Pirckheimer-Blog

Ausstellung

So, 19.03.2023

Die Seiten 11, 44 und 45 aus dem Elsterbuch.
Der Künstler: Peter Zaumseil aus Elsterberg.

Von der Quelle bis zur Saale: Das Elsterbuch von Peter Zaumseil

Die Weiße Elster, ein Nebenfluss der Saale, die ihre Wasser dann der Elbe abgibt, ist der Fluss des Vogtlandes. Von seiner Quelle im deutsch-tschechischen Grenzgebiet, über Plauen und Greiz, Gera und Zeitz, nach Leipzig bis an die Stadtzipfel von Halle – der Mündungsstadt an der Saale –, spült sich der Fluss zuerst durch das wundervolle Vogtländische Mittelgebirge, strömt durch die Saale-Elster-Sandsteinplatte und durchdrängt zum Ende hin das Altenburg-Zeitzer Lösshügelland und damit letztlich das Norddeutsche Tiefland.

Diesen Weg hat Peter Zaumseil nachgeschnitten. Sein originalgrafisches Holzschnittbuch Wasser ist Leben – die Weiße Elster von der Quelle bis zur Mündung erschien 2021 in der Dreier-Press des Künstlers. Nun wird das Buch mit 50 (!) Holzschnitten (42 Bilder des Künstlers und Texte von Christian Morgenstern) in einer Ausstellung in der Galerie der Osterburg Weida, der Wiege des Vogtlands, vom 17. März bis zum 10. April 2023 gezeigt.

Präsentiert werden nicht nur die Blätter aus dem Buch und deren Druckstöcke, auch Skizzen zum Buch, zehn Gemälde und zwei externe Farbholzschnitte. Ein Überblick, der ahnen lässt, wie der aus Greiz stammende, und heute in Elsterberg lebende Künstler seinen Heimatfluss seit mehr als 40 Jahren sieht. Peter Zaumseil ist freilich kein Unbekannter im deutschen Künstlerbuch-Geschwader. Seit 1991 verlegte er 15 Unikat-, 23 Holzschnittbücher und 14 Mappenwerke.

Ausstellung: Peter Zaumseil: Wasser ist Leben – die Weiße Elster von der Quelle bis zur Mündung. Originalgrafisches Künstlerbuch mit 50 Holzschnitten des Künstlers und Texten von Christian Morgenstern. Elsterberg: Dreier-Press 2021. Auflage: 9 Exemplare + 1 e. a.; Schubergröße: 35,5 cm x 43 cm, Buchgröße: 30,5 cm x 41 cm. Präsentation vom 17. März bis 10. April 2023, Donnerstag bis Sonntag (auch an Feiertagen) 10 bis 18 Uhr, Galerie der Osterburg Weida, Schlossberg 14, 07570 Weida. Weitere Info unter: www.peterzaumseil.de und www.osterburg-vogtland.eu.

(Uwe Klos)

Do, 16.03.2023

"Palmbaum"-Redakteur Jens-Fietje Dwars begrüßt die Ausstellungsgäste zur Vernissage. | © Elke Lang
V. l. n. r.: Gründungsredakteur Detlef Ignasiak, Jens-F. Dwars, Michael von Hintzenstern. | © Elke Lang

Burgk I: Im Zeichen der Palme

Knapp 40 Besucher hatten sich am Sonnabend, dem 11. März, nach Schloss Burgk in die Neue Galerie begeben, um dem Palmbaum zu huldigen, der Thüringer Literaturzeitschrift dieses Namens, die vor 30 Jahren von Detlef Ignasiak im quartus-Verlag Bucha b. Jena gegründet worden war. Spätestens seit 2005 hat sich mit Jens-Fietje Dwars als Redakteur dieses Journals auch der Philosophie und besonders der bildenden Kunst zugewandt. Ihm sind die 36 Einbände zu verdanken, die nach grafischen Vorlagen von Gegenwartskünstlern Mitteldeutschlands gestaltet sind. Darunter befinden sich Horst Hussel, Gerhard Altenbourg, Gerd Mackensen, Uwe Pfeifer, Max Uhlig, Baldwin Zettl und Kay Voigtmann. In der Jubiläumssonderschau sind unter anderem all diese Buchumschläge neben den Grafiken zu sehen, aus denen sie entwickelt wurden. Dieser Fundus an originaler Kunst ist für sich schon sehenswert. Das Besondere der Ausstellung besteht jedoch darin, dass der Besucher hier den Gestaltungsprozess bis hin zum Buchumschlag nachvollziehen kann. Weiterhin sind originale Künstlerbriefe von Karl-Georg Hirsch, Hans Ticha und Strawalde, Manuskripte von Volker Braun, Reiner Kunze und Wulf Kirsten sowie erstmals publizierte Autografen von Gottfried Benn, Gabriele Reuter und Paul Scheerbart zu besichtigen. Mit Grafik-Mappen und Marginalien-Beilagen der Pirckheimer-Gesellschaft im Pirckheimer-Kabinett und einer kleinen Erotika-Exposition sind um die 300 künstlerische Arbeiten ausgestellt. Museums-Direktorin Sabine Schemmrich freut sich, diese Ausstellung mit dem Titel Im Zeichen der Palme: Literatur und Grafik aus Mitteldeutschland in ihrem Hause präsentieren zu dürfen, ist doch Gegenwartskunst aus Mitteldeutschland für die 1981 eröffnete Neue Galerie bis heute festes Programm. Die Ausstellung ist bis zum 25. Juni zu sehen, das Schloss von Di bis So 10 bis 18 Uhr geöffnet. Alle Infos unter: www.schloss-burgk.de.

