Pirckheimer-Blog

Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft

Fr, 24.11.2023

Für das Radio: Yuna im Gespräch mit der Reporterin.

„Bücherkinder“ hatten Besuch von Antenne Brandenburg

Die Bücherkinder in Brandenburg an der Havel hatten aus Anlass des in Kürze erscheinenden neuen Buches Pax questuosa. Ein Friedensbuch, das Núria Quevedo und Anna Seghers ehrt und das in der finalen Fertigung ist, Besuch von Antenne Brandenburg. Eine Stunde standen die Kinder, die seit vielen Jahren von Pirckheimer-Freund Armin Schubert als Mentor begleitet und betreut werden und deren Arbeit auch von der Pirckheimer-Gesellschaft gefördert wird, der Reporterin Rede und Antwort. Bücherkind Yuna etwa gab zu Protokoll: „Bei Herrn Schubert erfahren wir nicht das Übliche. Es gibt tolle Texte und auch Biografien, die anders sind als das, was man uns sonst anbietet. Das ist total spannend und macht Spaß.“ Nun, und auch für 2024 planen die Bücherkinder ein neues Buch, das auf die Forderungen, ja, und Verwerfungen der Zeit eingehen soll. Aber erst wird Pax questuosa erscheinen ... die Einbände werden soeben bei Henry Günther dafür gefertigt.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 16.11.2023

Angeli & Engel: ein neues Buch von Klaus Waschk.

Waschk: „Liebe, Leid & Untergang“

Es ist eine Extra-Ausgabe des Hamburger Bothen wert: Die zwei in der freien Hansestadt ansässigen Pirckheimer-Freunde Rudolf Angeli und Peter Engel kündigen als vierte Edition ihres eponymen kleinen Verlags unter dem furiosen Titel Liebe, Leid & Untergang ein neues Buch von und mit dem gleichsam Hamburger Künstler und Kunstprofessor Klaus Waschk an. Das genau hundert Seiten fassende Buch enthält 49 Balladen der deutschsprachigen Literatur von der staufischen Klassik bis in die Gegenwart, von Friedrich von Hausen bis Peter Rühmkorf. Viele große Namen sind dort dabei: Walther von der Vogelweide mit Unter der linden, Friedrich Rückert, Heine mit Marie Antoinette und den Nixen, Meister Goethe natürlich und Schiller, deren Balladen zum Inbegriff der Gattung wurden. Aber gleichsam die teils tragischen Dichter der klassischen Moderne sind mit Namen wie Trakl, Heym, Morgenstern, Britting oder Tucholsky vertreten. Neben den in die Gegenwart mündenden Brecht, Grass und Kunert ist mit Helga M. Novak nach der Günderode und der Droste noch eine Dichterin in den Beispielen der Gegenwart vertreten. Alle Balladen sind von Bilderbögen Waschks begleitet, Zeit-Autor Peter Kümmel steuert ein einstimmendes Vorwort bei. Das Buch erscheint in einer Auflage von 144 Exemplaren, davon 55 als bibliophile Vorzugsausgabe, vom Künstler signiert und mit einer eigens für den Band geschaffenen Originalgrafik versehen. Die reguläre Ausgabe (ISBN 978-3-98249-801-0) kostet 38 Euro, die mit dem Original versehene 98 Euro. Es besteht Subskriptionsmöglichkeit bis zum 15.12.2023, bis dahin sind die Ausgaben für 30 bzw. 75 Euro zu haben. Interessenten wenden sich an den Verlag (angeliundengel@web.de), Rudolf Angeli (Rudolf_Angeli@web.de) oder direkt an den Künstler (klaus@waschk.de). Im frischen gedruckten Flyer, der mit der nächsten Ausgabe der Marginalien an die Pirckheimer verteilt wird, wie im Hamburger Bothen (Bezug über die Herausgeber) finden sich weitere Informationen.

(André Schinkel)

Di, 14.11.2023

Die Bücherkinder begeisterten auch in Potsdam. Ihr Buch "Die neue Arche Noah" soll 2024 erscheinen. Und der Bildungsminister des Landes Brandenburg, Steffen Freiberg, will sich auch für die Förderung der geplanten Veröffentlichung wieder einsetzen.

Die Bücherkinder in Potsdam

Die Erfolgsgeschichte der Brandenburger Bücherkinder geht ganz offenbar weiter. Im Oktober erst aus dem nordwestlichen Polen zurückgekehrt, präsentierte sich die aus der Domstadt an der Havel stammende und von Pirckheimer-Freund Armin Schubert seit vielen Jahren als Mentor und Betreuer geleitete Gruppe aus Schülerinnen und Schülern am vergangenen Wochenende bei der Landesgeschichtsmesse im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte zu Potsdam. Nach der Eröffnung hatten sich zwei Bücherkinder auf dem Weg gemacht, den Bildungsminister des Landes Brandenburg, Steffen Freiberg, an den Messestand zu holen. „Er war sehr lange da, hörte und sah, was wir zu den beiden Büchern Die Farben der Kindheit und zum neuen Pax questuosa – ein Friedensbuch zu berichten haben. Darin eingeschlossen auch unsere Lesereise nach Gdańsk und Sopot …“, erzählt Armin Schubert. Der Minister war begeistert und nannte das Unternehmen „eine Perle unter der Jugendarbeit“. Neben dem Dank für die Förderung des letzten Buchs übergab ihm die Gruppe die schriftliche Bitte, die Schirmherrschaft für das 2024 geplante Buch Die neue Arche Noah zu übernehmen. Sofort notierte sich Freiberg die nötige Fördersumme und sagte zu, sich dafür einzusetzen. Ein gutes Zusammentreffen und eine Aussicht für das Künftige, wohl dem.

