Pirckheimer-Blog

Pirckheimer-Gesellschaft

Mo, 04.09.2023

Auf zur "Bücherlust" 2023! | © Ursula Saile-Haedicke

2. „Bücherlust“-Messe in Berlin

Die Antiquariatsmesse Bücherlust in Berlin-Karlshorst geht auf die Zielgerade. Zum zweiten Mal nach 2022 ist es gelungen, ein Bücherfest in Berlin mit mehr als 50 Ständen auf die Beine zu stellen. Christoph Neumann, Inhaber des gleichnamigen Antiquariats und Organisator der Messe, lädt für den 09. und 10. September in die Tribünenhalle der Rennbahn Karlshorst (Treskowallee 159, 10318 Berlin) ein. Die Veranstaltung ist an beiden Tagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet. An diesem „schönen Fest für das Buch“ nimmt auch die Pirckheimer-Gesellschaft mit einem Stand teil.

Auch für das Jahr 2024 ist bereits eine weitere, die dritte Auflage der Bücherlust anvisiert, auch sie wird wieder am zweiten Septemberwochenende in Berlin stattfinden. Da der Anmeldeschluss für 2023 auf den 30. August fiel und knapp vorbei ist, kann man sich nunmehr schon für das nächste Jahr anmelden in der schönen Voraussicht, dass auch dann die Antiquariatsmesse ein Erfolg wird. Für die aktuelle Ausgabe am 09. und 10. September ist ein umfangreiches Begleitprogramm vorgesehen – dieses kann wie die Aussteller-Liste auf der Webseite der Messe abgerufen werden.

Die Vorbereitungen der Neuausgabe der Bücherlust laufen auf Hochtouren und versprechen am nächsten Wochenende eine Schau für den Bibliophilen, das schöne wie seltene Buch. Es gibt auch wieder die Möglichkeit für die Pirckheimer, Freikarten zu bekommen. Neumann dazu: „Wir haben als eine Neuerung in diesem Jahr eine Online-Anmeldung im Verbund mit Oldthing.de eingerichtet, so dass sich Besucher bei freiem Eintritt über einen QR-Code vorab registrieren können und ihr Ticket/QR-Code vor Ort eingescannt werden kann.“ Die Karten für einen freien Eintritt können unter diesem Link angemeldet und abgerufen werden. Also – auf zur Bücherlust!

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 24.08.2023

Der große Typograf Gert Wunderlich bei der Arbeit. Der Gutenberg-Preisträger starb am 15.08.2023.
Gert Wunderlich legte ein höchst umfangreiches, vielgestaltiges typografisches, buchgestalterisches und grafisches Werk (hier: Einband von "Rote Wut und schwarze Galle", Pirckheimer-Gesellschaft und Institut für Buchkunst an der HGB Leipzig, 1990) vor.

Trauer um Gert Wunderlich

Der große Typograf und vielfach national und international geehrte Schrift-Erfinder, Buch- und Plakatgestalter Gert Wunderlich (1933–2023), der zu den prägendsten Gestalten der Leipziger Typografen-Schule gehört, ist tot. Er starb, wie seine Tochter Sylke Wunderlich mitteilt, am 15. August. Wunderlich, der bereits 1979 mit dem Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig ausgezeichnet wurde, studierte an der HGB (Hochschule für Grafik und Buchkunst) Leipzig unter anderem bei Wolfgang Mattheuer und Albert Kapr. Nach einer Tätigkeit als Buchgestalter in Erfurt und Sekretär der Internationalen Buchkunst-Ausstellung in Leipzig kehrte 1966 für eine Aspirantur bei Kapr an seine Alma mater zurück, an der nach Stationen als Dozent, Assistent und Oberassistent schließlich die Professur für Buchgestaltung und Gebrauchsgrafik übernahm und die Klasse für Typografie/Buchgestaltung/Plakat leitete. Als renommierter Gestalter und Typograf kuratierte er in diversen Gremien die Schönsten Bücher aus der DDR, Schönste Bücher aus aller Welt sowie weitere Wettbewerbe und internationale Biennalen. Vielfach wurden Wunderlich Dozenturen, Professuren und Kuratoriumsmitgliedschaften im Ausland (Polen, China, Finnland ...) angetragen. 

Zentrum seiner Arbeit blieb stets Leipzig. Einen Namen machte er sich als Erfinder und Gestalter diverser Schriften, von denen sich vor allem die erstmals 1963/1964 entworfene und in zahlreichen Varianten in über siebzig Schriftsystemen weltweit verwendbare Maxima als großer Erfolg herausstellte. Die Groteskschriften der Maxima-Familie waren zeitweise einer der meistverwendeten Schriftfamilien überhaupt, sie finden bis heute Anwendung und weiteste Verbreitung im täglichen Leben (Bahnhofsbeschilderungen etwa, in der Minima-Variante auch in Telefonbüchern und vielfältigen anderen Publikationen); in der DDR waren die zahlreichen Varianten der Maxima die häufigste Schriftart in der Öffentlichkeit. Bis heute findet sie in nahezu allen Publikationsgenres Anwendung und wird beständig weiterentwickelt. 2006 wurde sie unter dem Namen Maxima Now redesignt. Sie ist in zahlreichen lateinischen, kyrillischen und griechischen Schriftschnitten samt Sonderzeichen und Medievalziffern verfügbar, wird in insgesamt 80 Sprachräumen verwendet.