(Elke Lang)

Mi, 15.03.2023

Vom 18.03. bis zum 16.06.2023 sind die Arbeiten von Elfriede und Eberhard Binder in der Brandenburger Galerie Sonnensegel zu sehen. Die Einrichtung, in der auch die "Bücherkinder" zuhause sind, zeigt Arbeiten des Künstler-Ehepaars, die sich mit den beiden großen homerischen Epen und dem ikonisch gewordenen "Nibelungenlied" aus dem zwölften Jahrhundert, einem 'Urstoff' der deutschsprachigen Literatur, Musik und Bildenden Kunst, befassen.

Geschichten und Geschichte

Elfriede und Eberhard Binder können vielleicht als die „bekanntesten Unbekannten“ der ost-deutschen Illustrationskunst bezeichnet werden. Mehr als 800 Bücher hat Eberhard Binder (1924–1998) illustriert, darunter viele Gemeinschaftswerke mit seiner Ehefrau Elfriede Binder (*1927). Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr groß, dass der geneigte Bücherfreund gleich mehrere Titel in seiner Sammlung findet, denen das Grafiker-Ehepaar eine eindrucksvolle Optik geschenkt hat. Das Spektrum der illustrierten Werke umfasst fast den gesamten klassischen Kanon der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Trotz dieser thematischen Bandbreite und der hohen Qualität der grafischen Arbeiten, die häufig mit Preisen bedacht wurden, traten die Künstler stets bescheiden hinter ihr Werk zurück. Auch die effektivsten Suchmaschinen generieren in der scheinbaren Unendlichkeit des angehäuften Internet-Wissens kaum Fundstücke zum Biografischen, zu den Selbstzeugnissen oder zu Interviews mit den Illustratoren. Ein Grund mehr, die Arbeiten von Elfriede und Eberhard Binder in einer Ausstellung zu präsentieren. Im Mittelpunkt der kleinen Werkschau in der Brandenburger Galerie Sonnensegel (Gotthardtkirchplatz 4/5, in 14770 Brandenburg a. d. Havel) stehen die Illustrationen des Künstlerpaares zu drei großen mythischen Erzählungen, zu Homers Ilias und Odyssee sowie zum mittelalterlichen Nibelungenlied. Die Schau ist vom 18. März bis zum 16. Juni zu sehen; die Vernissage findet am 18.3. um 16 Uhr statt.

(Matthias Frohl/Pressemitteilung)

Fr, 10.03.2023

"Cobra Numero 1 – Bulletin pour la coordination des investigations artistique", Künstlerzeitschrift, 1949.
In der Ausstellung zu sehen: Jan Voss, "Dokumente", 1993; Henriëtte van Egten, "Too Long"; und Rúna Thorkelsdóttir, "Vatnaljod", 1988. | © Bettina Brach

Von De Stijl bis Boekie Woekie

Im Weserburg Museum für moderne Kunst in Bremen (Teerhof 20, 28199 Bremen) wird ab dem 10. März De Stijl bis Boekie Woekie. Künstlerpublikationen aus den Niederlanden gezeigt. Das Haus präsentiert erstmals die Geschichte der Künstlerpublikationen in den Niederlanden über einen Zeitraum von 100 Jahren. Von der De-Stijl-Bewegung Anfang des 20. Jahrhunderts und der gleichnamigen Zeitschrift, herausgegeben von Theo van Doesburg, die sich der Erneuerung der Kunst, aber auch von Architektur, Design, Typografie und Dichtung verschrieb, bis zum legendär zu nennenden Künstlerbuch-Laden Boekie Woekie in Amsterdam, den die Künstler*innen und Verleger*innen Jan Voss, Henriëtte van Egten und Rúna Thorkelsdóttir prägten und prägen.

Gezeigt werden alle Formen von Künstlerpublikationen, dabei unter anderem Künstlerbücher, Künstlerschallplatten, Multiples und Künstlerplakate. In der Ausstellung werden Werke von rund 40 Künstlerinnen und Künstlern aus den Sammlungen des zum Weserburg Museum gehörenden Zentrums für Künstlerpublikationen (Leitung: Dr. Anne Thurmann-Jajes) und der niederländischen Brokken Zijp Foundation of modern and contemporary Art (BFA) präsentiert. Zur Eröffnung am 10.03. findet um 19.30 Uhr in der Bibliothek (auf Ebene 3 ½) ein Künstlergespräch mit Sigrid Calon und Bert Loerakker sowie José Brokken-Zijp und Anne Thurmann-Jajes, die die Schau kuratierten, in deutscher und englischer Sprache statt.

