Pirckheimer-Blog

Nachruf

Sa, 05.04.2014

Werner W. Kießig (1924 - 2014)

Werner W. Kießig wurde 1924 in Berlin geboren und machte 1948 seine Meisterprüfung im Buchbinderhandwerk. Von 1956 bis 1965 arbeitete er als Buch-und Papyrusrestaurator an den Staatlichen Museen zu Berlin und der Deutschen Akademie der Wissenschaften als freier Mitarbeiter bei Dr. Rolf Ibscher. Seit 1960 ist Werner Kießig Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft. Nach einem künstlerischen Grundstudium an der Hochschule Burg Giebichenstein und an der Kunsthochschule Berlin wurde er 1967 Mitglied im Verband Bildender Künstler Deutschlands (VBK) und in der Internationalen Vereinigung «Meister der Einbandkunst», wo er 1982 Präsidiumsmitglied wurde. Seit 1965 war Werner W. Kießig in Berlin Hohenschönhausen freiberuflich als Buchbinder im Atelier für Bucheinband, Ledergestaltung, Restaurierung und Prägedruck tätig. 2007 ernannte ihn die Vereinigung «Meister der Einbandkunst» zum Ehrenmitglied. Werner W. Kießig starb nach schwerer Krankheit in Berlin.
Die Beerdigung findet am Mittwoch, dem 9. April 2014 um 13:30 Uhr auf dem Oranke-Friedhof,  Friedhofstr. 14 in 13053 Berlin (Alt-Hohenschönhausen) statt.

1 Kommentar:

hat gesagt…Ein großer Verlust für die Kunstbuchbinderei in Deutschland und überhaupt. Ich hatte mit Ihm im letzten Jahr korrespondiert wegen meiner Recherchen um Ernst Collin und hatte zuletzt von Ihm am 11.3 kommuniziert als er krankheitsbedingt von der Stolpersteinverlegung absagen musste. Meine Gedanken sind mit Ihm und seiner Familie.
Peter D. Verheye06. Juli 2014

Mo, 31.03.2014

Karin Kramer (1939 - 2014)

Karin Kramer, Frankfurter Buchmesse 2007
Foto (c) Ralf Landmesser
Am 20. März 2014 ist in Berlin die Verlegerin Karin Kramer (geb. Höpfner, 09.11.1939) im Alter von 74 Jahren gestorben.
Karin Kramer hatte seit Anfang der 1970er Jahre zusammen mit ihrem Mann Bernd Kramer den nach ihr benannten Buchverlag in Berlin-Neukölln betrieben, der für viele seiner Leserinnen und Leser zum Synonym für anarchistische Literatur werden sollte. Über vier Jahrzehnte haben Karin und Bernd mit ihren Buchveröffentlichungen maßgeblich dazu beigetragen, dass auch im deutschen Sprachraum neu und vermehrt über Anarchie und Anarchismus nachgedacht und diskutiert wurde. Niemals zuvor war das Angebot an deutschsprachiger anarchistischer Literatur so groß und thematisch vielfältig wie heute, und das ist nicht zuletzt auch Karin Kramer und dem nach ihr benannten Verlag zu verdanken, auch wenn in einem Nachruf in der
taz konstatiert werden musste: "Dennoch ist er vielen im oft nur geschäftstüchtigen Literaturbetrieb noch immer kein Begriff. Das liegt weniger an Kramers Verlagsprogramm als an der immer weiter abnehmenden Neugierde des Buchhandels und des Feuilletons." Und die taz würdigt Karin Kramer: "Dabei hat der Verlag in vielfacher Hinsicht Geschichte geschrieben – auch mit Geschichten. Beispielsweise erschienen hier Texte von Thomas Kapielski und Karsten Krampitz, Bert Papenfuß’ Rumbalotte-Gedichte sind hier gesammelt zu erwerben.
Zugleich ließ Karin Kramer die Romane von Roland Topor und die Texte von Jim Morrison übersetzen. Vor allem aber waren hier unzählige Bücher von Bakunin, Kropotkin, Malatesta, Landauer und Mühsam zu finden ...
"

Di, 11.03.2014

Dr. Christoph Weismann (1940 - 2014)