(Armin Schubert/André Schinkel)

So, 12.11.2023

Die Schul-Lesung dreier der Bücherkinder in Sopot ...
... und natürlich Besuch bei Günter Grass in Danzig.

„Brandenburger Bücherkinder“ zu Gast in Sopot und Gdańsk

Getreu der Maxime von Johann Wolfgang Goethe: „Euch ist bekannt, was wir bedürfen … / Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan, / Und keinen Tag soll man verpassen ...“, ist es auch eine Geschichte der Unermüdlichkeit und nicht zuletzt des Austauschs und nicht abebbenden Engagements für die Literatur auf der einen und die Bildung auf der anderen Seite, das seit vielen Jahren unter der Ägide und Mentorschaft unseres Pirckheimer-Freunds Armin Schubert stehende Projekt der Brandenburger Bücherkinder, von der PG im Übrigen gefördert und unterstützt. Das Vorzeige-Modell, wie man mit Schülerinnen und Schülern Literatur und Kunst im Leben hält, diente nun auch für den Austausch zwischen den Völkern: indem es im Oktober nach Sopot und Gdańsk, die Geburtsstadt des Nobelpreisträgers für Literatur, Günter Grass (19272015), reiste. Verbunden war die Fahrt Mitte des vergangenen Monats mit einer Lesung vor/mit Schülerinnen und Schülern der 5. Klasse der Autonomen Schule in Sopot, auch die Hafenstadt Gdynia (die in Grassens Novelle Im Krebsgang eine große Rolle spielt) wurde gestreift, und der Besuch der alten, ehrwürdigen Stadt Gdańsk/Danzig war natürlich ein Highlight. Aus Brandenburg an der Havel reisten Alma, Mina, Ernst und Yuna mit, sie wurden so herzlich aufgenommen, dass ihr Mentor den Gasteltern und Veranstaltern in Polen nochmal einen gesonderten Dank ausspricht. Es wurde aus dem jüngsten Werk der Bücherkinder gelesen, das sich mit den Kindheiten von Christa Wolf, Franz Fühmann, Jurek Becker und eben Grass befasst; auch ein polnisches Buch zu Grass kam zu Lesungs-Ehren. Der Gegenbesuch in Deutschland ist bereits geplant, lassen die Organisatoren verlauten. Gut so! Und eines der feinsten Zeichen in dieser wackligen Epoche, über die Literatur, die Kunst und die Freundschaft im Gespräch zu bleiben. Und das Schwere so einfach zu machen: Chapeau und Respekt. Ja, eines der schönsten Signets dieser Tage: für Achtung und Zuversicht.

 

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 31.10.2023

Der Autor Wulf Kirsten (1934–2022). | © Jens Kirsten
Der Band "Nachtfahrt" erschien im quartus-Verlag.

Bibliophiles des Monats: Wulf Kirstens „Nachtfahrt“-Prosa

Er war einer der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart, ein akribischer und hochseismischer Bewahrer, Auffinder und Entdecker von Literatur, mithin der Nestor und Tribun der thüringischen Literaturszene: Wulf Kirsten, der, 1934 im sächsischen Klipphausen geboren, am 14. Dezember des letzten Jahrs im Alter von 88 Jahren in Bad Berka starb. Seit den sechziger Jahren war Weimar die Stadt seiner Wahl, hier entwickelte er zunächst ein hochwichtiges Wirken als Lektor des Aufbau-Verlags und reifte zugleich zum vielfach geehrten Dichter von hohen Graden, unter anderem mit dem Huchel-, dem Josef-Breitbach-Preis, einem Ehrendoktorat der Jenaer Universität und dem Thüringer Literaturpreis ausgezeichnet. Ein passionierter Wanderer und Landschafter, wurde seine Dichtung erinnernde Arbeit, Richtmaß, Vorbild einer Reihe jüngerer Dichter und Dichterinnen.