Gert Wunderlich reüssierte zudem als Plakatkünstler von hohen Gnaden. Seine Plakatkunst gelangte bis nach Japan. Angeregt durch ihre Tochter, begannen diese, er und seine Frau Sonja Wunderlich, mit der er vielfach zusammenarbeitete, zudem mit dem Aufbau einer Sammlung von Emaille-Schildern, die es als Spielart der Gebrauchsgrafik vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu großer Verbreitung brachten. Teile der Kollektion, die bis dato etwa 700 Objekte umfasst, waren 2021 in einer Ausstellung im Leipziger Grassi-Museum unter dem sprechenden Titel Von der Blechpest zur Sammelleidenschaft zu sehen. Nicht zuletzt und vor allem aber auch wird Gert Wunderlich als einzigartiger Buchkünstler und -gestalter in Erinnerung bleiben, worauf Pirckheimer-Freund und Vorstandschef des Leipziger Bibliophilen-Abends, Dr. Thomas Glöß, in einem Nachruf verweist. Wunderlich, dessen von ihm gestaltete Bücher Legion sind und zugleich Ausweis eines expressiven, zugleich fürsorglichen und dem Gegenstand dienlichen Umgangs mit Text und Grafik, war Ehrenmitglied des LBA und wird auch auf diese Weise unvergessen sein.  

(André Schinkel)

Do, 17.08.2023

Christine Becker und Armin Schubert im März 2023 bei der Lesung der "Bücherkinder" für Christa Wolf zum 94. Geburtstag in der Domaula zu Brandenburg. Am 25. September stellen sie die Arbeit der Kinder und das Projekt insgesamt am Beispiel des jüngsten Buchs der Gruppe, "Die Farben der Kindheit", in der Bibliothek der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg vor.

Vortrag zu „Bücherkindern“ in Neubrandenburger Bibliothek

Am 25. September 2023 um 19 Uhr findet in der Regionalbibliothek Neubrandenburg (Marktplatz 1, 17033 Neubrandenburg) auf Einladung der Uwe-Johnson-Gesellschaft und dessen Vorstand, Professor Dr. Carsten Gansel, ein Vortrag zu den Bücherkindern Brandenburg statt. Christine Becker und Pirckheimer-Freund Armin Schubert werden von der Arbeit der Kinder, speziell zum jüngsten Werk: Die Farben der Kindheit – Die Bücherkinder Brandenburg lesen, schreiben und illustrieren Franz Fühmann, Christa Wolf, Jurek Becker und Günter Grass, berichten und zum Gespräch bereitstehen. 2007 begann Armin Schubert, mit Kindern freie Geschichten zu schreiben und sie zu illustrieren. Seither ist eine Reihe von Büchern entstanden. Der Mentor der Bücherkinder Brandenburg und die Autorin und Herausgeberin Christine Becker präsentieren das Ende 2022 erschienene Buch zu Werken und Leben der vier Literaten. An ausgewählten Texten von 11- bis 12-jährigen werden die praktische Arbeit mit den Kindern, die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse sowie die Bezüge zu den literarischen Quellen dargestellt. Gefördert werden die Bücherkinder seit vielen Jahren von der Pirckheimer-Gesellschaft e. V.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Sa, 29.07.2023

Ganz neu in der Edition M & M: Ausgewählte Erotici von Alexander Puschkin, gestaltet und realisiert von Jürgen Meyer Jurkowski, mit neun eingebundenen und einem lose beiliegenden Zweifarb-Linolschnitt des Pirckheimers JMJ. | © Jürgen Meyer Jurkowski

Bibliophiles des Monats: Erotica Alexander Puschkins bei M & M

Es ist gewissermaßen Fortführung und Kreisschluss in einem: das neue Buch in der Edition M & M, kompiliert und gestaltet von ihrem Betreiber Jürgen Meyer Jurkowski. Einerseits vertieft der Hamburger Künstler und Pirckheimer-Freund mit dem Werk seine Exegese des weitläufigen Werks von Alexander Puschkin (1799–1837), des wohl größten und bedeutendsten Dichters, Romanciers und Erzählers in der russischen Literatur im frühen 19. Jahrhundert, mit dem zugleich die erste Vorhut der Moderne in die russischsprachige Kultur Einzug hält. In der Edition bzw. ihrem Umkreis erschienen bereits Der Sargmacher, Schneesturm und Der Schuss drei Novellen des Meisters, der selbst ein hochtragisches Schicksal erlitt, illustriert und grafisch begleitet von Meyer Jurkowski.

Zugleich setzt JMJ nach dem Vorgänger-Buch mit dem seinerseits sprechenden, aufreizenden Namen Sternzeichen-Fick-Info (2021, mit Versen des Romanautors Frank Schulz) mit dem nun wiederum hochexpliziten Titel Mach deine Beine breit ich bin dein Epitaph seine Vorliebe für Puschkin mit der (hier nun auch ihren Abschluss findenden) erotischen Phase der Edition M & M in Engführung. Worte, die man dem Klassiker und Verfasser der Ikonen Eugen Onegin und Die Hauptmannstochter nicht auf den ersten Blick zutraut nun aber es ist bekannt, dass Puschkin gern und auch im Erotischen, Geschlechtlichen verbal oft übers Maß und an die Grenze gehend lebte, und so gibt es einen nicht unerheblichen Bestand an Erotici aus seiner Feder. Sie liegen seit 1999 in einer von Michael Engelhard ins Deutsche gebrachten Sammlung im Insel Verlag vor. 

Überaus deftig und sinnenfroh geht es in dieser Werkgruppe Puschkins, die ähnlich einiger der Priapeia Johann Wolfgang von Goethes im Umkreis der Römischen Elegien wenige Jahrzehnte zuvor, den öffentlichen Gepflogenheiten der jeweiligen Epoche entsprechend, zensiert wurden und für anderweitige Aufregung zugleich sorgten. So ließen sich diese Texte lange, vor der adäquaten Übersetzung durch Engelhard, die auch die Grundlage der bei M & M vorliegenden Auswahl ist, nur in entschärften und geglätteten Fassungen lesen. Und gegenüber den doch immerhin stets um klassizistische Fassung ringenden Hexametern Goethes geht es bei Puschkin nicht nur zugreifend, nein, auch ironisch und frech zu. Das beglückende Geschlecht eines hohen militärischen Herrn etwa wird mit der Lupe gesucht, nein, schlimmer, mit einem Mikroskop ... als käme es auf die Größe an; ja, und so manche Sottise wird dem einen oder anderen zarten Gemüt vielleicht aufstoßen. 