Die Liste der an der Ausstellung der beteiligten Künstlerschaft liest sich wie das Who-is-who der niederländischen Buchkunst und anderweitigen Künstlerpublikations-Szene: Pierre Alechinsky, Karel Appel, Marinus Boezem, Pieter Brattinga, Stanley Brouwn, Aart van Barneveld, Sigrid Calon, Ulises Carrión, Hans Clavin, Constant, Corneille, Wim Crouwel, Herman Damen, Ad Dekkers, Theo van Doesburg, Christian Dotremont, Pier van Dyck, Henriëtte van Egten, Michael Gibbs, Marijke de Goey, Harry Haarsma, Harmen de Hoop, Hetty Huismann, Ko de Jonge, Asger Jorn, Bart van der Leck, Bert Loerakker, Lucebert, Jan van Munster, Willem de Ridder, Tajiri Shinkichi, Peter Struycken, Rod Summers, Oej Tjeng Sit, Fiona Tan, Jan van der Til, Rúna Thorkelsdóttir, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Jan Voss, Herman de Vries, Marijke van Warmerdam, Alicja Werbachowska, H. N. Werkman und Robert Zandvliet.

Die Ausstellung, die einen intensiven Einblick in die künstlerisch publizierende Szene des Nachbarlands erlaubt, wird von der Botschaft des Königreichs der Niederlande mit Sitz in Berlin sowie von der Universität Bremen gefördert und unterstützt. Das Weserburg Museum ist von Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet (montags geschlossen). Der Eintritt beträgt 9 bzw. ermäßigt 5 Euro. Die Sparkasse Bremen AG ermöglicht allen Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren den kostenlosen Eintritt in die Weserburg. Weitere Informationen zum Museum und zur Ausstellung finden sich auf der Webseite der Einrichtung in der Weserburg: www.weserburg.de

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mi, 08.03.2023

Dieter Goltzsches Zeichnungen und Grafiken: vom 16.03. bis 11.06. zu sehen in Kamenzer Malzhaus.

Dieter Goltzsche in Kamenz

Goltzsche – zur Literatur: Das Lessing-Museum Kamenz zeigt im Malzhaus (Eingang über das Museum der Westlausitz, Pulsnitzer Straße 16, 01917 Kamenz) vom 16. März bis 11. Juni im Rahmen der 54. Kamenzer Lessing-Tage eine Sonderausstellung mit Grafiken zur Literatur von Dieter Goltzsche. Der Berliner Maler und Grafiker, 1934 in Dresden geboren, hat ein umfangreiches, vielgestaltiges und unverwechselbares Werk geschaffen. Ein wichtiger, ja, zentraler Teil seines Œuvres sind die Arbeiten zur Literatur. Bis heute umfasst das Verzeichnis der von Goltzsche illustrierten Bücher und Künstlerbücher mehr als 70 Titel. Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt durch Goltzsches Arbeiten zur Literatur, wobei die Spannbreite von Äsop über E. T. A. Hoffmann, Novalis und Jean Paul, Gottfried Keller, Alphonse Daudet und Theodor Fontane bis zu Arno Schmidt, Sarah Kirsch und Heinz Czechowski reicht. Vertreten sind auch Grafiken zu Texten des sorbischen Dichters Kito Lorenc (1938–2017). Aus der virtuosen Verwendung der verschiedenen künstlerischen Mittel entsteht bei Goltzsche von poetisch zarten Darstellungen bis zu kraftvoll abstrakten Linienführungen ein ganz eigener Bilderkosmos. Die Werke des Künstlers gleichen dabei Andeutungen, die die Literatur umspielen, begleiten. Sie illustrieren nicht im engeren Sinne und eröffnen gerade dadurch dem Betrachter einen weiten Spielraum für die eigene Fantasie. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr zu sehen. Weitere Informationen über die Webseite des Museums: www.lessingmuseum.de

(Sylke Kaufmann/Pressemitteilung)

Di, 07.03.2023

Die Umschlaggrafik der "Palmbaum"-Ausgabe Nr. 2/2020 gestaltete Uwe Pfeifer aus Halle (Saale).
Dr. Jens-Fietje Dwars | © Sylwia Mierzynska
Das Cover des in Kürze erscheinenden Hefts 1/2023 des "Palmbaum" stammt von Dieter Goltzsche.

30 Jahre „Palmbaum“ in Burgk

Die Thüringer Literaturzeitschrift Palmbaum heißt nicht „Tannenbaum“, weil sie nicht (nur) Wiesen und Wälder besingt. Ihr Vorbild ist die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die 1617 in Weimar geschaffen wurde. Am Vorabend des verheerendsten aller europäischen Kriege beschlossen die regierenden Fürsten der protestantischen Höfe keine Aufrüstungs- oder Wirtschaftsprogramme. Um eine Verständigung im zerrissenen Deutschland herbeizuführen, hielten sie nichts für notwendiger als die Förderung der deutschen Sprache und Literatur. Ihr Leitspruch war „Alles zu Nutzen“, ihr Erkennungszeichen die vielfach nutzbare Palme.

1992 gründete Detlef Ignasiak in Jena die „Literarhistorische Gesellschaft Palmbaum“, die seit 1993 die Zeitschrift Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen herausgibt. Sie erscheint zweimal jährlich im quartus-Verlag Bucha, seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Literaturrat. Volker Braun nennt die Hefte „wahre Wunderkammern“, weil jedes davon einem Titelthema gewidmet ist. Der Palmbaum bringt nicht nur, wie andere Literaturzeitschriften, neue Prosa, Lyrik und Essays, sondern widmet sich auch dem reichen kulturellen Erbe Thüringens und Streitfragen der Gegenwart. Weibliches Schreiben, Stimmen der Natur und Literatur in einer zunehmend absurden Welt waren jüngste Themen, das März-Heft stellt Reichtum in Frage: Was ist ein reiches Leben? Woran kann man es erkennen, gar messen? 

