausgestellten Gemälde, Zeichnungen und Drucke stammen angeblich alle aus prominenter Künstlerhand, darunter Lucas Cranach, Rembrandt, Vincent van Gogh, Paula Modersohn-Becker, Salvador Dalí oder Pablo Picasso. Die Machenschaften der Kunstfälscher sind dabei erstaunlich vielfältig. Sie reichen von täuschenden Eingriffen über fingierte Provenienzen und Expertisen bis hin zur Totalfälschung oder Erfindung unechter Künstlerbiografien. Die Ausstellung bietet die einzigartige Gelegenheit, demaskierte Fälschungen selbst in Augenschein zu nehmen und sie in einigen Fällen authentischen Werken gegenübergestellt zu bekommen. Auch zwei Fälschungen von Wolfgang Beltracchi nach Heinrich Campendonk und Johannes Molzahn finden sich den echten Werken der beiden Künstler zu einer eindrucksvollen Konfrontation gegenübergestellt. Die Fehler der Fälscher werden nachvollziehbar erklärt, ebenso die Methoden der Kunstexpertise. Das Kurpfälzische Museum befindet sich in der Hauptstraße 97 in 69117 Heidelberg. Die Exposition ist seit dem 29. Februar und bis 30. Juni 2024 zu sehen. Alle Infos dazu auf der Website des Hauses.

(Robert Grieger/Pressemitteilung)

Sa, 02.03.2024

08. bis 10.03.2024: 12. Editionale in Köln. Das Event in der KMB findet seit 2000 aller zwei Jahre statt.

08. bis 10.03.: 12. Editionale in Köln

Vom 08. bis 10. März findet in der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln (Heinrich-Böll-Platz/Bischofsgartenstr. 1, 50667 Köln, Eingang Filmforum) die 12. Editionale 2024 statt. Die Messe ist am Freitag von 18 bis 21 Uhr, am Samstag von 11 bis 19 und am Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Die internationale Messe für Künstlerbücher, Editionen und Buchobjekte lädt alle zwei Jahre in die Metropole am Rhein ein. Alle anwesenden Ausstellenden „haben die Bücher selbst entworfen, gestaltet oder gedruckt bzw. bestehende Bücher künstlerisch entfremdet oder aus buchfremden Materialien Bücher gestaltet. Die präsentierten Künstlerbücher, Editionen und Buchobjekte entstanden in limitierten Auflagen oder als Unikat. Zusätzlich sind Originalgrafiken und Handpressendrucke kleinerer Editionen ausgestellt.“ Die Auswahl der Ausstellenden wird in Köln bewusst klein gehalten, um den Austausch intensiv gestalten zu können. Nichtsdestotrotz werden Exponate aus sechs Ländern gezeigt. Es nehmen unter anderem daran teil: Susanne Padberg (Galerie Druck & Buch, Wien), Anna Helm und Annegret Frauenlob, Constanze Kreiser, Bartleby & Co., Max Marek, Achim Richers und Horst Hahn. Die Editionale wurde 2000 von Elisabeth Broel und Gernot Cepl gegründet. Nach dem Tod von Broel übergab sie Cepl an die Kunst- und Museumsbibliothek (KMB). Unterstützt wird die KMB vom Verein der Freunde der Kunst- und Museumsbibliothek. Alle Infos zur Editionale finden sich auf der Webseite der Kölner Museen.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Fr, 01.03.2024

36. Deutsch-Niederländische Grafikbörse in Borken.

Grafikbörse in Borken beginnt

Am heutigen Nachmittag um 16 Uhr beginnt die 36. Deutsch-Niederländische Grafikbörse in der Stadthalle Vennehof im westfälischen Borken (Am Vennehof 1, 46325 Borken). Die binationale und mittlerweile traditionsreiche Messe geht bis Sonntag, den 03. März und hat ihre Tore heute bis 20 Uhr, an den anderen beiden Tagen von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Die Veranstaltung wird von der Stadt wie vom Landkreis Borken unterstützt und ist bekannt für die hohe Qualität in der Auswahl ihrer Aussteller und dient dem kulturellen Austausch der direkten Nachbarländer Deutschland und Niederlande. Die insgesamt 70 Aussteller erwarten an diesem langen Wochenende mehrere tausend Besucher – von Druckgrafik über Künstlerbücher, Mixed-Media-Arbeiten bis hin zu fotografischer Kunst reicht das Spektrum der Messe. Neben Künstlerinnen und Künstlern, Vereinen, Editionen und Galerien präsentieren sich auch Studierende diverser Kunsthochschulen und -universitäten in Borken. Im Forum Altes Rathaus Borken (FARB) läuft synchron eine Ausstellung mit Radierungen von Claudia Berg, Susanne Theumer und Andrea Ackermann, Titel der Exposition: Die Tiefe des Grats. Das dreitägige Borkener Event dürfte nur ein Auftakt sein für einen Frühling und einen Sommer voller Veranstaltungen, Messen und Ausstellungen: Nicht die schlechteste Nachricht in solcher Zeit. Und – der Eintritt zur Deutsch-Niederländischen Grafikbörse ist an allen Tagen frei.