Gleichzeitig steckt in diesen Versen, von denen der Meister nicht wenige hingeworfen und in mehr oder weniger privatimer Korrespondenz eingeflochten haben wird, eine Sinnenfreude und wahrhafte Lebens- und Liebens-Lust, dass es sich nicht ganz leicht mit dem zeitigen Ende Puschkins als Opfer eines von ihm geforderten Duells abstimmen lässt. Bis heute werden still Gerüchte genährt, der damalige Eklat war ein aus Lebensüberdruss inszenierter. Nun: Zu diesen Theorien ist das vorliegende Buch mit seinen höchst unbekümmerten Avancen ans Fleisch das vollständige Gegen-Programm. Das liegt auch in seiner gestalterischen Güte, Tiefe und Qualität. Puschkin-Verehrer Jürgen Meyer Jurkowski gibt den kleinen Verseinheiten auf den 26 Seiten von Mach die Beine breit Raum und zuweilen den Inhalt adelnde Schönheit, unterstrichen durch Festeinband, geprägten Einband und exklusiv beiliegendes Puschkin-Porträt, gehüllt in einen edlen Schutzumschlag

Dabei geht er in seinen neun eingebundenen Linolschnitten durchaus nicht weniger explizit vor, als es die literarische Vorlage gebietet. Auch in seinen Drucken schwingt alles in flächig-feiner, in erotischer Temperatur und Konfrontation in Schwarz, Grün und dem gedeckten Hell des Fonds, das durch die Ballungen und Findungen Meyer Jurkowskis blitzt. Den Erotica-Beigaben liegt am Ende des Buchs, das ein kleines Nachwort zu Entstehung und Form begleitet, lose besagtes Porträt im gleichen Format von 21 x 15 Zentimetern (bei einem Gesamt-Buchformat von 31,5 x 21 Zentimetern) bei. Das Werk wurde vollständig vom Künstler gestaltet und realisiert, bei einer nur kleinen Verkaufsauflage von lediglich 12 von Jürgen Meyer Jurkowski nummerierten und signierten Exemplaren mögen sich die Interessenten in Sachen Bibliophilie, künstlerische Erotik und Puschkiniana beeilen. Kontakt zum Künstler und Betreiber der Edition M & M besteht bei Interesse über die Mailadresse jmj.meyer@gmx.de. Ein aufregend-provokantes, schönes Buch.

Alexander Puschkin: Mach deine
Beine breit – ich bin dein Epitaph.
Mit 9 zweifarbigen Linolschnitten und
einem beigelegten Puschkin-Porträt
im gleichen Format (21 x 15 cm)
von Jürgen Meyer Jurkowski.
26 Seiten, SchU, Gewebeeinband
mit einfarbiger Deckelprägung.
Hamburg: Edition M & M 2023, 
12 Verkaufsexemplare, vom Künstler
nummeriert und signiert, 580 Euro.

(André Schinkel)

Do, 06.07.2023

Matthias Gubig: Plakat "Wir sind das Volk" von 1989.

Vortrag „Plakate aus der DDR“

Zum Vortrag Plakate aus der DDR laden die Magdeburger Pirckheimer am Sonnabend, 8. Juli 2023, um 14 Uhr ins Literaturhaus nach Magdeburg ein. Mit der Treuhänderin der Stiftung Plakat Ost, Dr. Sylke Wunderlich, konnten sie dafür eine ausgewiesene Kennerin der Plakatkunst der DDR als Referentin gewinnen. Sylke Wunderlich wird ihren Vortrag mit Projektionen von Beispielen aus der Stiftungssammlung eingehen, die von allgemeinen politischen Bekundungen über Film- und Theaterankündigungen bis zu Produktwerbungen für Kosmetika, Bekleidungsartikeln und optische Geräte reichen. Ein Schwerpunkt werden die Künstlerplakate sein, die ein wesentlicher und für Bibliophile besonders interessanter Teilbereich sind. Die in der DDR hochentwickelten grafischen Künste hatten hier ein Betätigungsfeld, auf dem ein breites Spektrum von Techniken und Stilen zur Anwendung gebracht wurde. Der Vortrag wird voraussichtlich bis 15.30 Uhr dauern. Die weiteren Informationen auf der Webseite des Hauses. Die Magdeburger Pirckheimer laden herzlich ein!

Vortrag Plakate aus der DDR
mit Dr. Sylke Wunderlich
Sonnabend, 8. Juli 2023, 14 Uhr
Literaturhaus Magdeburg
Thiemstraße 7
39108 Magdeburg

(Ralf Wege)

Fr, 16.06.2023

Kerem Saltuks (hier vor dem "Babylon" am Abend der Vorführung) Film zu Leben, Werk und Wirken Werner Klemkes wurde am 15. Juni 2023 in Berlin gezeigt.

Werner-Klemke-Film im Babylon

Am gestrigen 15. Juni wurde Kerem Saltuks vielbeachteter Film Werner Klemke. Ein Weißenseer Künstler mit großem Erfolg im Berliner Babylon gezeigt. In seinem Porträt geht Saltuk dem Leben, Werk und Wirken des Meisters nach, befragt dazu Angehörige, Weggefährten und Bekannte des aus Berlin-Weißensee stammenden Malers, Grafiker und Lehrers, der seinerzeit zu den Begründern der Pirckheimer-Gesellschaft zählte und dessen Arbeiten bis heute hochbegehrte Sammelobjekte im originalgrafischen, bibliophilen, publizistischen und philetalistischen Bereich sind. Generationen wuchsen mit Klemkes Illustrationen und der langjährigen Cover-Gestaltung für Das Magazin durch den Künstler auf. Erst nach seinem Tod wurde bekannt, dass Klemke im Zweiten Weltkrieg zahlreichen jüdischen Menschen die Existenz rettete ... der große Künstler war zugleich ein Held.