2005 hat Jens-F. Dwars die Redaktion übernommen. Seitdem werden die Einbände von Thüringer und mitteldeutschen Künstlern gestaltet. Der Reigen der Beteiligten reicht von Gerhard Altenbourg über Moritz Götze, Angela Hampel, Karl-Georg Hirsch, Horst Hussel, Gerda Lepke, Gerd Mackensen, Klaus Süß und Strawalde bis zu Hans Ticha, Max Uhlig und Baldwin Zettl. All diese und weitere namhafte Künstler hatten in den vergangenen Jahren Personalausstellungen im Museum auf Schloss Burgk, das sich sich zugleich zu einem Geheimtipp für Kunst-, vor allem Grafik-Liebhaber entwickelt hat. Schon in den 1980er Jahren eröffnete hier Lothar Lang ein Pirckheimer-Kabinett für Grafik und Künstlerbücher.

Der Ort ist daher ideal, um das 30-jährige Bestehen des Palmbaum mit einer großen Ausstellung vom 11. März bis 25. Juni zu feiern: einem Klassentreffen mitteldeutscher Literatur und Grafik. Im Mittelpunkt stehen die 36 Einbände seit 2005 und ihre originalgrafischen Vorlagen. Durch den Vergleich von Zeichnung, Andruck und Cover lässt sich exemplarisch nachvollziehen, was Buchgestaltung ausmacht: Erst durch Auswahl, Verkleinerung oder Vergrößerung von Ausschnitten, kombiniert mit typografischen Bausteinen, entsteht ein Einband, der die Leser ansprechen und auf das Thema des Heftes einstimmen soll. So lädt die Ausstellung auch dazu ein, den Prozess der Entstehung, der Machart heutiger Medien kritisch zu durchschauen.

In Vitrinen werden verschiedene Einbandentwürfe und die fertigen Cover der Zeitschrift gezeigt. Dokumente aus der Geschichte der Zeitschrift ergänzen die Bilder: Künstlerbriefe von Karl-Georg Hirsch, Hans Ticha und Strawalde, Manuskripte von Volker Braun, Reiner Kunze, Wulf Kirsten und Reinhard Jirgl sowie in der Zeitschrift erstveröffentlichte Autografen von Gottfried Benn, Gabriele Reuter, Paul Scheerbart und anderen namhaften Autoren. Auch Bücher der Reihe Palmbaum. Texte. Kulturgeschichte sowie die Bände der Edition Ornament aus dem quartus-Verlag werden einbezogen, die Texte und Grafiken ostdeutscher Autoren und Künstler vereinen – mit Vorzugsgrafiken von Moritz Götze, Horst Hussel, Angela Hampel, Felix Furtwängler, Gerd Mackensen, Baldwin Zettl, Kay Voigtmann u. v. a.

Im Pirckheimer-Kabinett sind die Grafik-Mappen der Edition Pirckheimer sowie grafische Beilagen der Marginalien zu sehen. Neben den schon Genannten sind Claudia Berg, Dieter Goltzsche und Susanne Theumer mit Meisterblättern vertreten. Für Liebhaber der Grafik gibt es noch ein erotisches Kabinett mit Zeichnungen von Gerd Mackensen. Zu sehen sind seine Illustrationen für zwei Anthologien des „Menantes-Preises für erotische Dichtung“, den der Palmbaum von 2006 bis 2016 zusammen mit der Kirchgemeinde von Wandersleben ausgeschrieben hat, sowie Bilder zu Goethes Erotica, die unlängst in der Edition Ornament erschienen sind.

Gute Gelegenheiten, die vielschichtige Ausstellung zu besuchen, bietet das Rahmenprogramm: Die Ausstellung startet am 11. März, 15 Uhr, mit einem Paukenschlag. Unter dem Motto Zur Not bleibt uns das Lachen! präsentieren Michael von Hintzenstern und Jens-F. Dwars Dada-Texte und laden mit dem aktuellen Palmbaum (Ausgabe 2/2022) ein, die absurde Welt zu verlachen. Sie erinnern an den Dada-Kongress in Weimar und Jena 1922, der in einem Skandal endete. Von Hintzenstern wird Schwitters-Gedichte rezitieren und Dwars an der Orgel der Schlosskapelle begleiten, der Texte von Scheerbart bis Hussel liest. Am Ende verzaubert der Organist und Impresario der Weimarer Dada-Dekade das Publikum in einen mehrstimmigen Dada-Chor. Höchstes Vergnügen wird garantiert. Es darf auch von Herzen gezischt und gepfiffen werden!

Am 1.5. wird „Reichtum für alle!“ gefordert. Ab 15 Uhr wird das neue Palmbaum-Heft vorgestellt, das fragt, worin wahrer Reichtum besteht. Ein Gespräch mit dem Marionetten-Spieler Henning Hacke dreht sich um die Verwandlungen des Reichtums im Märchen, ums Haben oder Sein. So auch im anschließenden Puppenspiel Vom Fischer un syn Fru, musikalisch begleitet vom Jazz-Posaunisten Frieder W. Bergner. Außerdem hat an dem Nachmittag das Buch zur Ausstellung Premiere: Ateliergespräche mit 28 Porträts ostdeutscher Bildermacher. Und am 18. Juni liest Romy Gehrke aus Goethes Erotica, 150 Jahre lang zensiert, zum Künstlergespräch mit Gerd Mackensen über erotische Kunst im Anschluss passend spielt von Hintzenstern Cello ... Eine Würdigung zu 30 Jahre Palmbaum erscheint auch im nächsten Heft der Marginalien.