(André Schinkel)

Do, 29.02.2024

Mappe "Saale-Licht" (2023). | © Andrea Ackermann

Bibliophiles des Monats: „Saale-Licht“ von Andrea Ackermann

Auch wenn sie von der Elbe stammt und das wohl auch ihr Fluss bleiben wird, ist die Saale so etwas wie ein Favorit in ihrer Arbeit, lebt doch die in Dresden geborene Andrea Ackermann seit vielen Jahren in der Saale-Metropole Halle: Hier hat sie studiert, hier befindet sich der Mittelpunkt ihres Lebens. Ihre Lehrer an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein waren Ronald Paris (Malerei) und Thomas Rug (Grafik), nach dem Absolvieren der Meisterschülerinnenschaft arbeitet Andrea Ackermann seit Mitte der 2000er Jahre freiberuflich als Malerin und Grafikerin im Nordteil der Innenstadt des gern verkannten Großstädtchens, das mit der Weißen Elster (die hier in die Saale mündet) gleich noch einen elementaren, die mitteldeutschen Landschaften stark prägenden Fluss aufweist. Zu ihrem Werk gehören auch insgesamt acht Grafik- bzw. Text-Grafik-Kassetten, die haben unter anderem Norwegen, Venedig und den Wörlitzer Park zum Thema. Mit Saale-Licht vollendet die Künstlerin gewissermaßen eine Flusstrilogie, die 2015 mit Über dem Fluss begann, seine erste Fortsetzung mit Das innere Delta (2017) hatte und die nun in der Mappe mit sieben Einblättern im Format von 41 x 37 Zentimetern (plus Deckblatt und Signaturen im Impressum) ihren Abschluss findet. Die Texte der Trilogie, die mit Im Park 2019 noch einen Ableger, eine Art Balkonblick zum Welterbe Wörlitz besitzt, stammen von einem der Blogredaktion bekannten Pirckheimer-Freund. In ihrem jeweiligen Aggregatzustand als Neugierige und dem Authentischen Hingegebene näherten sich Künstlerin und Autor den Orten ihrer Erwägung, skizzierten, fingen Atmo ein, formten. Die Gattung des Einblattdrucks schien, gewissermaßen als Ligatur von Bild und Text, dabei das ideale Genre einer Engführung des Erwogenen zu sein. Jedes Blatt, auch wenn ihm innerhalb des Zyklus sein Platz zugewiesen ist, funktioniert auch als eigenständiges Kunstwerk und ist auch so zu haben. Sieben der zwanzig Abzüge der Gesamtauflage sind zu einer Kassette zusammengefasst. Während die Künstlerin den Druck der Radierungen selbst besorgte, fanden die Texte bei Bettina Haller in Chemnitz auf die Bögen. Am heutigen Tag eröffnet Andrea Ackermann an der Seite ihrer Kunstkolleginnen und ehemaligen Mitmeisterschülerinnen Susanne Theumer und Claudia Berg im Forum Altes Rathaus in Borken (der Blog berichtete davon) die gemeinsame Ausstellung Die Tiefe des Grats, die dort bis zum 05. Mai zu sehen sein wird. Und auch auf der am 01.03. öffnenden Grafikbörse in Borken wird Andrea Ackermann mit einem Stand vertreten sein. Alle weiteren Informationen zum Werk der Künstlerin finden sich auf ihrer Webseite im Internet.

(Bert Blaubart)

Mi, 28.02.2024

Ruth Wolf-Rehfeldt (unten rechts) ist gestorben. Ihr Werk wird u. a. vom Verlag Lutz Wohlrab gepflegt.