(André Schinkel)

Mo, 12.06.2023

Am 18. Juni 2023 geht die "Palmbaum"-Ausstellung auf Schloss Burgk bei Schleiz mit Goethe-Erotica-Lesung, einem Künstlergespräch und Musik zu Ende.
Dr. Jens-Fietje Dwars | © Sylwia Mierzynska

Palmbaum und Erotica: Finale der Ausstellung auf Schloss Burgk

Am Sonntag, den 18. Juni 2023, geht die Palmbaum-Ausstellung auf Schloss Burgk zu Ende. „Wahre Wunderkammern“, nennt sie Volker Braun. Gemeint sind die Ausgaben der Zeitschrift Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen. 1993 von Detlef Ignasiak gegründet, übernahm 2005 der Jenaer Autor Jens-Fietje Dwars die Redaktion. Seitdem werden die Einbände von Künstlern gestaltet. Die Spannweite reicht von Gerhard Altenbourg, Angela Hampel über Moritz Götze, Gerda Lepke und Gerd Mackensen bis zu Uwe Pfeifer, Max Uhlig und Baldwin Zettl

Das 30-jährige Bestehen begeht die Zeitschrift mit einer Ausstellung im Schloss bei Schleiz. Sie zeigt 300 Objekte in fünf Räumen, alle Einbände und ihre originalgrafischen Vorlagen, dazu sämtliche Hefte, Künstlerbriefe von Karl-Georg Hirsch, Hans Ticha und Strawalde, Manuskripte von Volker Braun, Reiner Kunze und Wulf Kirsten sowie erstpublizierte, exklusive Autografen von Gottfried Benn und anderen. Im Pirckheimer-Kabinett sind Grafik-Mappen und Beilagen der Marginalien zu sehen, und ein erotisches Kabinett präsentiert Zeichnungen von Gerd Mackensen.

Zum prickelnden Vergnügen wird das Finale der Ausstellung am 18. Juni: 70 Jahre und einen Tag nach dem DDR-Arbeiteraufstand wird der „Aufstand der Leiber“ gefeiert – in der Kunst. Ab 15 Uhr lesen die Schauspielerin Romy Gehrke und Ausstellungsmacher Jens-Fietje Dwars aus Goethes Erotica, die 150 Jahre lang zensiert, unterdrückt und verstümmelt wurden. Auf den „kastrierten Klassiker“ folgt ein Gespräch mit Gerd Mackensen über erotische Kunst heute. Dazu passend spielt Matthias von Hintzenstern Klavier und Cello. Sein Bruder Michael von Hintzenstern gibt bereits ab 14 Uhr ein kleines Konzert auf der Silbermann-Orgel in der Schlosskapelle von Burgk.

Ein Porträt des Malers Gerd Mackensen findet sich auf dem Cover des Buchs zur Ausstellung: Ateliergespräche. Porträts ostdeutscher Bildermacher, erschienen in der Edition Ornament, quartus-Verlag Bucha bei Jena. Im Übrigen ist Schloss Burgk immer eine Reise wert: Hoch über der Saale-Talsperre, rings von Wäldern umgeben, lädt es zu Wanderungen ein und verkörpert Baugeschichte von der Mittelalter-Burg bis zur Kleinststaaten-Residenzkultur des 19. Jahrhunderts ... Und auch das jüngste Heft des Palmbaum ist noch lieferbar: Gewidmet der großen Frage, worin denn (wahrer) Reichtum besteht, lohnt sich die Lektüre der Zeitschrift auf jeden Fall. Willkommen in Burgk!

(Pressemitteilung/Jens-Fietje Dwars)

Fr, 02.06.2023

Kerem Saltuks Film "Werner Klemke. Ein Weißenseer Künstler" wird am 15. Juni im Babylon Berlin gezeigt.

Klemke-Film im Babylon Berlin

Gute Nachricht für alle Klemke-Fans und die es noch (daran führt gar kein Weg vorbei) werden: Kerem Saltuks 70-minütiger Dokumentarfilm Werner Klemke. Ein Weißenseer Künstler kommt zu weiteren Aufführungsehren in Berlin. Das Porträt des großen und bis heute hochgeschätzten Malers, Grafikers, Vermittlers, ja, und Helden des stillen Widerstands, der seinerzeit auch zu den Gründungsmitgliedern der Pirckheimer-Gesellschaft gehörte, wird am 15. Juni um 19.30 Uhr im Babylon in Berlin (Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin) gezeigt. Werner Klemkes (1917–1994) Tochter Christine Klemke und sein Enkel W. Gregor Klemke kommen ebenfalls zur Vorführung und werden mit dem Regisseur nach dem Ende des Films ein Gespräch führen. Alle weiteren Infos finden sich auf der Webseite des Babylon. Denn so soll es doch sein: Ehre, wem Ehre gebührt!

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mo, 29.05.2023

Claudia Berg: “Canal Grande" (am Ca’ d’Oro, Venedig), Kaltnadelradierung, entstanden 2021 und 2022.
Claudia Berg: “Blick zu Santa Maria della Salute" (am Canal Grande, Venedig), Kaltnadel, 2021/2022.
Claudia Berg: "Blick zum Palazzo Balbi" (Venedig, am Canal Grande), Kaltnadelradierung 2021/2022.

Claudia Berg: Reise nach Venedig

Reise nach Venedig: Sie darf mit Fug und Recht als eine der bedeutendsten Grafikerinnen gelten, die der kulturellen Großlandschaft Mitteldeutschland entstammt: Claudia Berg, deren Werk mittlerweils weit über den deutschsprachigen Raum hinaus wirkt. Die vielfach – so 2022 mit dem renommierten Hans-Meid-Preis – Geehrte stellt noch bis zum 15. Juni in der halleschen Galerie Erik Bausmann (Martha-Brautzsch-Straße 13, 06108 Halle an der Saale) aus. Zu sehen sind venezianische Blicke in Zeichnung, Öl und ihrer Meistertechnik, der Kaltnadelradierung

Das Ausstellungshaus, 1990 in Mainz gegründet, residiert seit 2019 in der Saalestadt und widmet sich den Großen in der Bildenden Kunst der Moderne bis den Weitblickenden der Gegenwart. Im Kanon Bausmanns ist Claudia Berg eine der Stammkünstlerinnen – das Gros ihrer jüngeren, sich technisch erheblich aufweitenden Arbeiten wurde erstmals hier gezeigt, wie eine beeindruckende Reihung an Exhibitionen im Archiv beweist. Der jüngste Katalog der Galerie vereint ihre Bilder in Öl, einer wie auch die übermalten Radierungen noch recht jungen Werkstrecke in ihrem Œuvre.