(Pressemitteilung/Jens-Fietje Dwars)

So, 05.03.2023

Johann Fischer von Erlachs restaurierter Prunksaal des Kaisers in der Nationalbibliothek Wien. | © Hans Jürgen Landes/Österreichische Nationalbibliothek

Nationalbibliothek: Prunksaal des Kaisers wurde restauriert

Auch wenn die Ausstellung Fischer von Erlach und der Prunksaal des Kaisers – 300 Jahre barocke Pracht soeben abläuft, bleibt der renovierte Saal in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien als Schmuckstück erhalten. Der Grundriss und die Innenausstattung der ehrwürdigen Bibliothek werden Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) zugeschrieben. Der Bau des Gebäudes wurde vermutlich 1723 von dessen Sohn Joseph Emanuel Fischer von Erlach (1693–1742) vollendet,  das Gebäude um 1735 eingeweiht. Kaiser Karl VI. (1685–1740) wollte die Bibliothek zu mehr als nur einem Gebäude zur Aufbewahrung von Büchern machen und ein Denkmal für den Kaiser und seine Vorfahren hinterlassen. Zur Veranschaulichung des inhaltlichen Konzepts als Büchersaal und Ruhmeshalle der Habsburger werden Original-Handschriften, monumentale Stichwerke, Pläne und Skizzen aus der Erbauungszeit verwendet, kunstvoll gestaltete Bücherkästen, marmorne Habsburger-Statuen, Büsten und Globen sowie der prachtvolle Freskenzyklus von Daniel Gran (1694–1757). Der Prunksaal, der den Brand der Revolution 1848, die Angriffe des Zweiten Weltkriegs und den Hofburgbrand von 1992 überstanden hat, wurde nach umfangreichen Restaurierungs-Arbeiten wiedereröffnet. Die Österreichische Nationalbibliothek befindet sich am Josefsplatz 1 in 1015 Wien und kann täglich (bis Mai: Saal montags geschlossen) von 10–18 Uhr, donnerstags von 10-21 Uhr besucht werden. Die Ausstellung war vom 12.01. bis 05.03. zu sehen.

(Maria Bogdanovich)

Fr, 24.02.2023

"Meisterhafte Unikate" im Museum für Druckkunst.

100 Jahre Einbandkunst

Jubiläumsausstellung in einer ausgewiesenen Stadt des Buches: Meisterhafte Unikate: 100 Jahre Einbandkunst zeigt bis zum 7. Mai das Museum für Druckkunst Leipzig. Die Ausstellung findet anlässlich des 100. Jahrestags der Gründung der Meister der Einbandkunst MDE – internationale Vereinigung e. V. statt und gibt Einblicke in die Entwicklung des zeitgenössischen künstlerischen Einbands in Deutschland – von den Anfängen in den Handbindeabteilungen der Leipziger Buchbindereien im frühen 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Handgebundene Bücher, Buntpapiere, Gestaltungskonzepte, Werkzeuge, Materialien, Werkstattimpressionen dokumentieren die kontinuierliche Entwicklung der Einbandkunst, Wandel und Innovationen in Gestaltung und handwerklichen Techniken sowie Einflüsse aus den europäischen Nachbarländern an Beispielen der Meister der Einbandkunst. Für die Zeit der Ausstellung des renommierten Hauses in der Leipziger Nonnenstraße 38 ist ein umfangreiches Begleitprogramm, der Januar-Führung der beiden Kuratorinnen Claudia Richter und Claudia Dettlaff folgt eine zweite am Sonntag, den 26.02., um 12 Uhr, eine allgemeine Führung am 26.03. sowie zwei Spezialführungen zum Thema Buntpapiere mit Julia Rinck jeweils zur gleichen Zeit. Und am 02.04. gibt es als besonderes Special einen Oster-Familienworkshop zum Thema Kleisterpapiere. Zur Ausstellung erschien ein Katalog, der in der Ausstellung oder über die MDE-Geschäftsstelle erworben werden kann. Alle Informationen finden sich auf den Webseiten des Museums sowie der MDE-Vereinigung.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 23.02.2023

Depositum der Bestände des Alten Gymnasiums in der Landesbibliothek Oldenburg. | © LBO
Zwei Einbände der Sammlung, gefertigt aus einer mittelalterlichen Pergamenthandschrift. | © LBO

Bücherschätze aus der Bibliothek des Alten Gymnasiums Oldenburg

Bücherpreziosen in der Oldenburger Landesbibliothek: Zum 450. Jubiläum des Alten Gymnasiums Oldenburg (AGO) wird dessen historische Schulbibliothek erstmals in einer Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Kostbarkeiten aus viereinhalb Jahrhunderten Schulgeschichte werden vom 03.03. bis 26.05.2023 in der LBO (am Pferdemarkt 15 in 26121 Oldenburg) gezeigt. Für den 27. Februar hat Direktorin Corinna Roeder die Pressevertreter eingeladen, am 2. März um 19 Uhr folgt die feierliche Vernissage u. a. mit den Vortrag Historische Schulbibliotheken im Kontext von Schule, Bibliothek, Kultur und Wissenschaft von Dr. Britta Klosterberg (Franckesche Stiftungen Halle), Grußworten der LBO und des AGO. 

