„Das enge Verständnis sieht Kultur hingegen nur dort, wo es um Wert geht. … Kultur und Wert hängen untrennbar miteinander zusammen. Im Feld der Kultur wird bestimmten Dingen ein Wert zugeschrieben, sie werden mit Wert aufgeladen und anderen wird Wert abgesprochen.“
(Andreas Reckwitz)
Von solchen Prozessen der Wertzuschreibung oder Entwertung sind Projekte, die sich der Nische und der Erinnerungskultur verschrieben haben, wie das Buch „Gera ostmodern“ – das in zweiter Auflage erscheinen soll – in verschiedener Weise betroffen. So muss es sich in Zeiten der Krise nicht nur wie alle Kunst und Kultur gegen die Sphäre des Nützlichen durchsetzen, die zum Beispiel der Automobilindustrie zugesprochen wird, sondern auch gegen die Vorstellung einer am klassischen Kanon orientierten Hochkultur behaupten. Zudem wendet sich „Gera ostmodern“ dem Profanen, Alltäglichen zu. Jedoch anstatt zu entzaubern, bringt es Überraschendes über Ansichtskarten aus der DDR und deren kulturgeschichtliche Bedeutung zutage und rekonstruiert im weitesten Sinne ostmoderne Stadträume – obwohl für viele Menschen identitätsstiftend, steht eine kritische Neubewertung des Umgangs mit der Nachkriegsarchitektur der DDR durch eine größere Öffentlichkeit hier noch aus.
„Gera ostmodern zwei“ ist in vielerlei Hinsicht ambitioniert: Ausgehend von der Idee der Nische und der von Christoph Liepach zusammengetragenen Sammlung von DDR-Ansichtskarten soll es zwar einen multiperspektivischen Blick – den persönlichen inbegriffen – auf die Ostmoderne in Gera werfen. Aber auch das Typische der Umgestaltung der DDR, der Architektur und Bildsprache vermitteln sowie an verschwundene Architekturen und vergessene Fotograf*innen erinnern. Die Ansprüche an das Buchdesign sind ebenso hoch wie an die begleitenden, kritisch einordnenden Texte, die keine Geringeren als der Publizist Ben Kaden und Denkmalpfleger Dr. Ing. Mark Escherich beisteuern.
Um die zweite Auflage realisieren zu können, haben wir eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, die noch bis zum 15. Juli 2020 aktiv ist. Weitere Informationen zum Buch und Ablauf der Kampagne hier: Spendenaufruf.
(Christoph Aurora Liepach und Bea Nielsen)