Mindestens zur alljährlichen Kamenzer Rede in St. Annen ist auch eines seiner unverkennbaren Plakate in der Lessingstadt zu sehen. Es war ein Glücksfall, dass die Künstlerin Claudia Berg im Jahre 2014 der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption ihren ehemaligen Lehrer und Mentor für die Gestaltung der Redenreihe empfahl! Nun gibt es in Kamenz in Form einer kleinen, ausgesuchten Sonderausstellung endlich eine persönliche Begegnung mit dem aus Halle an der Saale stammenden und lebenslang mit seiner Stadt verbundenen Helmut Brade, der als Grafiker, Grafikdesigner, Plakatgestalter, Bühnen- und Kostümbildner national und international bekannt ist.
Als Professor an der Hochschule für Kunst und Design, Burg Giebichenstein, prägte er mehrere Generationen von Künstlern und Künstlerinnen. 1999 bis 2003 war er Präsident der Freien Akademie der Künste zu Leipzig; seit nunmehr einem halben Jahrhundert ist er für internationale Theater und Opernhäuser tätig. Sein jüngstes und großartiges Bühnenbild ist derzeit in der Semperoper erlebbar – in Peter Konwitschnys Inszenierung Die Nase, einer Oper, die der erst 22-jährige Dmitri Schostakowitsch 1928 nach Gogols sozialkritischer, sarkastisch-absurder Erzählung komponierte.
Helmut Brade hat Wiedererkennungswert. Seine Arbeiten sind einzigartig, phantasievoll, stecken voller Fabulierlust, sind hintersinnig und inspirierend. Verzeichnet sind aktuell 749 Plakate für Opern, Museen, Kinos und Theater, darunter auch zu Lessings Emilia Galotti (Tübingen 1983) und Minna von Barnhelm (Halle 2001). Für besondere Anlässe schreibt er gern einmal Requisitenbriefe, zeichnet Buchstaben, schreibt in schöner, schwungvoller Form Texte und Gedichte auf altes Kanzleipapier oder versammelt gemeinsam verschiedenste Tiere zeichnerisch und in Form eines Alphabets ‚zu einer angenehmen Gesellschaft‘.
Als schwungvoller Start in den Arbeitstag entsteht im Bradeschen Atelier auf dem Hohen Weg in Halle in der kalten Jahreszeit so mancher Einstrich-Lessing. Mal zart und tastend, mal breit und kräftig, mal schwungvoll und kreiselnd – seine Linie spiegelt jede kleinste Hand- und Gemütsbewegung ihres Schöpfers wider. Kein Wunder, dass Helmut Brade sich zeitlebens besonders der Geisteskultur und Kunst des asiatischen Kontinents verbunden fühlt, stellt doch die kalligrafische Beherrschung der Linie und der Schriftzeichen in vielen fernöstlichen Kulturen die Grundvoraussetzung für jede bildkünstlerische Betätigung dar. Das Schreiben, oder besser: Zeichnen, mehrerer Buchstaben ohne abzusetzen erfüllt hier ebenso eine wichtige Rolle wie der meditative Charakter der Handbewegungen und die Beschränkung auf das Wesentliche der Darstellung.
Die Teekultur, die er auf seinen vielen Reisen durch den asiatischen Kontinent kennen- und schätzen gelernt hat, verbindet ihn eng mit dem ebenfalls aus Halle stammenden Martin Möhwald. Der 1954 geborene Sohn der Bildhauerin und Keramikerin Gertraud Möhwald und des Malers Otto Möhwald hat im Laufe seiner Karriere als Keramikkünstler eine ganz eigene Form der Umdrucktechnik erschaffen: In einem aufwendigen Verfahren bringt er dabei grafische Vorlagen auf seine Keramiken auf und brennt sie bei über 1.000 Grad in deren tönerne Gewandung ein. Besonders gern verwendet er die papiernen Fragmente seines Freundes Brade für Teekannen, Tassen und Schalen. Mitunter finden diese ihren Weg auch wieder zurück ins Bradesche Atelier und dienen etwa dazu, seinen Gästen erlesenen Tee zu servieren, sicherlich in Erinnerung an das alte japanische Sprichwort: „Eine Tasse Tee anbieten, öffnet die Welt!“
Die Ausstellung, die am 3. August in der Galerie des Sakralmuseums (Klosterkirche und Sakralmuseum St. Annen, Schulplatz 5, 01917 Kamenz) eröffnet wurde, ist bis zum 11. Dezember in der Lessing-Stadt zu sehen. Montag bis Freitag ist die Schau jeweils von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Der Katalog zur Exhibition, Helmut Brade in Kamenz, gestaltet vom Meister selbst und Andreas Richter, befindet sich im Druck und erscheint mit Texten von Claudia Berg, Sylke Kaufmann, Birka Siwczyk und Johannes Schwabe als Band 15 der Reihe Ausstellungskataloge des Lessing-Museums Kamenz in Kürze.
(Städtische Sammlungen Kamenz, Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption/Pressemitteilung)