Dr. Christoph Weismann, Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft, ist am 13. Februar verstorben. Der lebensfrohe, belesene, seinen Mitmenschen und der Wissenschaft stets zugewandte Theologe ist Vielen lebhaft in Erinnerung. Er wurde in Stuttgart geboren, am 24. November 1940 - es war ein Sonntag, das hat er in seinem Lebenslauf selbst so vermerkt. Sein Vater war damals Pfarrer in Ölbronn bei Maulbronn. Aufgewachsen in einem liberalen, christlichen Haushalt war ihm früh klar, dass auch er einmal Pfarrer werden wollte. Er promovierte über den Haller Reformator Brenz. Weismanns Fachkompetenz in Sachen Spätmittelalter und Reformation - seine Bibliothek umfasste tausende Bücher - war auch bei Halls Historikern und beim Historischen Verein für Württembergisch Franken hoch geschätzt. Der frühere Kreisarchivar Hans Peter Müller würdigt ihn als bescheidene, zurückhaltende, liebenswürdige, unprätentiöse, offene und hilfsbereite Persönlichkeit mit enormem Wissen: "Man konnte ihn immer fragen."
Mit der Haller Michaelskirche, wo Brenz vor fast 500 Jahren gepredigt hatte, fühlte sich Weismann immer tief verbunden. Im Ruhestand wollte er an sein früheres Forscherleben anknüpfen, die großen Bibliotheken in Tübingen anzapfen. Denn zu seiner Dissertation sollte noch eine Bibliographie erscheinen. Bis zuletzt hat er daran gearbeitet - und konnte sie doch nicht vollenden.
(Bettina Lober)
 
Auszug aus dem Hallener Tagblatt, 18.2.2014

Mo, 03.02.2014

Pierre Garnier (1928 - 2014)

Der französische Poet und Künstler Pierre Garnier ist am 1. Februar in Saisseval (Picardie) gestorben.
Der Hybriden-Verlag verliert einen großartigen Künstler und Freund.
Ich kenne Pierre Garnier seit Anfang der 1990er Jahre. Seitdem sind viele Künstlereditionen mit ihm entstanden.
Zwei mal besuchte ich ihn und seine Frau Ilse Garnier in Saisseval in der Nähe von Amiens. Bei meinem letzten Besuch um die Jahrtausendwende sprach er bereits heiter von der Gegenwärtigkeit seines Todes. Der ließ noch lange auf sich warten – und trat erst 15 Jahre später ein.
In den letzten Jahren schlief unser Kontakt etwas ein und die gegenseitigen Sendungen wurden weniger.
Geblieben ist jetzt eine umfangreichere Sammlung seiner großartigen Kunst und Poesie und die Erinnerungen an einen sehr besonderen und offenherzigen Menschen.

Gesamtverzeichnis im Hybriden-Verlag mit vielen Künstlereditionen von Pierre Garnier.

Mo, 11.11.2013

Georg P. Salzmann (1929 - 2013)

Am 9. November ist Georg P. Salzmann, dessen Sammlung "verbrannter Bücher" 2009 von der Augsburger Universitätsbibliothek übernommen wurde, im Alter von 84 Jahren gestorben.
Zum Tod von Georg P. Salzmann schreibt der Direktor der Universitätsbibliothek Augsburg, Ulrich Hohoff: "Georg P. Salzmann hatte in den 1970er Jahren damit begonnen, in Erstausgaben die Werke jener Autoren zu sammeln, die während des NS-Regimes verfemt waren. Nach 40 Jahren besaß er das Gesamtwerk von ca. 80 Schriftstellern nahezu komplett - und damit die umfangreichste private Sammlung zum Thema mit sehr vielen seltenen Titeln. Sein Motivation, diese Bücher zu sammeln, fasste Salzmann einmal so zusammen: 'Ich wollte einfach nicht, dass die Nazis im Nachhinein Recht behalten.'"

Di, 27.08.2013

Lothar Lang zum Gedenken

(Schloß Burgk am 17. August 2013)