Darin finden sich wiederum zahlreiche der Venedig-Motive, die ihre Arbeit an- und umtreiben. In der Schau kombinieren sie sich mit den Sepiatuschzeichnungen und Radierungen der Hallenserin, die nach dem Studium und der Meisterschülerzeit an der Burg Giebichenstein (die Künstlerin studierte bei Thomas Rug, sicher eines der bedeutendsten Grafik-Lehrer der letzten Jahrzehnte, aus dessen Lehre weitere bedeutende Künstlerinnen wie Claudia Bergs Schwester Susanne Theumer, Franca Bartholomäi, Andrea Ackermann oder Sara Möbius hervorgingen) mit zahlreichen Zyklen, Mappen und originalgrafischen Büchern sowie Buchcovern an die Öffentlichkeit trat. 

Immer wieder gibt es darin Bezüge zu ihrer Herkunft und zur Literatur. Beeindruckend sind ihre Folgen zum Mansfeld etwa oder zu Lessing. Seit einigen Jahren nun hat Claudia Berg den Süden entdeckt, ist Italien ihre künstlerische Herzensheimat geworden. Und das ihr ganz eigene Prinzip „Verdichtung durch Reduktion“ wechselte auch in andere Genres: Aquarelle entstanden, übermalte Drucke, seit etwa drei Jahren auch Gemälde. Eben die letztere Transformation sieht Helmut Brade, der große hallesche Plakatkünstler und Freund, in seiner Laudatio zur Schau als folgerichtig an:

„Sie hatte einen Punkt erreicht, wo eine Steigerung nicht mehr ohne weiteres möglich war. Die Steigerung war eben Italien und die Farbe. Das führte unausweichlich zur Malerei. [] Und nun noch Venedig, eine Stadt der Nebel und Spiegel, eine Stadt aufgelöster Bildwelten, das Gläserne und das Spitzenhafte, eine Stadt des magischen Lichts und der Unschärfe, wo die Konturen im Licht der Farbe untergehen. Für sie war das“, so Brade, „ein Geschenk im richtigen Augenblick.“

Nun, auch einen Eindruck von ihren meisterlichen Kaltnadelradierungen (vgl. den Bildteil) muss man sich verschaffen. Die Ausstellung in Halle ist noch bis zur Mitte des kommenden Monats von Montag bis Freitag von 12 bis 18 Uhr und sonnabends von 11 bis 14 Uhr zu sehen. Und im Übrigen ist Claudia Bergs Kunst zudem Teil der Edition Pirckheimer – in der zweiten Folge der bibliophilen Publikation der Pirckheimer-Gesellschaft, die auf der Leipziger Buchmesse im April 2023 der Öffentlichkeit präsentiert wurde, ist die Grafikerin mit einem Blatt vertreten. 

(André Schinkel)

Sa, 13.05.2023

Neben einem umfangreichen eigenständigen Werk schuf Hirsch immer wieder Grafiken zu Büchern und Texten im regulären und bibliophilen Bereich, hob auch selbst Editionen aus der Taufe. Als Beispiel mag eine der vielen Zusammenarbeiten mit Manfred Jendryschik gelten, in "Die Sichelfrau", erschienen 2021 im Mitteldeutschen Verlag, kommunizieren die Künste Literatur und Grafik regelrecht miteinander.

Karl-Georg Hirsch: 85. Geburtstag

Einer der großen Grafiker unserer Zeit feiert heute seinen 85. Geburtstag: Karl-Georg Hirsch. Geboren 1938 in Breslau, studierte K.-G. Hirsch nach bestandener Ausbildung zum Stuckateur bei Gerhard Kurt Müller an der legendären Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB), der Akademie, die er später als Dozent, Werkstattleiter, Professor und Dekan erheblich mitprägen sollte. Sein umfangreiches und unverkennbares Werk umfasst neben seiner meisterlichen, ja, und Hauptgattung, dem Holzstich, auch andere Formen: Radierung, Holzschnitt vor allem, aber er schuf auch eine Vielzahl Zeichnungen und Schabblätter; nun, und auch sein Briefwechsel mit zahlreichen Freunden, Kollegen, Sammlern und Verehrern muss an und für sich als eigenständiges Genre in sein Opus einberechnet werden. Hirsch, der als Lehrer auf eine erhebliche Schüler- und Meisterschülerschaft, die sich alle längst selbst einen guten Namen in der Szene verdienten, zurückblicken kann, lebt heute außer in Leipzig vor allem in Narsdorf in der sächsischen Provinz. Nach wie vor entstehen eine Vielzahl Arbeiten, als Einzelgrafiken oder Serien, aber auch und vor allem im Zusammenklang mit Literatur, der er stets einen eigenen Klang beifügt. Bücher, für die Hirsch Grafik fertigte, erschienen in vielen renommierten Reihen und Verlagen, so u. a. etwa in der Insel-Bücherei, in der Edition Ornament oder im Mitteldeutschen Verlag. Längst kann der Künstler auf eine Reihe Würdigungen (etwa den Gutenberg-Preis 2011) und Werkverzeichnisse zu den verschiedenen Metiers seines Wirkens blicken, auf Mappenwerke und Widmungen ihm zu Ehren. Die in Kürze erscheinende Ausgabe 249 der Pirckheimer-Zeitschrift Marginalien würdigt den Meister mit der Fortführung des Verzeichnisses seiner buchgrafischen Arbeiten der Jahre 2008 bis 2022, erstellt von Gerhard Rechlin. Für die Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft wird dem Heft zudem Hirschs Holzschnitt Engel beiliegen, gedruckt von Bettina Haller in Chemnitz. Und auch von hier gehen am heutigen 13. Mai, Hirschs Ehrentag, die allerbesten Wünsche an ihn! 