Kirsten, der auch ein hochambitionierter Herausgeber und Erfinder von Buchreihen war, ist auch für die auf Band Nr. 60 zulaufende Edition Muschelkalk verantwortlich zu machen, deren weitere und beherzte Herausgabe ich 2015 auf seinen Vorschlag als sein Nach-Nachfolger übernahm. So ist sein Wirken auf verschiedene Weise in der Welt geblieben und verankert. Dass das auch mit seinem Werk geschehe, ist nicht nur ein Wunsch der thüringischen Szene, die ihm so viel verdankt. Nun: Mit dem von Pirckheimer-Freund Jens-Fietje Dwars herausgegebenen ersten Nachlassband Nachtfahrt (Edition Ornament im quartus-Verlag, Bucha bei Jena 2023, 176 Seiten, ISBN 978-3-94764-652-4, 22 Euro) ist ein furioser Anfang gemacht. Das Buch enthält autobiographische Prosa und ist in der wunderbaren Essay-Unterreihe erschienen. Die Texte schließen an die vorhergehenden Prosa- und Essaysammlungen Kirstens an und zeigen ihn noch einmal in seiner ganzen Kraft des Schöpfens wie Erinnerns. In der Nachfolge seines 2000er Bands Die Prinzessinnen im Krautgarten widmet sich der Dichter in Nachtfahrt seiner erwachsenen Biografie. Das ist berührend, bewahrend, zuweilen skurril, immer authentisch und tief. Radierungen von Susanne Theumer begleiten das Buch, es sind mehrere Vorzugsausgaben erwerbbar. Regulär oder originalgrafisch: Eine bibliophile Kostbarkeit ist dieses Buch in jeder Ausführung. Und eine Empfehlung für alle Buch-Affinen!

Eine erste Lesung aus Nachtfahrt zum Gedenken an Wulf Kirsten fand am 01. Oktober in Gera statt, veranstaltet vom Herausgeber des Buches, Jens-Fietje Dwars, und Annerose Kirchner. Und weitere Veranstaltungen, unter anderem mit der Grafikerin Susanne Theumer oder dem halleschen Autor Wilhelm Bartsch, werden folgen. Im Übrigen ist auch ein originalgrafisches Buch mit Kaltnadeln Susanne Theumers zu acht nachgelassenen Gedichten Kirstens als 53. Druck in der Edition der Künstlerin in kleiner Auflage erschienen. Der Titel ist sympatrisch zur Nachlass-Publikation in der Edition Ornament: Abendlicht. Und auch ein Album amicorum, das Werk und den Nachhall Wulf Kirstens als Kollege und Freund in vielen Stimmlagen (Michael Krüger darunter, Volker Braun) würdigend, ist angekündigt und erscheint, herausgegeben von seinem Sohn Jens Kirsten, Wolfgang Haak und Christoph Schmitz-Scholemann, in Kürze. Ehre, wem sie gebührt ... So möge es sein.

(André Schinkel)

Mo, 30.10.2023

In Gera zu sehen: Horst Sakulowskis "Der Aggressor".
Der Künstler: Horst Sakulowski in Gera. | © Uwe Klos

„Das Bild vom Menschen“: Horst-Sakulowski-Ausstellung in Gera

Vor zwei Monaten vollendete der in Weida (Thür.) lebende Künstler Horst Sakulowski sein 80. Lebensjahr. Seit letzten Sonntag, dem 22. Oktober 2023, zeigt die Kunstsammlung Gera in der Orangerie (am Orangerieplatz 1, in 07548 Gera) eine Ausstellung mit dem Titel retrospektiv mit Werken des Künstlers. Zu sehen sind 23 Zeichnungen, acht Druckgrafiken und elf Gemälde. Darunter das Bild Porträt nach Dienst, welches in DDR-Zeiten für Aufgeregtheiten sorgte, sich im Bestand der Kunstsammlung Jena befindet und dort das am häufigsten ausgeliehene Werk ist.

Gerade Horst Sakulowskis Zeichnungen, in denen der Künstler sein christlich-humanistisches Menschenbild bezeugt, sind beeindruckend. In einer ungeschönten Wahrhaftigkeit zeigt er den Menschen und wie er sich verhält. Und das mit meisterhafter Zeichentechnik, die sich mit den Großen der Kunstgeschichte messen kann. In diesen Bildern ist zu erkennen, daß die Kunst einen Wert hat, der über den materiellen Wert hinaus geht. Sakulowski gehört damit zweifellos zu den bedeutsamen deutschen Künstlern des zwanzigsten wie des einundzwanzigsten Jahrhunderts.

Horst Sakulowski wurde 1943 in Saalfeld geboren, studierte nach einer Keramiklehre von 1962 bis 1967 an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) bei Bernhard Heisig. Seit 1967 wohnt er mit seiner Familie in Weida, wo in der Osterburg oberhalb des Stadtzentrums eine ständige Kabinettausstellung mit seinen Werken zu sehen ist und er als Ehrenbürger der Stadt geführt wird. Neben Malerei und Grafik schuf Sakulowski Plastiken und arbeitete mit Videokunst. 

Manchem Pirckheimer wird das im Leipziger Reclam-Verlag 1983 erschienene Büchlein Blinder Eifer schadet nur! mit Fabeln von Magnus Gottfried Lichtwer (1719 bis 1783) bekannt sein, das Horst Sakulowski mit zehn Holzschnitten illustrierte. Die Ausstellung in Gera ist außer am Montag täglich von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Zum Orangerieplatz fährt die Straßenbahnlinie 1, Haltestelle Küchengartenallee. Der Eintritt in die Kunstsammlung der Stadt kostet 5 (und ermäßigt 3) Euro. Öffentliche Führungen gibt es am 04. und am 25.11. jeweils um 15 Uhr, ein Kunstgespräch am 21.11. um 14 Uhr. Die Ausstellung im Südflügel der Orangerie ist bis zum 14.01.2024 zu sehen. Alle Infos zur Sakulowski-Schau gibt es unter der Kultur- und Freizeitrubrik der Webseite der Stadt Gera.