Ulrich Goerdten, Foto Gabriele Ballon
Diese schöne Veranstaltung von und für Felix Martin Furtwängler könnte hier und heute so nicht stattfinden ohne die Wirksamkeit von Prof. Dr. Lothar Lang, an den ich – mit Ihrer Erlaubnis und im Auftrage der Pirckheimer-Gesellschaft – mit wenigen Worten erinnern möchte. Allen denen, die Lothar Lang geschätzt haben, soll damit Gelegenheit zum Abschiednehmen gegeben werden.
Lothar Lang wurde am 20. März 1928 geboren und ist im Alter von 85 Jahren am 20. Juli 2013 verstorben. Mit seinem Hinscheiden ist ein wichtiges Stück deutscher Kunstgeschichte zu Ende gegangen. Er war seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts als Kunstkritiker, Ausstellungmacher, Verfasser von Büchern und Artikeln, Herausgeber von Mappenwerken, als Organisator und Förderer junger Künstler eine Art Zentrum, in dem sich vieles bündelte.
Für die Kunstszene in der DDR war Lothar Langs Buch Der Graphik-Sammler eine Art Grundlagentext, und es hat auch für heutige Sammler, Antiquare und Kunstliebhaber nichts an Bedeutung verloren. Eine ganze Generation junger kunstinteressierter Menschen hat aus diesem Werk den Impuls zur Beschäftigung mit Graphik und Kunst überhaupt erhalten, hat sich daran ausgebildet und mit diesem Leitfaden in der Hand eigene Sammlungen zusammengetragen, oft mit wenig Geld. Denn das war ein Hauptanliegen des Buches: den arbeitenden Menschen den Weg zur Kunst zu eröffnen. Sie sollten sich mit den Künsten befassen und jetzt zitiere ich Lothar Lang selbst: „… aus Liebe zur Kunst, aus Leidenschaft, aus Begeisterung und Verehrung für sie. Die Kunstwerke, die sie erwerben, sind ihre Lebensbegleiter. Sie stehen mit ihnen in einem kritischen Dialog, aus dem sich Kenntnis und Urteilsfähigkeit ergeben …“
In diesem Sinne ist es ihm unter oft schwierigen Bedingungen gelungen, einen lebhaften direkten Austausch zwischen Künstlern und Sammlern in der DDR herzustellen. Diese Art des Kunstlebens in der DDR erscheint heute als humanes Gegenbild zum staatlich gelenkten Kunst – und Antiquitätenhandel, dessen groteske Züge nach der „Wende“ im 118. Heft der MARGINALIEN (1990) beschrieben sind.
Lothar Langs Verdienste um die Pirckheimer Gesellschaft sind kaum richtig zu ermessen und zu würdigen. Er hat viele Jahre im Vorstand mitgearbeitet und als Chefredakteur die MARGINALIEN zu dem gemacht, was sie heute sind: die maßgebliche bibliophile Zeitschrift Deutschlands.
Sabine Schemmrich hat vor Jahren in einem Interview erzählt, daß Schloß Burgk für sie lange Zeit nur ein abweisendes graues Gemäuer gewesen ist. Lothar Lang hat daraus dieses helle, weltoffene Kunstzentrum gemacht, das wir wie selbstverständlich nutzen und mit Ausstellungen und Veranstaltungen beleben können.
Zu der heute hier zu eröffnenden Ausstellung hat Lothar Lang noch einen Katalogtext geschrieben, und das zeigt seine bis zuletzt unveränderte Verbundenheit mit diesem Ort. Wir Pirckheimer werden Lothar Lang immer ein ehrendes Angedenken bewahren.
(Ulrich Goerdten)

So, 21.07.2013

Prof. Dr. Lothar Lang (20.03.1928 - 20.07.2013)

Unser langjähriges und verdienstvolles Mitglied Prof. Dr. Lothar Lang ist gestern friedlich in der Nacht eingeschlafen. Ein Nachruf folgt in Kürze.

Lothar Lang wird uns in Erinnerung bleiben als ein kritische Wissenschaftler, der frühzeitig bemüht war, den Ost-West-Antagonismus in den Kunstwissenschaften zu überwinden und der sich um die Pirckheimer-Gesellschaft in ganz besonderem Maße verdient gemacht hat, indem er viele Jahre im Vorstand mitarbeitete und die MARGINALIEN herausgeberisch betreute. Er leistete u.a. auch mit dem Pirckheimer-Kabinett auf Schloß Burgk einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Wahrnehmung buchkünstlerischer Bestrebungen.
Als seine letzte Arbeit hatte Lothar Lang noch einen Katalogtext zur bevorstehenden Ausstellung "der Maler liebt die Einsamkeit" von Felix Furtwängler geschrieben. Elke Lang und der Künstler möchten die Ausstellungseröffnung auf Schloss Burgk nutzen, um allen denen, die Lothar Lang geschätzt haben, Gelegenheit zu geben, Abschied zu nehmen.

Freitag, 16. August, 18 Uhr: Konzert
Samstag, 17. August, 16 Uhr: Ausstellungseröffnung
18 Uhr: Rustikales Dinner in der Schlossküche Sonntag,
18. August, 11 Uhr: Buchpräsentation der Privat Presse Berlin "young, wild & nieuw"
(Anmeldung bei Felix M. Furtwängler erforderlich: 0174/8072070)

Mo, 08.07.2013

Paul Raabe (21.02.1927 - 05.07.2013)