Trauer um Ruth Wolf-Rehfeldt

Ihr Ruhm begann spät, aber nachhaltig – erst mit 85 Jahren wurde Ruth Wolf-Rehfeldt (1932–2024) mit ihrer Type-Art, kunstvollen Bild- und Letternarrangements, mit der Schreibmaschine getippt, von einem größeren Publikum wiederentdeckt. Da war ihr Mail-Art-Wechsel, angeregt durch ihren Mann Robert Rehfeldt (1931–1993), schon durch die ganze Welt gekommen. 2021 wurde die gebürtige Sächsin mit dem Gerhard-Altenbourg- und 2022 mit dem Hannah-Höch-Preis geehrt. Eine Auswahl ihres Werks erschien nach einer großen Retrospektive im Weserburg-Museum in Bremen in zwei Buchausgaben bei Lutz Wohlrab. 2017 nahm Ruth Wolf-Rehfeldt, die ihre künstlerische Arbeit bereits um 1990 erheblich reduziert hatte, an der documenta 14  in Kassel teil. Wie ihre Galerie vermeldet, starb sie am 26.02. in ihrer langjährigen Wahlheimat Berlin.

(André Schinkel/Pressemeldung)

Di, 27.02.2024

Andrea Ackermann, Claudia Berg und Susanne Theumer stellen in Borken aus. Die Exposition ist vom 29.02. bis zum 05.05.2024 zu sehen.

FARB Borken: „Die Tiefe des Grats“

Es dürfte eine der illustresten, ja, und prägnantesten Ausstellungen im Vorfrühling sein, aus dem sie sich bis zum Beginn des Mai in Borken (seines Zeichens in der Folge der Vernissage der Ort der Deutsch-Niederländischen Grafikmesse vom 01. bis zum 03. März in der Stadthalle Vennehof) zeigt. Aber zuvor, zuvor eröffnet in eben jenem Borken im FARB (aka Forum Altes Rathaus Borken, Markt 15, 56325 Borken) die Ausstellung Die Tiefe des Grats mit drei Künstlerinnen der – so möge sie heißen – „Halleschen Grafikerinnenschule“: Andrea Ackermann, Claudia Berg und Susanne Theumer. In siebzig zum Teil für das Genre großformatigen Kaltnadelradierungen zeigen die drei in Halle an der Saale verwurzelten Grafikerinnen unter dem sprechenden Titel, was gegenwärtige Druckgrafik kann. Die gebürtigen Hallenserinnen Theumer und Berg studierten wie die aus Dresden stammende und heute an der Saale lebende Andrea Ackermann an der Burg Giebichenstein ... ihre Lehrer hießen Ronald Paris, Frank Ruddigkeit, Helmut Brade und vor allem Thomas Rug, der auch ihr Meisterlehrer war. Die Arbeiten der Künstlerinnen entstanden u. a. auf ausgedehnten Reisen, in der Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte und vor allem immer wieder der Literatur, wovon die Exposition auch Zeugnis geben wird. Die Vernissage im FARB findet am 29.02.2024 in Anwesenheit der Grafikerinnen um 17 Uhr statt – am Vorabend der Eröffnung der Grafikmesse. Im Anschluss ist die Schau bis 05.05. in Borken zu sehen. Alle Informationen zum Event finden sich auf der Webseite des Forums. Die Öffnungszeiten des FARB sind bitte der Abbildung zu entnehmen.

(André Schinkel) 

Mo, 26.02.2024

Susanne Evers: "Don Quichotte und Ragotin" (2004).