(André Schinkel)

"Die Kunst des Sammelns", hier Band 6: Jens Henkel.

Gesprächsabend über „Die Kunst des Sammelns“ in Magdeburg

„Ein Sammler ... ist genauso Opfer seiner Passion wie der Künstler. Verwandte Seelen eben.“ Dieses Zitat von Till Schröder, dem Chefredakteur der Marginalien, der Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie der Pirckheimer-Gesellschaft, charakterisiert vorwegnehmend den Abend, zu dem die Magdeburger Pirckheimer herzlich einladen. Am Mittwoch, 17. Mai, ab 19 Uhr widmen sie sich im Literaturhaus Magdeburg (Thiemstraße 7, 39104 Magdeburg) der „Kunst des Sammelns“.

Dazu haben sie den Künstler Hartmut Robert Andryczuk aus Berlin eingeladen, der in seinem Hybriden-Verlag seit 2015 eine Reihe von Künstlerbüchern über und mit bedeutenden Sammlern herausgibt. Darunter sind Privatsammler wie Helmut Mayer und Peter Zitzmann oder Sammler mit beruflichen Hintergrund wie Michael Lailach, Kurator und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Staatlichen Museen zu Berlin und Leiter der Sammlung Buchkunst in der Kunstbibliothek oder der Historiker und Verleger Jens Henkel (Burgart-Press) aus dem ostthüringischen Rudolstadt.

So verschieden die Sammler-Persönlichkeiten sind, so unterschiedlich sind ihre Schwerpunkte beim Sammeln von Künstlerbüchern. Beispielsweise lernen die Leser im Band 5 von bisher acht in der Reihe erschienenen Bänden die Niederländer Serge Stommels und Albert Lemmens kennen. Sie besitzen eine der umfangreichsten Sammlungen russischer Künstlerbücher. Anders Wulf D. von Lucius. Er bringt in Band 2 dem Bücherfreund Themenkomplexe wie Buch-Kunst-Objekt, Antiqua-Schriften, William Morris, Bibliophiler Lokal-Patriotismus oder Buchkunst in den USA näher.

Die Bücher von Hartmut Robert Andryczuk sind dabei selbst Kunstwerke, deren Text Andryczuk meistens mit Originalzeichnungen ergänzt. Eine Künstleredition, die ihre Sammler bereits gefunden hat. Bei einer Auflagenhöhe von 30 sind die Exemplare begehrt und nicht jedes Buch mehr erhältlich. Alle weiteren Informationen im Veranstaltungskalender des Literaturhauses.

(Ralf Wege)

Do, 04.05.2023

Das Domizil der Pirckheimer-Gesellschaft in Halle 2 (Stand E503) der Leipziger Buchmesse. | © R. Wege
Klaus Süß signiert das Roll-up am Stand der Pirckheimer-Gesellschaft, das seinen Holzschnitt "Schwestern" als Motiv hat. | © Katrin Aepler
Die Brandenburger "Bücherkinder" lesen aus ihrem neuen Buch "Die Farben der Kindheit". | © R. Wege
Herausgeber Jens-Fietje Dwars (r.) und Vorstand Matthias Haberzettl stellen auf der Leipziger Buchmesse die zweite Grafikmappe der "Edition Pirckheimer" vor. Im Bild der Holzschnitt "Letzter Tanz" von Karl-Georg Hirsch. | © R. Wege

Nach der Buchmesse: Die Lust auf schöne Bücher ist ungebrochen

Dem Interesse an schönen Büchern und dem Bedürfnis, mit anderen Sammlern in einen Austausch zu kommen, haben drei Jahre ohne Leipziger Buchmesse nichts anhaben können“, so das Fazit von Till Schröder, stellvertretender Vorsitzender der Pirckheimer-Gesellschaft. Im Gegenteil: Nach der coronabedingten Pause habe man am Stand eher das Gefühl gehabt, dass die Besucher es kaum erwarten konnten, in Leipzig endlich wieder in die Welt der Bücher und der Literatur eintauchen zu können. Beweis sind für ihn nicht nur die vielen Gespräche mit Freunden von Buch und Grafik, sondern vor allem das halbe Dutzend Buchliebhaber, die direkt am Stand der Pirckheimer in den Verein eingetreten sind. Außerdem könne es gut sein, dass noch der eine oder andere Interessent in den folgenden Tagen nach dem Besuch am Messestand zu den Pirckheimern dazustoßen wird. Ein Pirckheimer-Freund, der Künstler Klaus Süß, nahm die Messe zum Anlass, einen Roll-Up der Gesellschaft, auf dem eines seiner Motive prangt, nachträglich zu signieren.

Vier Tage lang haben sich in Halle 2 die Pirckheimer*innen Katrin Aepler, Thilo Berkenbusch, Matthias Haberzettl, Matthias Koloßa, Jutta Osterhof, Hans Rabenbauer und Till Schröder den „Standdienst“ geteilt. Vor allem die Marginalien seien auf Interesse gestoßen, so Matthias Haberzettl. Viele der Besucher seien überrascht gewesen, dass es eine Zeitschrift gibt, die sich explizit den Themen Buchkunst und Bibliophilie verschrieben hat. Für einige jüngere Besucher war es ein Aha!-Erlebnis: „Dass es dieses Wort Bibliophilie gibt, habe ich hier auf der Messe zum ersten Mal gehört“, sagte eine Schülerin erstaunt. Nicht nur etliche Exemplare der Marginalien, auch Jahresgaben oder andere Publikationen der Pirckheimer-Gesellschaft haben nach der Messe auf der Leipziger Neuen Messe vom 27. bis 30.04. ein neues Zuhause gefunden.