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Paul Raabe
Foto © Uwe Frauendorf
Im Alter von 86 Jahren starb am 5. Juli in Wolfenbüttel der wohl bekannteste Bibliothekar Deutschlands. Jahrzehntelang hat er in führenden Positionen seinem Berufsstand alle Ehre gemacht und dabei verstanden, Impulse mitten in die Gesellschaft hineinzugeben. Als Sohn eines Holzbildhauers am 21. Februar 1927 in Oldenburg geboren, absolvierte er die Ausbildung zum Diplom-Bibliothekar an der Landesbibliothek seiner Heimatstadt, um anschließend in Hamburg Germanistik und Geschichte zu studieren. In Marbach übernahm er 1958 die Leitung der Bibliothek des Deutschen Literaturarchivs und trat in dieser Zeit mit ersten, deutschlandweit wahrgenommenen Ausstellungen an die Öffentlichkeit, am bekanntesten war die über den literarischen Expressionismus, mit einem bis heute viel zitierten Katalog (Expressionismus, 1960). Zwei damals begonnene umfangreiche Bibliographien, Die Zeitschriften und Sammlungen des literarischen Expressionismus (1964) und Die Autoren und Bücher des literarischen Expressionismus (1985), zeugen von Raabes großem Sammlerfleiß und von seiner Fähigkeit, Großprojekte durchzustehen. 1968 ging er als Direktor an die Herzog August Bibliothek nach Wolfenbüttel, die sich unter seiner Leitung zu einer europäischen Studien- und Forschungsstätte für das Mittelalter und die frühe Neuzeit entwickelte. Innerhalb der dezentralen deutschen Nationalbibliothek übernahm Wolfenbüttel die Sammlung von deutschen Drucken des 17. Jahrhunderts. Zahlreiche Bauvorhaben wurden von ihm verwirklicht, ein viel genutztes Stipendienprogramm ins Leben gerufen. Ausstellungen und wissenschaftliche Tagungen fanden statt, Publikationen entstanden in nicht abreißender Folge.

Als Raabe sein Ruhestandsalter erreichte, kamen mit der deutschen Einheit neue große Aufgaben auf ihn zu, die seine früheren Leistungen noch übertrafen. In Halle (Saale) ließ er sich von 1992 bis 2000 als Gründungsdirektor der neubelebten Franckeschen Stiftungen in die Pflicht nehmen. Der gesamte Gebäudekomplex mußte saniert werden, alle Einrichtungen des Hauses waren neu zu konstituieren, die berühmte Barockbibliothek war wieder aufzubauen. Im Rahmen des Jahrestreffens 2011 in Halle konnten die Pirckheimer die gelungene Sanierung bestaunen. Selbst mit dem hallischen Engagement endete seine berufliche Tätigkeit nicht, ein letztes großes Projekt war die von ihm initiierte Bestandsaufnahme national bedeutsamer Kultureinrichtungen in den neuen Bundesländern. Diese in dem „Blaubuch“ der Bundesregierung Kulturelle Leuchttürme (2001; 3. Aufl. 2006) erfaßten kulturellen Institutionen erhalten seither eine besondere Förderung durch Bund und Länder.

Raabes Stimme wurde auch in vielen anderen Gremien und Kuratorien gehört, in denen er Mitglied war, so im Stiftungsrat der Klassik Stiftung Weimar und in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, wo er Berater und Förderer von solchen buchkundlichen Großprojekten wie der Fortsetzung des Literaturlexikons „Goedeke“ war. Raabes Einsatz wurde weithin anerkannt, beruhte er doch neben der unbestrittenen Kompetenz unverkennbar auf Uneigennützigkeit; in Halle soll er ohne Gehalt gearbeitet haben. Würdigungen, Preise und Ehrentitel gingen seit den achtziger Jahren in dichter Folge auf ihn nieder, am bedeutsamsten sind darunter wohl die Ehrenbürgertitel von Wolfenbüttel und Halle.

Trotz der Belastungen durch diese vielen Manageraufgaben wußte Raabe sich immer Freiraum zu halten für eine rege eigene Publikationstätigkeit. Alle Themen, die er anfaßte, behandelte er gründlich, auf Quellenstudium basierend. Ein viel benutztes, häufig nachaufgelegtes Buch von Raabe war bezeichnenderweise die Einführung in die Bücherkunde zur deutschen Literaturwissenschaft (1961), in der er das Handwerkszeug für die literaturwissenschaftliche Forschung didaktisch ausbreitete. Hervorgehoben aus der Fülle seiner Arbeiten seien die schon während des Studiums entstandene Monographie Alfred Kubin. Leben, Werk, Wirkung (1957), das Bekenntnisbuch Die Bibliothek als humane Anstalt betrachtet. Plädoyer für die Zukunft der Buchkultur (1986) und die Erinnerungsbände Bibliosibirsk oder Mitten in Deutschland. Jahre in Wolfenbüttel (1992), In Franckes Fußstapfen. Aufbaujahre in Halle an der Saale (2002), Mein expressionistisches Jahrzehnt (2004) und Frühe Bücherjahre (2007).