Don Quichotte und Ragotin

NEUES AUS ROBERTS KLEINER BÜCHERECKE

Vor zwanzig Jahren gab es eine spannende Ausstellung im Schloss Charlottenburg in Berlin, die ich damals auch besuchte und die mich begeisterte. Zu dieser erschien auch ein Buch, welches mich immer noch fasziniert. Mit Miguel de Cervantes’ (1547–1616) Meisterwerk Don Quichotte und Paul Scarrons (1610–1660) Le Roman comique begegnet uns ein neuer Heldentyp – der komische Held. Die Erlebnisse des Don Quichotte und des Ragotin stehen uns bis heute in einer Fülle lebhafter Episoden vor Augen. Im 18. Jahrhundert inspirierten sie vor allem französische Künstler dazu, die Geschichten bildlich umzusetzen. So schuf Charles Coypel (1694–1752) Gemälde mit den Abenteuern des Don Quichotte als Vorlagen für die Pariser Gobelinmanufaktur und Jean-Baptiste Pater (1695–1736) malte vierzehn Szenen aus dem Roman comique. Diese Gemälde und Tapisserien, die seit über 220 Jahren in den preußischen Königsschlössern beheimatet sind, werden zusammen mit den Kunstwerken aus ihrem Umfeld präsentiert. Der reich illustrierte Band von Susanne Evers, erschienen bei DuMont, stellt die herrlichen Meisterwerke der bildenden und angewandten Kunst in den Zusammenhang preußischer Geschichte und eröffnet damit völlig neue Einsichten in die literarischen Quellen und ihre Wirkungsgeschichte durch die Jahrhunderte.

Don Quichotte und Ragotin. Zwei komische Helden in den preußischen Königsschlössern – von Susanne Evers. Köln: DuMont Buchverlag 2004, 256 Seiten, ISBN 978-3-83217-427-9, die Ausgabe ist regulär vergriffen, aber antiquarisch für 10 Euro bei verschiedenen Anbietern günstig zu haben.

(Robert Grieger)

So, 25.02.2024

Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar lädt vom 27.02. bis zum 14.03. zu Sonderführungen ein.

Anna Amalia: Sonderführungen

Der Großbrand am 20. September 2004 markierte einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek und ihrer Sammlungen. Eine beispiellose Welle der Unterstützung ermöglichte Wiederaufbau und Entwicklung innovativer Restaurierungsmethoden. In Kleingruppen (bis maximal zehn Personen) sind bei Sonderführungen in der renommierten Bibliothek (gelegen am Platz der Demokratie 1 in 99423 Weimar) in Herzen der Klassikerstadt vom 27.02. bis 14.03. kostbare, kostbarste Bücherschätze aus nächster Nähe zu erleben. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Klassik Stiftung Weimar erläutern kulturhistorische Hintergründe und Strategien zum Erhalt des wertvollen Kulturguts. Alle Informationen dazu unter diesem Link, alle wichtigen Informationen kann auch über die Mail-Adresse info@klassik-stiftung.de erhalten.

(Robert Grieger/Pressemitteilung)

Sa, 24.02.2024

"Mensch sein" – ein Plädoyer für das Menschliche.
Das Autorenduo: Kai Michel (li.) und Carel van Schaik.