(Uwe Klos)

So, 29.10.2023

Der neue Pressesprecher der PG, Robert Grieger, am Pirckheimer-Stand auf der "ArtBook.Berlin 2023".
Susanne Theumer lud mit einem eigens gefertigten Kunstwerk zum Salon ein. | © Andrea Ackermann.

Zwei erfolgreiche Wochenenden!

Eigentlich ist es ganz einfach: Gute Orte braucht die Kunst. Und nicht nur die 75. Frankfurter Buchmesse ging mit der überaus würdevollen und auf der Höhe der Zeit wie des Worts gehaltenen Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, den der Börsenverein des Deutschen Buchhandels jährlich vergibt, an Salman Rushdie in der Paulskirche zu Ende; auch zwei Messen bzw. Salons, die die Herzen der Büchernarren und -sammler höher schlagen ließen, fanden an dem denkwürdigen Wochenende vom 20. bis 22. Oktober statt: die ArtBook in Berlin-Kreuzberg und der 4. Buchkunstsalon Aschaffenburg. An der von Cornelius Brändle und Hanneke van der Hoeven organisierten ArtBook.Berlin nahm auch die Pirckheimer-Gesellschaft mit einem eigenen Stand teil, an dem die neuesten Infos und Produkte rund um unseren agilen Verein in Erfahrung gebracht bzw. betrachtet werden konnten. Mit dabei: die neue, die 250. Ausgabe der Marginalien

Und während auf der Messe am Kreuzberger Mariannenplatz neben Künstlerinnen wie Claudia Berg und Andrea Lange der zweite Vorstand der Pirckheimer, Marginalien-Chefredakteur Till Schröder, und der neue Pressesprecher der Gesellschaft, Robert Grieger, anzutreffen waren, war die neue Auflage des Salons in Aschaffenburg gleich von mehreren Genres umlagert, dort gab es zu Buchkunst und Grafik auch Musik und Theater, Essen mit Künstlern und Sammlern, dass es gleichsam eine Freude war. Und an Künstlern und Editionen waren neben dem Salon-Begründertrio Susanne Theumer, Frank Eißner und Bernhard Hench u. a. Andrea Ackermann, der Büchergilde artclub, Desirée Wickler, die Edition sonblom und Zvato Zapletal zu Gast. Sechs Künstlerinnen der augen:falter aus Leipzig waren je zu drei gleichgroßen Abordnungen in Berlin, Frankfurt und Aschaffenburg vor Ort. Für die Intensivierung der Werbung fertigte Susanne Theumer eigens ein Schriftkunstbild auf dem Pflaster der Innenstadt der mainfränkischen Kunststadt, das unweigerlich die Füße in die Räume des Salons führte: Da gab es für das kunstsinnige Herz kein Entrinnen.

Drittens richtete der Friedrich-Bödecker-Kreis des Landes Sachsen-Anhalt e. V. seine traditionelle Autorenbegegnung wieder in der Akademie Haus Sonneck in Fühl-Weite des Klingerhauses (dessen Besuch auch am Sonnabend auf dem Plan stand) aus. Thema in diesem Jahr war: Die Kunst der Gestaltung. Die Tagung in Sachsen-Anhalts schönster Gegend oberhalb von Naumburg (Saale) beinhaltete neben Werkstätten zu neuen Texten auch einen Vortrag von Karoline Schliemann vom Grassi-Museum Leipzig, die von der Sammlung Wieland Schütz berichtete, aus deren Beständen es in diesem Jahr die Ausstellung Von Bonnard bis Klemke gab. Aron Boks sprach über seinen Ur-Großonkel Willi Sitte und dessen Freundschaft zu Christa Wolf; seinen formidablen Vortrag untermalte er noch auf der Lesung des Treffens im Besucherzentrum der Landesschule Pforta, die er gemeinsam mit Juliane Blech, der aus der Bretagne angereisten Franziska Beyer-Lallauret und Christian Kreis bestritt und die zum Highlight der Tagung wurde. Abends gab es dann noch lange Gespräche beim Wein. Wie dem auch sei: Gute Orte braucht die Kunst. Das ist (beinahe) alles.

(André Schinkel)

Fr, 27.10.2023

Wiedergeburt der schönen Venus-Grotesk-Schrift.

Wiedergeburt der Venus-Grotesk

Vor Jahren schrieb das Schriftgestalterduo Christian Schwarz/Paul Barnes im Eye Magazine: „Mit jeder neuen satztechnischen Entwicklung bleiben unzählige Schriftarten zurück. […] Wie die Venus eben.“ Jetzt hat der australische Designer Dave Foster nachgelegt, und zwar mit seiner eben veröffentlichten Taurus Grotesk Venus fürs 21. Jahrhundert. Die Schriftfamilie ist zwar optisch nicht mit den Originalschnitten von der Bauerschen Gießerei Frankfurt (Main) gleich, trotzdem bleibt der Geist der vor mehr als 100 Jahren erschaffenen Schrift in jeder Glyphe spürbar, wie der Entwerfer in seinem ausführlichen Beitrag zur Schriftfamilie auf Foster Type erläutert. Die Taurus Grotesk ist damit nun im Offset- und Digitaldruck sowie auf Webseiten und Apps einsetzbar.