(Carsten Wurm)

Mo, 24.06.2013

Prof. Günter Jacobi (24.2.1935 - 22.6.2013)

Foto: Prof. Helfried Strauß
Am Samstag, dem 22. Juni 2013, verstarb Prof. Günter Jacobi (geb. am 24. Februar 1935 in Cottbus). Er war von 1993 bis 2000 u.a. als Professor für Typografie und Druck an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) tätig.
Günter Jacobi absolvierte zunächst von 1949 bis 1952 eine Schriftsetzerlehre in der Druckerei der Lausitzer Rundschau, Cottbus. Nach seiner Abschlussprüfung war er bis 1958 als Schriftsetzer in Cottbus, Erfurt und Leipzig tätig. 1958 begann Günter Jacobi das Studium bei Prof. Mattheuer und Prof. Pruggmayer an der HGB Leipzig in der Fachrichtung Buchgestaltung und Gebrauchsgrafik. Fünf Jahre später machte er sein Diplom und wurde im Anschluss Künstlerischer Leiter im Mitteldeutschen Verlag Halle an der Saale. Nach einigen Jahren Berufstätigkeit kehrte er 1974 an die HGB zurück und nahm sein Meisterschülerstudium bei Prof. Albrecht Kapr auf.
1983 arbeitete er, nach einer mehrjährigen Assistententätigkeit, als Dozent an der HGB und wurde zehn Jahre später als Professor berufen. Parallel blieb er von 1981 bis 1990 künstlerischer Berater im Mitteldeutschen Verlag. 1989 wurde Günter Jacobi auch Leiter des Institutes für Buchkunst an der HGB. Als Gastdozent ging er 1990 für einige Monate an das Nova Scotia College of Art and Design Halifax (Kanada); Dank seiner Initiative entstand ein regelmäßiger Studentenaustausch zwischen den beiden Kunsthochschulen. Er war 1991 Gründungsmitglied des „Vereins zur Förderung von Grafik und Buchkunst e.V. Leipzig“, der den Walter-Tiemann-Preis für herausragende buchkünstlerische Leistungen initiiert hat. Bis zu seinem Ausscheiden aus der HGB im Jahr 2000 war er außerdem künstlerischer Leiter für die Grafischen Werkstätten (Handsatz, Buchdruck, Fotosatz, Bucheinband, Reproduktionstechnik und Offsetdruck).
1964 wurde Günter Jacobi in den Verband Bildender Künstler der DDR aufgenommen, Mitglied im Bund Deutscher Buchkünstler wurde er 1991. Zahlreiche Kunstausstellungen im In- und Ausland präsentierten seine künstlerischen Arbeiten. 1992 begann er, als Vertreter der HGB, seine Tätigkeit im Kuratorium des Haus des Buches e.V. (Leipzig).
Die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig trauert um eine prägende Künstlerpersönlichkeit, die bei Lehrenden und Studierenden gleichermaßen höchst geschätzt und anerkannt war.
(Marion Herzberg)

Do, 02.05.2013

Lutz Schulenburg (1953 - 2013)

Foto © Ute Schendel
Der Verleger Lutz Schulenburg ist gestern, am 1. Mai, nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. Erst am vorletzten Wochenende war er 60 Jahre alt geworden. Seit nahezu vierzig Jahren war Schulenburg als Verleger der Edition Nautilus eine feste, wenn auch subversive Größe in der Verlagswelt.
Am 21. April 1953 in der Hamburger Vorstadt Bergedorf als zweites von drei Kindern geboren und in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen, war er bereits mit 14 Jahren aktiv in der örtlichen sozialistischen Schüler- und APO-Gruppe. Die Schule brach er ab, ebenso eine Lehre als Dekorateur – doch seit der Lehrzeit ist er aktiv in der anarchistischen Bewegung, was ihm sogar einen Ausschluss aus der Gewerkschaft eintrug und ihn in der nach-68er-Zeit mit Pierre Gallissaires zusammenbrachte, mit dem er 1971 die anarchistische Theorie-Zeitschrift MAD (später umbenannt in Revolte!) gründete. Es folgte eine zweite, inoffizielle Lehrzeit, diesmal in Sachen Verlagsbuchhandel, beim Spartacus Buchvertrieb im Keller unter dem Abaton-Kino in Hamburg. 1972 begann das Trio Schulenburg, Pierre Gallissaires und Hanna Mittelstädt mit der Buchproduktion, am 1. April 1974 wurde ein Gewerbeschein beantragt für den MAD-Verlag, der 1976 aus juristischen Gründen in Edition Nautilus umbenannt wurde.
(buchmarkt.de)