Buch des Monats: „Mensch sein“

Gerade in diesen verfaulenden Zeiten, im Angesicht des heutigen erschreckenden Datums, ist jedes Zeichen der Hoffnung, das den Menschen in einem anderen möglichen Licht erscheinen lässt, wichtig, wenn nicht von höchster Bedeutung. Carel van Schaik und Kai Michel haben es wieder getan: Im nunmehr dritten Band ihrer als Tetralogie ausgelegten Erkundung des Menschen haben sie nun nach Das Tagebuch der Menschheit (2017) und Die Wahrheit über Eva (2020) in Mensch sein (Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 2023, Hardcover mit SchU und Lesebändchen, 384 Seiten, ISBN 978-3-49800-327-5, 24 Euro) dem sozialen Grundgerüst, dessen wir alle bedürfen, sich zugewandt. Der renommierte Anthropologe van Schaik, dessen Forschungen einerseits den drei Species der Orang-Utans und zum anderen den Wurzeln des Menschen gewidmet sind, und der Historiker und Literaturwissenschaftler Michel, der im Verbund mit Harald Meller auch drei archäologische Bestseller zur weltberühmten Himmelsscheibe von Nebra und zur Schamanin von Bad Dürrenberg vorlegte, sprechen in Mensch sein von unserer Sehnsucht nach den anderen, die jedem Menschen eingegeben ist und die bis in seine Uranfänge verfolgbar sind. Das Phänomen der Sesshaftigkeit, das neben vielen fortschrittlichen Aspekten auch dem Keimen von Krieg und Patriarchat hohe Ränke gibt, schält sich im Blick der bisher vorliegenden drei Bände einer tiefen religions- und archäosoziologischen Deutung des Menschlichen als Zentromer und als Drehpunkt heraus. Aber: Eben dies zu wissen und zu erkennen zeitigt auch die Möglichkeit, gegen diese Zwie- wie törichte Form der zivilisatorischen Barbarei vorzugehen! Denn nach wie vor besteht Hoffnung, auch dies erzählt dieses Buch: Wie kaum ein Wesen ist der Mensch erfinderisch im Bewältigen von Krisen, im Überwinden von Abgründen, nun, auch wenn es im Moment nicht danach aussieht. Die Autoren erläutern in ihrem zudem fulminant formulierten Text das Wechselspiel unserer ersten (Herkunft und Genetik) mit der zweiten (Kultur) und dritten Natur (Vernunft) und begründen die Notwendigkeit dieses. Es ist, so van Schaik und Michel der Schlüssel dazu, künftig miteinander in Eintracht zu leben und gewissermaßen auch ein Stückweit an die paradiesischen Strände des Anfangs anzuknüpfen. Von der Evolution für die Zukunft lernen – was für eine Vision. Es ist eine Frage der Kommunikation (im Sinne des Palaverns), Besinnung, letzthin Grund für Optimismus. Der bereits in Angriff genommene vierte Band der Folge soll sich dann der wohl dunkelsten Seite des Menschenwesens, dem Krieg, widmen ... hoffend, auch daraus Erkenntnis und, auch wenn die beiden Verfasser mit allem anderen als dem moralischen Zeigefinger, sondern vielmehr mit dem Suchen und Erläutern von Erklärungen arbeiten, Lehre zu ziehen. Zwei Autoren der Stunde, wert, dass ihre Bücher tausendfach die Herzen und Hirne der Menschen erreichen: So. Möge. Es. Sein. Denn darum geht es auch im Angesicht des momentanen Hangs zu Blut und Geschepper nach wie vor ... sich auf das Wesentliche, was dem Menschen nach dem Austritt aus dem Tierreich verfolgt, zeigt und zeichnet zugleich – Kultur und Mit-Menschlichkeit und, in die Natur gespiegelt der Mit-Wesenheit, wieder konzentrieren zu können; dann klappt es auch künftig mit dem Miteinander. Die Autoren sind momentan auf Lese- und Gesprächstour im deutschsprachigen Raum unterwegs. Das Buch darf mithin auch als Beispiel gelten, wie gute Recherche in passende Verpackung kommt: Das Cover ehrt mit Masse von Franz Wilhelm Seiwert einen von den Nazis verfemten Künstler – sein Gemälde steht für die Menschheit, also uns, die wir uns erblicken, im Spiegel unserer selbst.

(André Schinkel)

Fr, 23.02.2024

Das erste Walz-Stipendiaten-Alumniprojekt des Vereins für die Schwarze Kunst e. V. fand in Dohna und Maxen statt. Stolz wird am Ende das Resultat von den Teilnehmenden des Projekts präsentiert.

Walz-Alumni-Projekt 2020 · 2022: Farbe, Freude, Fleiß, Fraktur

CoroNo statt CoroNa (nach einem typografischen Sprachspiel von Erik Spiekermann im Nach-Gang aus der Lockdown-Zeit): Das erste Walz-Stipendiaten-Alumniprojekt unseres Vereins (Verein für die Schwarze Kunst e. V.) hörte sich ambitioniert, aber eigentlich auch überschaubar an: Ein Wiegendruck-Nachdruck im Handsatz mit gebrochenen Schriften in DIN A5, inhaltlich gekürzt auf 32 Seiten, zu drucken in der wunderschönen und auf Frakturschriften spezialisierten kleinen Buchdruckerei unseres Vereinsmitglieds, des Heimatvereins Dohna (inklusive Maxen) bei Dresden.

Die Vorbereitungen für das geplante Druckwochenende im September 2020 waren hervorragend: Klaus Eberlein aus München hatte sich von dem Wiegendruck Ain nützlichs buochlin von der speis des menschen zu fünf Linolschnitten im Format 10,5 cm x 16 cm inspirieren lassen: Federvieh, Fische, Obst, Gemüse und Gewürze. Conny Hügelschäffer, gleichzeitig unser Papiersponsor, dem herrliches Munken-Werkdruckpapier in 130 g/m², das im Format DIN A4 und größer bei einem Standardauftrag seiner Druckerei als Abfall anfiel, druckte mit Heike Schnotale die Linolschnitte in fünf verschiedenen Farben vor. Willi Beck hatte die Rechte von der Bayerischen Staatsbibliothek besorgt, die das 1493 von Albrecht Kunne in Memmingen gedruckte Werk digitalisiert hatte: 