(Dan Reynolds)

Mi, 25.10.2023

Till Sailer im anschließenden Gespräch, hier mit dem Lyriker Henry-Martin Klemt bei der Buchpremiere im Kleist-Museum Frankfurt an der Oder. | © Elke Lang

Buchpremiere mit Till Sailer

Mit einer sehr gut besuchten Premiere als literarisch-musikalische Inszenierung mit seiner Tochter Juliane Sailer am Piano hat Pirckheimer Till Sailer im Oktober im Kleist-Museum Frankfurt (Oder) sein neuestes, im Mitteldeutschen Verlag erschienenes Buch Der Krieg meines Vaters. Eine Annäherung der Öffentlichkeit vorgestellt. Es basiert auf Briefen, Tagebucheintragungen und Gedichten seines in den letzten Kriegstagen 1945 gefallenen Vaters Herbert Sailer (1912–1945), des Erziehers einer Nazi-Eliteschule und feingeistigen Lyrikers mit zahlreichen Veröffentlichungen schon zu Lebzeiten. Diese widersprüchliche Persönlichkeit, die bis zuletzt fest nicht nur der nationalsozialistischen Ideologie anhing, sondern sie auch der Jugend einimpfte, wirft viele Fragen auf, die auch in der anschließenden Diskussion angesprochen wurden. Psychologe Roland Kant dazu: „Till Sailers Buch greift auf die sehr persönlichen Dokumente aus dem Leben seines Vaters 1939 bis 1945 zurück. Er ergänzt die aus gutem Grund vielfältig beschriebene Opferperspektive um eine Täterperspektive. Und insofern beschreibt das Buch nicht nur einfach Vergangenheit. Es ist besonders wichtig für unsere gesellschaftliche Gegenwart und Zukunft. Kein Täter werden! Das bleibt eine menschliche Herausforderung. Und – wie vermitteln wir das einer Generation, die, zu unser aller Glück, ohne eigene Diktaturerfahrung aufgewachsen ist?“ Die nächste Buchvorstellung, bei der auch der Verleger Roman Pliske anwesend sein wird, findet am 16. November, 19 Uhr in der Gemeindebibliothek Bad Saarow statt. (Alle Infos zum Buch auf der Webseite des Verlags.)

(Elke Lang)

So, 15.10.2023

16.11.: Kerem Saltuks Film wird im "Babylon" gezeigt.

Werner-Klemke-Film im „Babylon“

Werner Klemke (1917–1994), hochverehrter Künstler, Held und Pirckheimer-Gründungsmitglied, war ein waschechter Weißenseer. Der Videograf Kerem Saltuk, der ebenfalls in Berlin-Weißensee zuhause ist, hat dem Maler, Grafiker und Illustrator, dessen Arbeit Legende wurde und blieb, einen 71-minütigem Film gewidmet, in dem der Lebensweg dieses Ausnahmemenschen nachvollzogen wird samt O-Tönen von Angehörigen, Wegbegleitern und Zeitgenossen und der zu einem würdigen und schönen Erfolg geworden ist. Er wird im Rahmen der Berliner Märchentage noch einmal im Kino „Babylon“ (Rosa-Luxemburg-Straße 30, 10178 Berlin) gezeigt – und zwar am 16. November um 20 Uhr. Der Eintritt für die Vorführung kostet 8 Euro ... der Film ist mit einer FSK von neun Jahren freigegeben. Alle Informationen dazu gibt es auf der Webseite der Berliner Märchentage.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mi, 11.10.2023

Jürgen Meyer Jurkowski: "Geh zu ihr", Radierung.
Grafik "Ziege" des Zyklus "Picassos Tiere" von JMJ.
Meyer Jurkowskis Porträt von Joachim Ringelnatz.
Doppelseite aus dem Erotikon Alexander Puschkins.

Hamburg: „Helldunkel-Gefunkel im lichten Druckgrafik-Wald“

Black is beautiful: Das ist für Jürgen Meyer Jurkowskis Druckgrafik-Werk ein Bekenntnis zur Nichtfarbe Schwarz. Die StudioGalerie Othmarschen hat den Reiz des Unbunten entdeckt und setzt mit der Präsentation von mehr als 100 druckgrafischen Arbeiten aus dem Œuvre des Hamburgers und Pirckheimer-Freunds der unerbittlichen medialen Farbüberflutung ein lebendiges, beruhigendes Schwarz entgegen. Die Druckgrafik – bis auf wenige Lithografien v. a. Holzschnitte und Radierungen –, ist für Meyer Jurkowski weder stiefmütterlich behandelte Nebenbei-Kunst noch kunstmarktkonjunkturelle Phase, sondern elementarer Bestandteil seiner Arbeit. Sie steht gleichbedeutend neben Malerei, Aquarell und Zeichnung. Etwa 600 Werke, gleichmäßig verteilt auf beide Techniken, die seit den 1970er Jahren entstanden sind, belegen dies eindrucksvoll. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl der letzten Jahrzehnte sowie Bücher mit Originalgrafik, die Jürgen Meyer Jurkowski (JMJ) illustriert, gestaltet und in seiner Edition M&M seit 1998 verlegt hat. 