Fr, 26.04.2013

Hans-Dieter Holzhausen

Am 18. April fand die Beisetzung unseres ehemaligen Mitglieds Prof. Hans-Dieter Holzhausen statt. Wir lernten ihn kennen und schätzen als Experten und Sammler von E.T.A. Hoffmann, lange Zeit stand er der Berliner Gruppe der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft vor, deren Mitglieder ihn gern nach dem Zauberer aus Klein Zaches, genannt Zinnober Prosper Alpanus nannten. In den MARGINALIEN 158 stellte er den Pirckheimern seine Sammlung zu diesem Dichter vor und schilderte, wie in ihm die Leidenschaft zu Hoffmann keimte und was ihn an diesem romantischen Geist reizte. Diese Sammlung war für ihn nie reines Hobby und er bemühte sich stets, "das Gelesene und Erlernte, das aus der reichen Fülle seiner Dichtkunst ihm Geschenkte auch in die Öffentlichkeit zu tragen". Seine Sammlung wurde bereits im Jahr 2000 von der Staatsbibliothek zu Berlin erworben.
Hans-Dieter Holzhausen verstarb am 25. März 2013.

Mi, 13.03.2013

Max Barck und die Edition HERZATTACKE

Max Barck, Herausgeber der HERZATTACKE und Liebhaber guter Bücher ist verstorben. Der Nachricht wollte ich zunächst nicht glauben, wollte Genaueres erfragen, traf aber nur auf Schweigen. Das Ableben des Max Barck hatte einige der Freunde plötzlich stumm gemacht.
(...)
Nun gibt es ein Schweigen zu Max Barck. Und die Erschütterung. Aus gutem Grund. Der Bücherfreund war nicht nur der Herausgeber der HERZATTACKE, er war auch Lenker eines Kunstvereins mit gleichem Namen und kümmerte sich um die Verbreitung künstlerischer Eigenwilligkeiten und: um das Herbeizaubern von Geld. Sein Wort war das der letztlichen Entscheidung. Dem einen und dem anderen - Autor oder Künstler - musste sich mit Barcks Verscheiden ein tiefes Loch auftun. Der denkerische Schutzpatron hatte nicht nur kein biblisches Alter erreicht, er bog bereits vom Weg des Irdischen ab, als er noch weit entfernt war von der Lebensschwelle, die ein guter Bürger in Deutschland zu betreten hofft, um die berühmte Rente zu kassieren. Zurück ließ er Erwartungen - und viele gute Bücher. Max Barck sammelte solche und gab solche heraus. Unter Liebhabern extraordinär geschriebener Literatur wird sich sein Name weiterhin mit der Idee vom guten Buch verbinden.
Während 25 Jahren versuchte Max Barck in der Person des Gründers und Regenten von Edition und Kunstverein zwischen poetischer Literatur und bildnerischen Künsten zu vermitteln. Seine Freunde Lothar Klünner und Gert Neumann, Wolfgang Hilbig, Mikos Meininger und der Maler Lothar Böhme kamen ihm dabei zu Hilfe. Anja, Mutter seiner Kinder, gab ihm die beste Rückendeckung, solange das noch möglich war. Dazu kein weit´res Wort.
(...)
"Die Tätigkeit ist eine Folge verzweifelter Handlungen, welche erlauben, die Hoffnung zu bewahren." - schrieb der Künstler Braque in seinem Buch "Der Tag und die Nacht". Ein Buch, das Türen öffnet zum künstlerischen Denken, mit einer Übereinstimmung von Material und poetischer Anrührung des Dargestellten. Ein gutes Buch. Ein schönes Buch. Ein lebend Buch. Wie alle Bücher, die von diesem Maler mit Kunst bereichert wurden. Max Barck war dieses Buch vertraut. Es rührte seinen Zweifel.

Auszug aus einem Artikel in Palmbaum, Heft 1/2013,
den vollständigen Artikel finden Sie hier ...
(© Gerd Sonntag, 2013)


Mi, 27.02.2013

Thomas Kaemmel (1931 - 2013)