Er legte den Satzspiegel fest, inklusive eines Transparentpapieres zur Kontrolle. Seine Kontakte zu Gebr. Schabert führten zum Sponsoring unseres knallfarbenen Umschlagpapiers, eine Idee unserer Buchbindermeisterin und Walzerin Theresa Wedemeyer. Willi Beck setzte und druckte aus seiner Maximilian Gotisch in seiner Werkstatt in Dohna. Und: Anne König als Schatzmeisterin besorgte finanzielle Unterstützung durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und organisierte die Räumlichkeiten in Dohna und im nahegelegenen Maxen – damit alle Alumni mitsetzen konnten.

Eine ungeahnte Herausforderung war die Prüfung der vorhandenen Schriften. Annelie Ziegra, Schriftsetzerin aus Pirna, übernahm die Sichtung der Bestände der Alten Buchdruckerei Dohna, und wir kamen auf maximal vier nutzbare Kästen: Die Gilgengart, die Post-Fraktur ... – und in zwei Kästen die Peter-Jessen-Schrift. Das reichte nicht an Brotschrift für zehn fleißige Setzerinnen und drei Drucker! Und so entstand eine Kastenreise: Aus Berlin reiste die Manuskript Gotisch der Berliner Hochschule für Technik an. Die Grafikwerkstatt Dresden brachte die Schwabacher mit nach Dohna. Die weiteste Reise hatte die Renata aus der Offizin Alpirsbach im Schwarzwald. Das waren zwar immer noch zu wenige – aber es gab ja auch noch einiges anderes zu tun ... 

Und vor allem: Nach dem Wochenende arbeitete das Team Dohna unermüdlich weiter, sodass wir – Corona erzwang dann doch eine längere Unterbrechung – 2022 endlich die Bücher binden konnten. Das Ergebnis: Definitiv wissen jetzt alle, wie mit dem Lang- und dem Rund-S zu verfahren ist. Die aus Not geborene Schriftmischung in der Broschur regt dazu an, sich intensiv mit den vielen Varianten gebrochener Schriften zu beschäftigen. Das Wissen unserer Vorfahren zum Umgang mit Speisen enthält aber ziemlich viel Unsinn – da ist die Menschheit inzwischen schlauer. Aber witzig, was man damals als gesichert glaubte. Abschließend zitieren wir aus dem Nachwort: 

„Von Fehlern: Ort, Werk, Schriften, Personal und Geld waren da. Es fehlte an Zeit. Ligaturen und Ausschluss wurden knapp. Wie unser Meister Gutenberg mussten wir zwischendurch ablegen. Nicht alle Fehler wurden im Prozess gesehen. Der Weg war unser Ziel. Und auch das Ergebnis macht uns stolz und inspiriert zu mehr. Jeder von uns sieht jetzt gebrochene Schriften und alte Texte mit neuen Augen.“ Unser erstes Alumni-Buch ist für 20 Euro an den Ständen des Vereins für die Schwarze Kunst erhältlich – und wird für 25 Euro gegen Rechnung (Mail an: akoenig@verein-fuer-die-schwarze-kunst.de) oder per Vorkasse auf das Vereinskonto bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, DE80 8505 0300 0221 0680 66 – Postanschrift im Betreff angeben – versandt.

(Heike Schnotale/Anne König/Verein für die Schwarze Kunst e. V.)

Do, 22.02.2024

"Fantasie und Wirklichkeit: Karl May in Amerika": die Sonderausstellung Karl-May-Haus ab 24.02.2024.