Sie ist eine der bedeutendsten Schulbibliotheken im Nordwesten Deutschlands und bewahrt einige Schätze, die bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückreichen und damit älter sind als die Schule selbst. Auf welch verschlungenen Pfaden sie in die Bibliothek gelangten, bleibt oft ein Geheimnis. Spuren ihrer individuellen Geschichte finden sich zuweilen in den Namenszügen früherer Besitzer oder in handschriftlichen Kommentaren auf den Blatträndern. Nahezu 500 Bücher des 16. bis 18. Jahrhunderts und mehrere tausend des 19. Jahrhunderts enthält die Bibliothek heute – teilweise kostbare Schenkungen ehemaliger Lehrer des Gymnasiums zu Oldenburg. 

Bereits beim Pressetermin am 27.02. um 14 Uhr soll die Schulbibliothek zudem in Anwesenheit von Schulleiter Frank Marschhausen um ein äußerst wertvolles historisches Buch bereichert werden. Frau Dr. Erika Ortega-Suhrkamp aus Oldenburg schenkt dem ehrwürdigen Gymnasium eine seltene Ausgabe der Werke des antiken Geschichtsschreibers Cornelius Tacitus, die 1544 im berühmten Verlagshaus Froben in Basel erschien, in dem auch Erasmus von Rotterdam und andere Humanisten drucken ließen. Auch dieses Buch hat eine besondere Geschichte. Ab dem 03.03. sind die Schätze in der Landesbibliothek Oldenburg von Montag bis Freitag von 1019 und am Samstag von 9–12 Uhr zu sehen, der Eintritt in die Ausstellung ist frei.

(André Schinkel/Pressemeldung)

So, 19.02.2023

Zeichnungen und Grafik von Félicien Rops sind in Hamburg vom 10.02. bis zum 07.05. zu sehen.
Detail aus "Die Absinthtrinkerin" (Paris, im Mai 1870).
Paul Mathey, „Félicien Rops in seinem Atelier“ (1888).

„Paris ist meine Bibliothek“

Nackte Frauenkörper, dargestellt in provozierend expliziten Szenen, schockierende satanistische Rituale, fantasievoll-opulente Szenerien: Kaum ein Künstler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war mit seinem Motivrepertoire derart berüchtigt und einflussreich wie Félicien Rops (1833–1898). Hinter seinen oberflächlich betrachtet frivol-obszönen Darstellungen stecken hingegen scharfer Witz, Religions- und Gesellschaftskritik sowie politische Satire. Das Hamburger Kunsthalle beherbergt seit 1907 eine der umfangreichsten deutschen Sammlungen an Werken des belgischen Symbolisten, das 1907 aus der Sammlung des Hamburger Juristen und Kunstsammlers Johannes Mohrmann (1812–1906) erworben werden konnte. Trotz ihrer Größe und Bedeutung ist die Hamburger Rops-Sammlung, die mehr als 250 Werke umfasst, bis heute nahezu unbekannt und nie ausgestellt worden.

Der im belgischen Namur geborene Félicien Rops ist wohl der bedeutendste und einflussreichste Radierer der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Tätig vor allem in Brüssel und Paris, prägten seine weit verbreiteten und immer wieder für Skandale bekannten Druckgraphiken bis nach 1900 mehrere Künstlergenerationen, zu denen u. a. Max Klinger, Alfred Kubin, Jeanne Mammen und Otto Dix gehörten. Rops schuf in jungen Jahren satirische Lithographien, widmete sich jedoch spätestens ab 1860, seit er regelmäßig in Paris lebte und arbeitete, in seinem Werk besonders dieser Stadt, ihrer vielgestaltigen Bevölkerung, den Ausschweifungen und Abgründen. Sein vom französischen und belgischen Bürgertum mit seiner Doppelmoral kritisch beäugter, lockerer Lebenswandel und seine engen Kontakte zur literarischen Welt der Bohème in Paris – er freundete sich u. a. mit Charles Baudelaire an – machten ihn ebenso berühmt wie berüchtigt. Vor allem als gefragter Illustrator bzw. Entwerfer signifikanter Frontispize und Titelblätter symbolistischer Literatur war Rops höchst erfolgreich. Die häufig als Pornographie bezeichneten Radierungen taten ein Übriges, Rops’ exzentrischen Ruf in Europa zu festigen und ihm große Aufmerksamkeit, aber auch viel Widerstand einzubringen.

Die Ausstellung Paris ist meine Bibliothek. Zeichnungen und Druckgraphiken von Félicien Rops im Harzen-Kabinett der Hamburger Kunsthalle wird erstmals knapp hundert Blätter aus dem umfangreichen Konvolut an Druckgraphik und Zeichnungen des Künstlers präsentieren. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf den sexuell expliziten Darstellungen, für die Rops schon zu Lebzeiten europaweit bekannt und berüchtigt war, sondern wird auch seine politisch-kritischen und satirischen Entwürfe, Arbeiten in Verbindung mit symbolistischer Literatur sowie Werke, die seine Heimat Flandern zeigen, einbinden. Ein umfassender Blick auf sein Werk, wie es der Bestand der Kunsthalle erlaubt, kann weder das eine noch das andere ausschließen. Dies erlaubt es, die von Rops so häufig thematisierten Geschlechterrollen, sozialen Verhältnisse und moralischen Ambivalenzen seiner Zeit und Gesellschaft, an denen sich Rops zeitlebens immer wieder abgearbeitet hat, offenzulegen und kritisch zu hinterfragen.