Kunst gegen den Mainstream – Meyer Jurkowskis Themenpalette ist unzeitgemäß – klassisch ergo – breit gefächert: Landschaft (Hamburg, Berge, Irland), Stillleben, Akt/Figur, Porträts (u. a. von Schriftstellern wie Ringelnatz, Karl Valentin) und Tiere (Serie Picassos Tiere). Sowohl im malerischen wie im druckgrafischen Werk von JMJ überwiegen die narrativen Elemente. Es ist eine Art „ins Bildkünstlerische übertragene ‚écriture automatique‘“, eine Melange aus Versatzstücken des Alltags, aus Erinnerungen, Anspielungen, Bildzitaten, in der Banales gleichberechtigt neben Ernstem und Erhabenem stehen können. Spontane improvisierte, unkontrollierte „Bild-Ergüsse“ – zunächst mit dem Bleistift auf Papier festgehalten – sind oft Ausgangspunkt für Druckgrafik oder Malerei. Es gibt meist keine bewusst kalkulierten Bildideen, keine vorgefasste Sinnkonstruktion, sondern eine Hinwendung zum Phantastisch-Grotesken, zum Surrealen – angemischt ist das immer mit einem kräftigen Schuss Scherz, Satire, Ironie und manchmal schwärzestem Sarkasmus. Der Betrachter wird hineingezogen in ein Wechselspiel zwischen Realismus und Rätselhaften. 

Zum narrativen Konzept gehört unbedingt die Betitelung der Arbeiten. Sie ist aber keine feste Größe, die eine Interpretationsrichtung für den Betrachter vorgeben wollen. Sie bleiben immer subjektive Andeutung, geben höchstens die Richtung an, wie JMJ sein fertiges Bild am Ende selbst liest. Es kommt vor, dass die Titel später noch – teils mehrfach – geändert werden. Der Kunsthistoriker Friedrich Gross hat die künstlerischen Ambitionen Meyer Jurkowskis ganz gut charakterisiert, als er schrieb: „Verdichtungen in Schwarzweiß formen die lebensgesättigten Striche und Flächen der Grafik Jürgen Meyer Jurkowskis. Deren Ausdrucksspanne reicht von der Bänkelsang- und Volkserzählwelt aus Mythen, Märchen, Großstadtprosa bis hin zu surrealem Überschlag und Alltagsgroteske. Sozialkritische sowie politische Themen behalten neben den Naturdarstellungen und freien Phantasien stimulierende Kraft. Kritische, ironische, satirische Züge geben dieser Schwarzweiß-Kunst Schärfe. Ohne Up-to-date, ja, in betontem Gegensatz zu Kunst-Moden bietet sie mit verständlicher Bildsprache Alltagserfahrungen, -empfindungen des Heute ...“

Inspirationsquelle LiteraturEine wichtige Inspirationsquelle ist seit 1968 immer wieder die Literatur. So entstanden frühe Illustrationen zu Gedichten von Wolf Biermann, Bertolt Brecht, Hans Magnus Enzensberger, Peter Rühmkorf, Franz Xaver Kroetz und François Villon sowie zu einigen Erzählungen von Siegfried Lenz aus dessen Geschichten-Band So zärtlich war Suleyken. 1988 beginnt die Beschäftigung mit Alexander Puschkins Novellenzyklus Die Erzählungen des verstorbenen Ivan Belkin. 1998 erfolgte die Gründung seiner Edition M & M, in der Bücher mit Originalgrafik erscheinen. Die bisherige Bilanz sind acht Künstlerbücher: Henryk Bardijewski Der Marschallstab, Wolfgang Borchert Die Hundeblume, Johann Peter Eckermann Die Heimath, Paloma Meyer In der Nacht erwacht die Katz …, Frank Schulz Sternzeichen-Fick-Info. „Hausautor“ der Edition ist Alexander Puschkin mit den Erzählungen Der Sargmacher und Der Schneesturm (beide mit Holzschnitten) sowie mit einem Band kleiner erotischer Gedichte (Linolschnitte). 

Jürgen Meyer Jurkowski
Helldunkel-Gefunkel im lichten Druckgrafik-Wald.
Radierungen, Holz- und Linolschnitte, Künstlerbücher
20. Oktober bis 26. November 2023, 
Öffnungszeiten nach Vereinbarung,
Eröffnung: Freitag, 20. Oktober, 19 Uhr.