Mit zwei Veranstaltungen am Messesonnabend haben sich die Pirckheimer am Lesefest Leipzig liest beteiligt. Zunächst waren am Vormittag die Bücherkinder Brandenburg auf Einladung der Pirckheimer angereist, um ihr jüngstes Buch Die Farben der Kindheit vorzustellen. Dafür haben sich die Bücherkinder ausführlich mit der Kindheit der Schriftsteller Jurek Becker, Franz Fühmann, Günter Grass und Christa Wolf während der Zeit des Nationalsozialismus befasst und dazu literarisch und bildkünstlerisch artikuliert. Für das im bibliophilen Sinne wichtige Zusammenspiel von Text und Abbild konnten sie mit Klaus Süß, Moritz Götze, Rainer Ehrt, Sven Großkreutz und Katrin Stangl fünf bekannte Grafiker gewinnen, je eine Arbeit zu diesem Buch zu schaffen. Die Kinder lasen aus ihren Texten, und „Büchervater“ Armin Schubert zeigte dazu die jeweiligen Grafiken der Kinder beziehungsweise der Künstler. Abgerundet wurde die Lesung mit einem Gespräch zwischen Elżbieta Palasz aus Gdańsk, die ein Buch über die Danziger Kindheit von Günter Grass verfasste, und Thomas Weiler, der dieses Buch unter dem Titel Bucheckern, Bernstein, Brausepulver ins Deutsche übersetzt hat. Das Interesse an der Veranstaltung war groß. Die Besucher saßen dichtgedrängt im Lesepavillon und standen auch am Eingang, um bei der Lesung dabei zu sein. Zum Schluss gab es nicht nur Applaus für die Bücherkinder, sondern auch Buchgeschenke, die Matthias Haberzettl, Vorstand der Pirckheimer-Gesellschaft, überreichte.

Am Nachmittag um 15 Uhr ging es für die Pirckheimer zum Forum Sachbuch, um dort die zweite Grafikmappe der Edition Pirckheimer vorzustellen. Das übernahm gemeinsam mit den Vorständen Matthias Haberzettl und Till Schröder Jens-Fietje Dwars, der bereits die erste Mappe im Auftrag der Pirckheimer-Gesellschaft herausgegeben hatte. Mit Sachkenntnis und sehr unterhaltsam stellte Dwars die sieben Blätter der Edition vor. Dabei ging es sowohl um die künstlerischen Techniken wie Holzschnitt, Radierung, Algrafie, Aussprengtechnik oder Ätzradierung, als auch um die Künstlerinnen und Künstler selbst. Dabei konnte er auf seine eigenen Besuche in den Ateliers der Künstler zurückgreifen, die er zudem als Buch in der Reihe Edition Ornament unter dem Titel Ateliergespräche herausgegeben und direkt von der Druckerei zur Messe mitgebracht hat. Und nach vier abwechslungsreichen Messetagen sind sich die Pirckheimer einig, auch im kommenden Jahr auf der Leipziger Buchmesse den Gedanken der Bibliophilie in die Welt tragen zu wollen.

(Ralf Wege)

Mi, 03.05.2023

Großes Interesse für einen großen Weißenseer: Vor der Premiere von Kerem Saltuks Klemke-Porträt.
Tochter Christine Klemke, Enkelin Friederike Klemke.
Andrang bei Till Kaposty-Bliss am "Magazin"-Stand.
Mit dabei: Jutta Osterhof und Matthias Haberzettl. | © für alle Fotos: Kerem Saltuk/Gregor W. Klemke

Filmpremiere in Weissensee: Werner Klemke im Porträt

Berlin-Weißensee: Nicht nur der Ort, der einer Fernsehserie den Namen gab, Sitz einer überaus traditionsreichen Kunsthochschule, oder neuester Hotspot im Karussell Berliner Immobilien-Projekte, sondern auch Geburts- und Lebensort eines besonderen Pirckheimers: Werner Klemke. Der bekannte Illustrator, Buchgestalter, Gebrauchsgrafiker und Professor gehörte zu den fünf Mitgliedern des Gründungskomitees der Pirckheimer-Gesellschaft im Jahr 1956. Unser Signet verdanken wir ihm. Und nun, nachdem wir vor einigen Jahren durch den Treffpunkt Erasmus einiges über seine klandestine und später von ihm nie erwähnte Fälscherarbeit zur Rettung von Juden in den Niederlanden im Zweiten Weltkrieg erfuhren, gibt es einen zweiten Film, Ein Weißenseer Künstler: Werner Klemke, über den 1994 verstorbenen Meister. Er feierte am 21. April im Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel in eben jenem Weißensee Premiere.

Dem türkischen Fotograf und Dokumentarfilmer Kerem Saltuk gelingt ein sehr persönlicher Blick auf Klemke. Saltuks kleiner Sohn geht in die Malschule von Klemke-Tochter Christine – immer noch in der alten Wohnung von Werner Klemke. Für den Mann aus Izmir, der in Kanada Film studierte und über Stuttgart mit seiner deutschen Frau nach Berlin-Weißensee zog, ein bis dahin vollkommen unbekannter Name. Eine kurze Google-Recherche führt geradewegs in eine veritable Sammelleidenschaft und die filmische Auseinandersetzung mit dem Künstler. Aus vielen Interviews, vor allem mit Mitgliedern der Familie, aber auch ehemaligen Studierenden, Hochschul-Kollegen und Sammlern wie Matthias Haberzettl entstand über zwei Jahre eine Annäherung aus Anekdoten, bildlicher Überlieferung (auch mit Super-8-Filmen der Familie) und vielen Büchern, in die parallel zum Erzählten hineingeblättert wurde. 