Paris ist meine Bibliothek.
Zeichnungen und Druckgraphiken
von Félicien Rops (1833–1898),
im Harzen-Kabinett der 
Hamburger Kunsthalle,
Glockengießerwall 5,
20095 Hamburg vom
10.02. bis 07.05.2023.
Di–Sa 10–18, Do 10–21 Uhr.

(Hamburger Kunsthalle/Pressemitteilung)

Mo, 13.02.2023

Das Buchgespräch mit Wolfgang Buchta findet im Rahmen der Ausstellung "Best of 2022" statt.

Gespräch mit Wolfgang Buchta

2021 erschien in der Horner Edition Thurnhof in der Reihe oxohyph der Band Lockdown mit Gedichten von Karl Lubomirski und Filmlithographien von Wolfgang Buchta (Vorzugsausgabe mit Offsetfarblithographien, handkoloriert, Holzschuber mit Tuschzeichnung, 38 S., 22 x 17 cm, Auflage: 40 nummerierte und signierte Exemplare, 150 Euro). Im Buchgespräch in der Wiener Galerie Druck & Buch liegt der Fokus auf der Vorzugsausgabe des Werks: Einen Teil der Auflage hat Buchta nachträglich koloriert, übermalt und überarbeitet; auch der Holzschuber ist jeweils mit Originalzeichnungen versehen. Wie ist es, es ein gedrucktes Buch in eine Serie von Unikaten oder eine Auflage von Originalen zu verwandeln? Das Gespräch mit Wolfgang Buchta findet im Rahmen der Ausstellung Best of 2022 am Donnerstag, den 23. Februar, um 19 Uhr statt. Vom Opus selbst sind nur noch wenige Exemplare erhältlich. Die Ausstellung ist noch bis 28.2. in der Berggasse 21/2 in Wien, in der sich Susanne Padbergs Galerie Druck & Buch befindet, zu sehen.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Fr, 03.02.2023

Unser Pirckheimer-Neumitglied Thomas Franke präsentiert am 08.02. seine Adaption des Schmidt-Romans "Die Gelehrtenrepublik" in Bonn.

Schmidts „Gelehrtenrepublik“

Thomas Franke lädt zur Vernissage und Buchpräsentation von Arno Schmidts (1914–1979) legendären ‚Roman aus den Roßbreiten’ ein. Der Künstler schreibt: „Seit Ende Dezember des vergangenen Jahres liegt die Vorzugsausgabe des Künstlerbuches Die Gelehrtenrepublik vor. Anfang Februar werde ich hier in Bonn eine Veranstaltung durchführen, bei der ich die Buchausgaben präsentiere und ich möchte Sie dazu einladen: Vernissage der Ausstellung einiger zum Kurzroman vom Grafiker, Buchkünstler, Dichter, Schauspieler und  ‚Erforscher des tellurischen Kabinetts‘ (nach Elisabeth Einecke-Klövekorn) Thomas Franke geschaffener Holzstich-Collagen samt einigen geschwätzigen Ausführungen zur Entstehung des Buches sowie der Lesung aus dem Kurzroman am Mittwoch, den 8. Februar 2023, um 19.30 Uhr, in der Altstadtbuchhandlung Büchergilde in Bonn, Breite Str. 47, 53111 Bonn, Telefon: (0228) 63 67 50.“

Arno Schmidt arbeitete vor dem Krieg als Lagerbuchhalter in Greiffenberg/Schlesien, nach Kriegsdienst und Gefangenschaft schließlich als Übersetzer und Schriftsteller. Seit 1949 erschienen zahlreiche Romane, Erzählungen und literarische Radioessays. Arno Schmidt erhielt 1973 den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main. Der Gegenstand dieses Abends und der Ausstellung ist Arno Schmidts Kurzroman. Erstmals 1957 erschienen, spielt Die Gelehrtenrepublik in der Welt fünfzig Jahre nach einem Atomkrieg. Der Roman schildert in Tagebuchform die Reise des Journalisten Charles Henry Winer im Jahr 2008 durch einen von Mutationen bevölkerten „Hominidenstreifen“ in Nevada zu der im Pazifik treibenden künstlichen Insel IRAS (International Republic for Artists and Scientists), auf der die letzten Geistesgrößen, unter der rivaliserenden Aufsicht von Russen und Amerikanern, aus Wissenschaft und Kunst Zuflucht gefunden haben. 

Mit der von Franke reich illustrierten und gemeinsam mit Michael Haitel gestalteten sowie als Künstlerbuch aufwendig hergestellten, bei p.machinery edierten Neuausgabe des Romans erweist sich Franke nicht nur als ein Liebhaber des Schmidt’schen Wirkens, sondern auch seines Humors und seiner bissigen Ironie. Er entdeckte, dass hinsichtlich Schmidts Einschätzung des Interesses der Deutschen an Büchern gleichfalls eine Wahlverwandtschaft besteht. Als sein monumentales Werk Zettels Traum erschienen war, antwortete er auf die Frage, wer denn das Buch lesen solle, dieses Buch wäre für die „eigentlichen Kulturträger“ der Nation bestimmt, die er folgendermaßen errechnete: „Die Zahl der Kulturträger erhalten Sie, wenn Sie die dritte Wurzel aus P ziehen, wobei P für Population oder Bevölkerung steht: Macht bei 60 Millionen Einwohnern in West-Deutschland 390 Leser.“ Eine Zahl, die in den letzten Jahren nicht gewachsen dürfte.