Studio-Galerie Othmarschen
Ansorgestraße 19, 22605 Hamburg
Telefon: (040) 5 53 50 06
Mobilfon:  (0171) 5 83 11 55 
info@studio-galerie-othmarschen.de
www.studio-galerie-othmarschen.de

(Jürgen Meyer Jurkowski/André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 10.10.2023

Initiatoren des Buchkunstsalons: Bernhard Hench, Susanne Theumer, Frank Eißner. | © Frank Eißner

20. bis 22.10: 4. Buchkunstsalon im Künstlertreff Aschaffenburg

Das übernächste Wochenende ist ganz augenscheinlich ein begehrter Termin für das Buch und die Buchkunst: Nicht nur die Frankfurter Buchmesse hakt in den Wochenausklang, nein, neben der artbook.berlin (der Pirckheimer-Blog berichtete von der Verlegung der Messe am Kreuzberger Mariannenplatz) findet auch der nunmehr 4. Buchkunstsalon in der Riesengasse 10 (sowie in der fünften Etage der Herstallstraße 20/22) im Künstlertreff des Café Krèm in Aschaffenburg statt. Zunächst erfunden im Jahr 2020, als die allgemeine und grassierende Corona-Wurst große Hallen unbetretbar und Buchmessen absagenotwendig machte, hat sich das kleine, feine, vom Gründungs-Triumvirat Susanne Theumer, Frank Eißner und vom Künstlertreff-Prinzipal Bernhard Hench erfundene Buchkunst-Festival, das sicher die jüngste Mini-Buchmesse in diesen Breiten ist, längst etabliert. Auch in diesem Jahr werden in den Räumen des Cafés und eines großen Etablissements über den Dächern Aschaffenburgs illustre Kunstschaffende erwartet: Andrea Ackermann ist neben den Erfindern des Salons unter anderem dabei, Urte von Maltzahn-Lietz von den augen:faltern, Svato Zapletal, Martin Lang, Tanja Leonhard, Christiane Kleinhempel, Désirée Wickler, die Mitstreiterschaft der edition sonblom und von hochdruckpartner, John Gerard. Musik, Theater gibt es im Beiprogramm: Das Puppenschiff aus Mainaschaff legt an, Dirk und Silke Kilian spielen. Der Salon ist freitags von 16 bis 20, am Samstag von 11 bis 19, am Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

(André Schinkel)

So, 01.10.2023

Soeben erschienen: Der "Hamburger Bothe", Nr. 18.

Hamburger Bothe 18 erschienen

Soeben ganz frisch erschienen ist der Hamburger Bothe in der Oktober-Ausgabe (Heft 18), wie die Herausgeber Rudolf Angeli und Peter Engel mitteilen. Im Editorial wird die berührende und gleichsam zweckmäßige Geschichte der Gründung des Journals, das in der Corona-Zeit als Ort und Verständigungsorgan der norddeutschen Pirckheimer-Mitglieder entstand, noch einmal kurz erläutert. Mittlerweile hat die Zeitschrift, als Ergänzung, ja, und zweites Mitteilungsblatt neben den Marginalien, eine interessierte Leserschaft im gesamtdeutschen Raum. Interessenten können sich die jeweils neue Hamburger-Bothe-Ausgabe über die Email-Adresse Rudolf_Angeli@web.de digital bestellen und zukommen lassen. Und die neue Folge hat es in sich: Neben einem Hinweis auf die bald kommende Ausstellung von Jürgen Meyer Jurkowski gibt es in der zweiten Ausgabe der neuen Rubrik der Werkstattberichte einen tiefen Einblick in die selbige von Rainer Ehrt, der den Pirckheimern schon lange verbunden ist. Abel Doering verweist in der Bibliophilen Empfehlung auf Nico Rosts Goethe in Dachau von 1948, den erschütternden KZ-Bericht, der zu den Klassikern des Genres wurde. In Freundschaften und tiefe Einblicke in die Zeit berichtet Reinhard Grüner von seinem Leben als Sammler und Thomas Glöß von den Editionen des Leipziger Bibliophilen-Abends; und im primären Teil stellt die Hamburger Autorin Sigrid Behrens ihren Text Jetzt vor. Die Schriftstellerin wird am 08. November des Jahres im Säulenkeller der Patriotischen Gesellschaft in der Hansestadt lesen. Und schließlich gibt es die Rezensionsschau und einen Lesungsbericht zu Urs Heftrichs im Verlag Angeli & Engel zweisprachig erschienenen Band Gehäuseschutt/House of Rubble, enthaltend Reime und Fotos des Dichters und Gelehrten ... das dritte Buch des Verlags.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Sa, 30.09.2023

Wiederentdeckt: Lessings "Die Juden", mit Stichen von Baldwin Zettl verlegt in der Edition Ornament.