Am 19. Februar starb in Berlin Dr. rer. nat. habil. Thomas Kaemmel. Der am 15. Juni 1931 geborene Geologe gehörte zu den Gründungsmitgliedern unserer Gesellschaft, war einige Jahre Stellvertretender Leiter der Berliner Gruppe und wirkte von 1992 bis 1998 in bewegter Zeit als Schatzmeister im Vorstand der Gesellschaft. Das enge Verhältnis zu Büchern hatte er von seinen Eltern geerbt: Die Mutter, Hanna Kaemmel, war lange Jahre beim Vorstand des DDR-Schriftstellerverbandes tätig, der Vater, der Finanzwissenschaftler Prof. Ernst Kaemmel, gehörte 1956 zum Gründungskomitee der Pirckheimer-Gesellschaft. Thomas Kaemmel hielt mehrfach innerhalb und außerhalb der Pirckheimer-Gesellschaft interessante Vorträge über seine Sammelgebiete, so über Ausgaben des Kommunistischen Manifestes, Neujahrsgraphiken, Gastronomisches und über den Nordisten Julius Elias und seine Frau Julie, ein jüdisches Sammlerehepaar in Berlin. Sie gehörten ebenso zu seiner Verwandtschaft wie Gertrud Kolmar und Walter Benjamin. 2006 erschien aus seiner Feder die Biographie eines weiteren Verwandten, des Mathematikers und Kristallforschers Arthur Schoenflies (Projekte-Verlag, Halle/S.). In der Zeitschrift MARGINALIEN (Heft 195, 2009) veröffentlichte er einen biographischen Aufsatz über Fritz Stammberger, einen führenden Geologen der DDR, der unter denkwürdigen Umständen im sowjetischen Gulag vom Buchgestalter zum Geologen geworden war.
Thomas Kaemmel nahm noch in der Dezember-Veranstaltung der Berliner Pirckheimer-Gruppe rege an den Gesprächen teil. Wie alljährlich versandte er zum Jahresausklang eine Neujahrsgraphik, diesmal von Thomas R. Richter.
Die Pirckheimer werden Thomas Kaemmel in ehrendem Gedächtnis behalten. Die Beisetzung findet am 5. März, 12 Uhr, auf dem Waldfriedhof Grünau, Rabindranath-Tagore-Straße, statt.
(Carsten Wurm)

Mo, 14.01.2013

Wilfried M. Bonsack (7.3.1951 - 15.12.2012)

Foto: © Hinrich Peters
Ich lernte Wilfried 1990 kennen, nachdem die Mauer fiel und er bei der Neuen Gesellschaft für Literatur auftauchte. Auf eigener Faust stellte er eine Anthologie zusammen mit Berliner Autoren aus Ost und West; der Titel war absichtlich so gedruckt, sagte er, daß man ihn als „Zug in der Luft“ aber auch als „Luftzug“ lesen konnte. Ein frischer Wind kann sich anfühlen, wie an die Luft gesetzt zu werden. Wie voll war Wilfrieds Wohnung bei der Premiere dieser Anthologie! Wie viele Autoren lasen ihre Texte daraus, 30? Wie schwer fiel es ihnen, angesichts ihrer Zahl sich jeweils kurz zu fassen.
Ich erinnere mich an den Band von Celan-Gedichten, „Atem“ der Titel, den Wilfried – wieder auf eigene Faust – schon zu DDR-Zeiten zusammengestellt hatte. Celan war nicht gerade ein von der Staatsmacht gern gesehener Autor. Ob Wilfried damit seine Arbeitsstelle beim offiziellen Verlag riskiert hat, weiß ich nicht.

Der Büchernarr gründete seinen Bonsai-TypArt Verlag und machte bibliophile Bücher in kleiner Auflage. Enge Kollaboration zwischen Autor und Verleger -- das klassische literarische Leben, wie es im Buche steht, aber heutzutage selten anderswo. Im Westen war die Problemkonstellation eine andere, nämlich die Frage von Finanzierung, von davon-nicht-leben-können und zu guter Letzt von steuerlicher Erlaubnis. Wilfried sagte mir vor ein paar Jahre, das Finanzamt habe Beamten geschickt, um seine „Druckmaschinen“ zu konfiszieren. Er hatte aber keine, nur einen Computer-Drucker. So machte man seinen Verlag kaputt, weil er kein „Geschäft“ betreiben durfte, ohne Steuer zu zahlen. Aber hat der Verlag je mehr abgeworfen, als er verschluckte? Wilfried war eben kein Geschäftsmann, sondern leidenschaftlicher Literat.

Wilfrieds Wohnung war, wie eine Bekannte vor etwa zehn Tage es formulierte, ein Gesamtkunstwerk. Wer Bücher liebt war geliefert. Manch ein Band lockte, weil er ein Exemplar Buchkunst war; manch einer mit seinem Thema. Dazu die großartige originale Kunst, einschließlich 2 Porträts von Wilfried, an den Wänden, in Petersburger Hängung, d.h. mit kaum einem Fingerbreit zwischen den Bilderrahmen. Jedenfalls an den Wänden, die nicht schon von Bücherregalen besetzt waren.

Und trotzdem sah man von den Bildern und den Büchern weg bei dem Jour Fixe. Jahrzehnte lang, in DDR-Zeiten und nach der Wiedervereinigung meist monatlich und auch noch bis zuletzt mehrmals im Jahr ein höchst stimulierender Vortrag, jeweils von jemandem, der sein Thema wirklich beherrschte, weil es ihm Herzenssache war. Und was für eine Bandbreite an Themen! Stimulierend war auch immer die anschließende Diskussion. Eigentlich konnte man sich über die Jahre das Äquivalent einer Uni-Ausbildung in Kulturwissenschaften, Literaturwissenschaft und Geschichte aneignen, alleine beim Jour Fixe. Dabei bewegte sich die Diskussion viel weiter und freier als an einer Uni, weil niemand um eine Note bangte. Und jede Sitzung war wie eine Fete – man sprach mit Freunden und Bekannten und lernte neue Leute und ihre Ideen kennen. Ich persönlich weiß nicht, was in dieser Stadt diesen Jour Fixe ersetzen könnte.