Im völlig ausverkauften Saal des restaurierten ehemaligen Kulturhauses klatschten die 300 Zuschauer begeistert über Amüsantes: Werner Klemke lässt sich am Telefon von seinen Kindern bei Bedarf vor unliebsamen Auftraggebern verleugnen, schmuggelt bei einem Empfang unter die erwünschten Orden am Revers eine Anstecknadel in Form einer Möwe mit dem Schriftzug „Gruß aus Hiddensee“; ja, und er verbietet den Kindern den Umgang mit seinen „guten Pinseln“, was die pflichtgemäß ignorierten … Auch das Leben im Schatten des berühmten Vaters thematisierten die Kinder, die Arbeitslast des Vaters, der zu keinem Auftrag Nein sagen konnte – sicherlich auch ein Faktor für die immense Präsenz von Klemke in der visuellen Umwelt der DDR von Briefmarke über Schulbücher bis zur Fernsehgrafik. Am Klemke-Büchertisch des Pirckheimers Thomas Döring konnten sich die Zuschauer nach dem Film selbst ein Bild machen. Viele Klassiker fanden ein neues Heim – auch ein paar Marginalien mit Werner Klemkes Willibald Pirckheimer auf dem Cover.

Saltuk zeichnet verschiedene Einflüsse Klemkes nach, besonders dessen Wertschätzung der Renaissance und den Fokus auf handwerkliche Präzision. Doch was bleibt, ist nicht allein ein Überblick über das Werk oder die kulturpolitischen Spuren Klemkes, sondern ein beeindruckender Blick auf die Person Werner Klemke – weltoffen, begeisternd, humorvoll, unterstützend. Man kann nur hoffen, dass der Film einen Vertrieb oder eine DVD-Fassung finden wird. Am 25. Mai wird er aufgrund großer Nachfrage noch einmal im Zentrum gezeigt (19 Uhr, Eintritt: 5 Euro). 

(Till Schröder)

Fr, 28.04.2023

27.04.23, Halle 2, E503: erster Publikumsbetrieb am Stand der Pirckheimer-Gesellschaft. | © Till Schröder

Leipzig: Buchmesse-Impressionen

Großes Aufatmen angesichts des Betriebs auf der nach drei Jahren Corona-Pause wiedereröffneten Leipziger Buchmesse – bereits an den ersten beiden Tagen des Groß-Events zeichnet sich ein enormes Interesse für die Präsentation der neuesten Bücher auf dem Neuen Messegelände wie beim Begleit-Festival Leipzig liest ab. Auch standen der Donnerstag und der Freitag im Zeichen der fünf zu vergebenden Preise, die mit dem Ereignis verbunden sind: des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung für Marija Stepanowas Lyrik, die Preise der Leipziger Buchmesse für Dinçer Güçyeter (in der Rubrik Belletristik), Regina Scheer (Sachbuch/Essayistik) und Johanna Schwering (Übersetzung) sowie, heute ganz frisch vergeben, des Kurt-Wolff-Preises für den Berliner Alexander Verlag. Auch in Halle 2, die mit ihrer Abteilung für die bibliophilen Segmente des Publikations- und Sammelmarkts das Buchmesse-Mekka für alle der schönen, edlen und/oder originalgrafischen Veröffentlichung Zugetanen darstellt, ist von Beginn der Veranstaltung an ein starkes Interesse zu verzeichnen. Mittendrin die Pirckheimer-Gesellschaft – an Stand E503 zeigt sie ihre Publikationen, informiert zu ihrer überregionalen Arbeit, lädt zum Gespräch ein und bietet am Sonnabend zwei Veranstaltungen: die Lesung mit den Bücherkindern Brandenburg (11 Uhr, Halle 3, Stand B400) und der Präsentation der zweiten Folge der Edition Pirckheimer (15 Uhr, Halle 2, C600). Auch die neueste Ausgabe der Marginalien (Heft 248), der Zeitschrift der Gesellschaft sowie deren Jahresgaben (darunter die jüngste für 2023 im Mitteldeutschen Verlag erschienen) können in Augenschein genommen werden. Gut, dass wieder Buchmesse ist in Leipzig.

(André Schinkel)

Mi, 26.04.2023

Endlich wieder Buchmesse und "Leipzig liest": vom 27. bis 30. April! | © www.leipziger-buchmesse.de

Vorfreude auf die Buchmesse

Pünktlich um 10 Uhr öffnet am Donnerstag, den 27. April, die Leipziger Buchmesse wieder ihre traditionsreichen Pforten. Endlich, möchte man sagen, ja, denn nicht oft in ihrer jahrhundertelangen Geschichte machte ihr ein dräuendes Welt-Ereignis wie die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Ganze dreimal wurde die als Publikums-Messe unschlagbare Vier-Tage-Veranstaltung von 2020 bis 2022 abgesagt. Nun aber mögen die lese- und eventhungrigen Massen wieder strömen auf das Neue Messegelände in der Zwei-Flüsse-Stadt in der Tieflandsbucht. Und auch das große Beiprogramm Leipzig liest wird die ganze Stadt mit einer langen Reihe hoch- und höchstkarätiger Veranstaltungen versorgen, dass es eine wahre Freude für jeden Freund der Literatur ist. Gastland ist in diesem Jahr Österreich, im Laufe des ersten Vormittags werden die Gewinner des Preises der Leipziger Buchmesse 2023 bekanntgegeben. Auch für das Sammler-Herze wird wieder gesorgt sein: In Halle 2 erwarten die*den Bibliophile*n Grafik und Buchkunst vom Feinsten. Am Stand E503 in eben jener Halle präsentiert die Pirckheimer-Gesellschaft ihre und die Arbeit ihrer über 600 Mitglieder, lädt zu Wiedersehen und Gespräch. Auch zwei Veranstaltungen finden unter der Ägide der Gesellschaft am 29.04. statt: um 11 Uhr mit den Bücherkindern (Halle 3, Stand B400) und um 15 Uhr mit der zweiten Folge der Edition Pirckheimer (2, C600) mit feinster Originalgrafik namhafter Künstlerinnen und Künstler. Und auch das neue Marginalien-Heft wird zu sehen sein. Das vollständige Programm auf der Webseite der Messe. Ja, es ist Buchmesse ... auf nach Leipzig!

(André Schinkel)