Neu – Ein Lessing-Stück zum 80. Geburtstag von Baldwin Zettl

Ein Lustspiel mit dem Titel Die Juden? Darf man darüber noch lachen? Lessings Stück von 1749 flimmert vor unseren Augen. Die Nachgeschichte verwandelt seine Worte in Sprengsätze: Sie seien „gottloses Gesindel“, Betrüger, Diebe und Straßenräuber, sagt ein Gutsverwalter, der sich als Jude verkleidet hat, um seinen Herrn zu überfallen. Das Buch ist die Wiederentdeckung eines Textes, der zuletzt vor zwanzig Jahren von George Tabori am Berliner Ensemble inszeniert wurde. Lessing gab als Erster jenen alltäglichen Antisemitismus dem Verlachen preis, der seit Jahrhunderten von Hass und Neid zehrt. Ein Lachen, das im Halse stecken bleibt. In einem Lustspiel ohne Happyend, das uns zwingt, genau hinzusehen, alles in Frage zu stellen, keiner vorgefassten Meinung zu trauen. Baldwin Zettl, Meister des Kupferstichs, hat Bilder zum Stück geschaffen. Sie zeigen die Figuren in ihrer zeitlosen Gegenwärtigkeit: als Typen, die uns auch im Hier und Heute noch begegnen. Das Buch erscheint zum 80. Geburtstag des Künstlers in der Edition Ornament, herausgegeben und gestaltet vom Pirckheimer Jens-F. Dwars. Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft können das Buch zum Sonderpreis von 12 statt 18 EUR bestellen unter www.edition-ornament.de oder per Mail: jens.dwars@t-online.de. Dort erfahren sie auch Details über die beiden Vorzugsausgaben des Bandes, die in Buchkassetten mit Originalabzügen der Kupferstiche geliefert werden. (Gotthold Ephraim Lessing. Die Juden. Ein Lustspiel in einem Aufzug. Mit Kupferstichen von Baldwin Zettl, hrsg. und gestaltet von Jens-Fietje Dwars, Edition Ornament im quartus-Verlag: Bucha bei Jena 2023, Farbdruck, Fadenheftung im Festeinband, 72 Seiten, 12 x 19,5 cm, ISBN 978-3-947646-56-2, Normalausgabe: 18 Euro, zudem erscheinen zwei Vorzugsausgaben des Bands in Buchkassetten.)

(Jens-Fietje Dwars/Pressemitteilung)

Do, 28.09.2023

Fritz Nolde, das Aquarell "In der Zelle" von 1934.
Karl Nolde: "In der Zelle", Feder und Tusche, um 1934.

Nolde und Nolde in Wittenberg

In der Wittenberger Cranach-Stiftung, dem ehemaligen Wohnhaus der Cranachs, stellt Pirckheimer-Freund Dr. Gerd Gruber wieder Werke aus seiner Sammlung aus, und erneut richtet er den Blick auf weniger bekannte und in Vergessenheit geratene Künstler: Fritz und Karl Nolde aus Leipzig. Die Exposition befindet sich mitten im Herzen der ehemaligen kursächsischen Hauptstadt, und die Gebäude, in denen sie gezeigt wird, gehören zum engen Umkreis des UNESCO-Weltkulturerbes der Lutherstätten in Wittenberg und Eisleben (Markt 4, 06886 Lutherstadt Wittenberg).

Söhne eines Tischlers, wurden sie in Leipzig geboren, Karl im Jahr 1902 und Fritz zwei Jahre später. Beide studierten nach einer Berufsausbildung an der Staatlichen Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe und wurden Mitglied der Leipziger Ortsgruppe der Assoziation Revolutionärer Bildender Künstler (ASSO). Wegen ihres Engagements für die KPD wurden beide verhaftet und zu Zuchthausstrafen verurteilt. Karl Nolde war 19331935 inhaftiert, nach seiner Freilassung emigrierte er in die Tschechoslowakei und danach über London in die USA. 1937 wurden zwei seiner Werke als „entartete Kunst“ aus Museumsbesitz beschlagnahmt. Karl Nolde starb 1994 erblindet in Mexiko.

Fritz Nolde befand sich 1934–1935 und erneut 1941–1943 in Zuchthaushaft. Unmittelbar aus dem Zuchthaus wurde er in das Strafbataillon 999 geschickt. Aus englischer Kriegsgefangenschaft kehrte er 1947 nach Leipzig zurück und starb 1980 in Potsdam. Von den fast einhundert Werken (Aquarelle, Zeichnungen und Ölbilder) die sich von beiden Künstlern in der Sammlung Gruber befinden, werden etwa fünfzig in der Ausstellung gezeigt. Neben farbintensiven Aquarellen aus den 1920er Jahren sind auch Zeichnungen zu sehen, die in der Nazihaft entstanden. Ebenso werden in der Schau Kopien von Dokumenten, wie Gerichtsurteile, Gefängnisunterlagen und schließlich das Dokument, in dem Karl Nolde 1940 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, gezeigt.

Um die beiden Künstler, die nicht mit Emil Nolde verwandt sind, wieder etwas bekannter zu machen, erschien eine kleine Publikation mit 32 Seiten und 23 Abbildungen, die für 4 Euro plus Versandkosten zu beziehen ist bei: Cranach-Stiftung Wittenberg, Markt 4, 06886 Lutherstadt Wittenberg, auch ein Bezug über das Internet und per Telefon ist möglich, über die Webseite der Stiftung: www.cranach-stiftung.de, die Mailadresse info@cranach-stiftung.de und die Telefonummer (03491) 42 01 90Die Ausstellung in Wittenberg ist bis zum 28.01.2024 zu sehen.

(Gerd Gruber/Pressemitteilung)