„Karl May in Amerika – Fantasie und Wirklichkeit“ ab 24.02.24

In seiner Fantasie erlebte der gebürtige Ernstthaler Karl May (1842–1912) alias Old Shatterhand in zahlreichen Büchern Abenteuer im Wilden Westen Amerikas. Die notwendigen Kenntnisse und Hintergrundinformationen dazu bezog er aus Reisebeschreibungen, die in seiner umfangreichen Bibliothek standen. Aber erst im Jahre 1908 bereiste May, 66-jährig, mit seiner zweiten Frau Klara die USA. Ihr Aufenthalt beschränkte sich auf Bundesstaaten an der Ostküste und dauerte nur knapp sechs Wochen – von Abenteuern keine Spur. Das Ehepaar übernachtete in komfortablen Hotels, fuhr auf dem Hudson stromaufwärts von New York nach Albany mit einem luxuriösen Dampfer und bevorzugte für die Wege von Stadt zu Stadt bequeme Eisenbahnwagen der Pullman Palace Car Co. Um sich in der ungewohnten Umgebung zurechtzufinden, diente dem Autor May der Baedeker Nordamerika aus dem Jahr 1904 als Hilfe. Das Buch befindet sich heute im Bibliotheksraum der Villa Shatterhand in Radebeul. Beim Blättern darin stellt man fest, dass May zahlreiche Stellen angestrichen hat, seine Markierungen beziehen sich ausschließlich auf Stationen der Reise von 1908. In der vom 24.02.2024 bis zum 16.02.2025 stattfindenden Sonderausstellung im Karl-May-Haus in Hohenstein-Ernstthal mit dem Thema Karl May in Amerika – Fantasie und Wirklichkeit wird erstmalig die Reise des Schriftstellers mit seiner Frau umfassend in Wort und Bild vorgestellt. Die begleitende Broschüre von Kurator Hartmut Schmidt bietet einen guten Überblick über den damaligen Verlauf. Das Haus findet sich in der Karl-May-Straße 54 in 09337 Hohenstein-Ernstthal.

(Robert Grieger)

Mi, 21.02.2024

Famos: Erich Schmitt würde 2024 hundert Jahre alt.

Schau zu 100 Jahre Erich Schmitt

Bekannte Zeichner und bekennende Liebhaber würdigen Erich Schmitt direkt zu seinem 100. Geburtstag mit persönlichen Zeichnungen im cafeimpuls (Breite Straße 49, 13187 Berlin-Pankow) am 14. März 2024. Und Reiner Böhme spricht dafür die einleitenden Worte. Musikalisch wird die Veranstaltung von der legendären Band MTS begleitet, die sich dem kabarettistischen Liedgut verschrieben hat. Der Initiator der Schau, Thomas Möller (Comicmuseum Neubrandenburg), wird ebenfalls einige Worte sagen. „Wissen Sie noch, wer der Ritter Kuno Wimmerzahn, wer Schwester Monika, Nixi, Ede der Tierparklehrling, Kollege Blech oder Adam und Evchen waren? Der Berliner Zeichner Erich Schmitt (1924–1984) erschuf diese und weitere Figuren. Am 14. März 1924 wurde er als Sohn eines Postschaffners geboren. Schon als Kind begann er zu zeichnen. Mit Berliner Herz und Schnauze schuf er später Bildserien, die bis heute beliebt und berühmt sind. Erich Schmitt war als ‚Berliner Original‘ auf vielen Veranstaltungen zu erleben und trat auch im Fernsehen auf.“ Seine große Liebe zum Tier ließ ihn zum Freund und Förderer des Berliner Tierparks werden. Ja, auch den Weltraum eroberte Schmitt. Und: Vom 15. bis 17.03.2024 ist die Schau bei der Leipziger Buchmesse und vom 30.05. bis 02.06. beim 21. Internatio­nalen Comic-Salon in Erlangen zu sehen.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 20.02.2024

Sarah Pschorn sowie ATAK laden nach Hamburg ein.

ATAK: „Birds Don’t Cry“ in Hamburg

Der Berliner Künstler ATAK, der als Professor für Illustration an der halleschen Kunsthochschule lehrt, lädt zur Vernissage seiner Gemeinschaftsausstellung mit der Leipziger Keramikerin und Visual Artista Sarah Pschorn nach Hamburg in die legendäre Galerie Feinkunst Krüger (Kohlhöfen 8, 20355 Hamburg) ein. Die Eröffnung der Exposition unter dem anspielungsreichen Titel Birds Don’t Cry findet am 02.03. um 20 Uhr statt, die Ausstellung ist bis zum 23.03. zu sehen. Gezeigt werden aktuelle großformatige Stillleben-Bilder ATAKs in einem spannenden Dialog mit den Keramiken Sarah Pschorns. Alle weiteren Informationen zur Exhibition finden sich in Kürze auf der Webseite der Galerie Feinkunst Krüger. Eine Arbeit von ATAK samt Porträt seiner Kunst war auch schon als Originalgrafik-Beilage in der Zeitschrift der Pirckheimer-Gesellschaft, den Marginalien, zu finden. 

(André Schinkel/Pressemitteilung)