Und Wilfried selber war stimulierend, im Gespräch über alle möglichen Themen, denn er liebte es, auf neue Gedanken zu kommen und alte neu zu kombinieren. Ob es um Geschichte, Philosophie, vergleichende Religion, fremde Kulturen, Kunst, Literatur, Büchermachen oder Typographie ging. Ideenreichtum – aber mit Humor und Witz, ohne intellektuelle Arroganz. Wilfried wollte immer SPASS mit Ideen haben, und er war an den Ideen anderer interessiert. Er war kritisch, und wenn er meinte, jemand verhalte sich unethisch oder schäbig, könnte er mit dem hart ins Gericht gehen. Aber er hatte Mitgefühl, das nicht erst „eingeschaltet“ werden musste und von dem es ihm nie einfiel, es abzustellen. Nie sollte irgendjemand gekränkt oder verletzt werden. Er hatte nicht nur einen offenen Geist, sondern auch ein offenes Herz. Wenn man bei ihm unten an der Haustür klingelte, musste man nicht noch einmal an der Wohnungstür klingeln, auch nicht wenn die Bude voll war. Wilfried stand schon mit einem freudigen Lächeln in der offenen Tür.

Wir werden ihn vermissen.

(Mitch Cohen)

Mo, 10.12.2012

Gerhard Lahr (1938 - 2012)

Am 23. November verstarb wenige Wochen vor Vollendung seines 75. Lebensjahres der Maler und Graphiker Gerhard Lahr. Als vielseitiger Illustrator für Kinder- und Jugendbücher wurde er in den sechziger Jahren mit stimmungsvollen Bildern rasch bekannt. Seine fantasievollen Zeichnungen schmückten jahrzehntelang die Bücher des Kinderbuchverlags Berlin und anderer Jugendbuchverlag der DDR, Benno Pludras Tambari und Insel der Schwäne, Hannes Hüttners Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt oder Kater Willi, viele Folgen von Herbert Friedrichs Krawitter, Krawatter, Falladas Mäuseken Wackelohr, abenteuerliche Indianer- und ungezählte Tierbücher, die Märchen von Hauff, Musäus und den Brüder Grimm und Werke der Weltliteratur. Mit seinen künstlerisch anspruchsvollen Arbeiten und der Poesie seiner Bilder hatte er Anteil an der Buchkultur der DDR, die auch über deren Grenzen hinaus Anerkennung fand. Lahrs schönste Zeichnungen nahm die Staatsbibliothek in ihre Sammlung von Originalillustrationen auf. Ein Mauerbild an der EastSideGallery und einige Minibücher von der Bordsteinkante, die er mit Straßenkindern vom Zoo gestaltete, zeugen auch von seinem politischen und sozialen Engagement. Die Trauerfeier fand am Freitag, dem 7. Dezember, auf dem Evangelischen Kirchhof in Altglienicke statt. Die Rede von Hans-Eberhard Ernst wird im März-Heft der MARGINALIEN gedruckt werden. Im Heft 168, 2002 wurde bereits eine umfangreiche Würdigung von Annemarie Verweyen mit einer Bibliographie sämtlicher illustrierten Bücher von Heinz Gittig abgedruckt. Zu empfehlen ist auch der in seiner Heimatstadt Reichenbach im Vogtland herausgegebene Katalog Bilder in Büchern – Gerhard Lahr. Herausgegeben vom Neuberin-Museum. Texte von Marion Schulz, Horst Kunze, Carola Pohlmann, Hans Baltzer, Katrin Pieper, Annemarie Verweyen. Mit zahlreichen Farbtafeln. 1. Aufl. Reichenbach/Vogtland: Neuberin-Museum, 2003.
(Hans-Eberhard Ernst)
 
"Wer in der DDR aufgewachsen ist, kennt Gerhard Lahr. Vielleicht nicht dem Namen nach, seine Bilder aber kennt man. „Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“, so hieß eins der Bücher, die er illustriert hat. Man erinnert sich an das Huhn, das gerade noch vor dem Feuerwehrauto zur Seite flattert, die Oma mit der roten Nase, die besorgt durch ihre große runde Brille schaut. ..."
...
weiterlesen im im Tagespiegel
(Tatjana Wulfert)