Ein solcher Humor gefällt Franke und so wollte er bei der Gestaltung des Künstlerbuches nicht zurückstehen: Die Bücher wurden in Cabra gebunden, ein Material, das sich anfühlt, als würde man einer Zentaurin aus dem „Hominidenstreifen“ das Fell streicheln. Seit 1979 ist Franke als freier Grafiker, Buchkünstler und Illustrator z. B. für den Suhrkamp-, den Heyne-, den Goldmann-Verlag, für p.machinery und viele andere tätig. Für seine buchgestalterische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet ebenso für seine Arbeit als Schauspieler. Neben seiner Bühnenarbeit bestreitet er seit beinahe vierzig Jahren szenische Lesungen. Die Buchausgaben wurden gefördert durch ein Künstlerstipendium im Rahmen der NRW-Corona-Hilfen. Mit dem Werk beginnt eine Reihe unter dem verheißungsvollen Titel Fulminant Fantastische Folianten. Das Buch umfasst 246 Seiten incl. 25 farbiger, sieben davon wiederum ausklappbar. Die Normalausgabe ist für 99 Euro, die Vorzugsausgabe mit Digidruck im Einleger und Schuber für 222 Euro zu haben.

(André Schinkel/Thomas Franke/Pressemitteilung)

Mi, 01.02.2023

Clemens Gröszer, "Bildnis Anne-Kathrin Bürger", 2010/2012, Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 65 cm, | © VG Bild-Kunst, Bonn 2022.
Clemens Gröszer, "Kreuzigungsfragment (Dresdner Altar)", 1984/2004, Mischtechnik auf Hartfaser, 109,5 x 196 cm, | © VG Bild-Kunst, Bonn 2022.
Clemens Gröszer: "Marin a cholie XIII", 2013, Mischtechnik auf MDF-Platte, 175 x 80 cm | © VG Bild-Kunst, Bonn 2022.
Clemens Gröszer: "Selbst mit M. á. C.", 2011, Mischtechnik auf Leinwand, 50 x 40 cm | © VG Bild-Kunst, Bonn 2022.

El Gordo auf dem Rummel

Im Angermuseum Erfurt sind bis zum 05.03. 130 Arbeiten aus Clemens Gröszers Nachlass  zu sehen

Im Begrüßungsbild von einem Rummelplatz fährt Der Driver (Selbst) (1985–2001) dem Besucher der Ausstellung Clemens Gröszer. Magie der Wirklichkeit im Autoscooter entgegen. Ein Spielzeug für Größere, ein menschlich gelenkter technischer Apparat aus Mann und Auto – ein wenig erinnert das an die romantische Liebe E.T.A. Hoffmanns zu den mechanischen Lebewesen. Über dem Vehikel sprühen wie ein Feuerwerk Elektrofunken vom Gitter der Oberleitung. Die Zigarette hängt lässig im Mund des Fahrers, sein Schlips fliegt. Ein anderes Gefährt steckt sinnbildlich in der Ecke, und der Rempler am Heck eines weiteren bleibt wegen des umlaufenden Gummiringes unbeachtet. Der Künstler genießt das Volksvergnügen in der freudvollen Bewegung ohne Ziel. Seinen nachdenklichen Blick in die Ferne zeigt er unter einem instabilen Gerüst auch als El Gordo (1983–1986). So preist er sich selbstironisch nach der spanischen Lotterie als Hauptgewinn, umgangssprachlich „der Dicke“.

Als Zigarettenraucher – wie ihn viele Selbstporträts zeigen – hat sich Clemens Gröszer ein Sicherheitsholz aus Riesa entzündet. Mit klaren Augen erblickt er alles ernst und kritisch, besonders in der Kaltnadelradierung Selbst (1980), deren expressionistischer Zugriff das eigene Selbstbildnis mit dem Konterfei von Karl Schmidt-Rottluff, Conrad Felixmüller und Max Beckmann verbindet. Als Gröszer (1951–2014) mit 21Jahren an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee zu studieren begann, endeten die „stürmischen Sechziger mit ihrer festen Hoffnung auf die Zukunft“ (G.G.Dadamjan), die sich in dem irrealen Vertrauen auf die rationale und planmäßige Steuerung nationaler wie internationaler Prozesse gründeten. Zeitgleich gab es weltweit einen ähnlich gerichteten Realismus. Die gewohnte Abstraktion war für manche stickig.

Von der Documenta5, 1972, die zentral mit John De Andrea und Cluck Close „Hyperrealismus“ zeigte und „individuelle Mythologien“ feierte, brach ein frischer Wind in die Kunstgefilde. Zwischen den realistischen Strömungen im Osten und im Westen, vor allem in den USA, gab es Wechselwirkungen. Sie traten der Offenheit des „Anything goes“ von lauter nichtssagenden Endpunkten entgegen mit einer herausfordernden Ästhetik des Widerstands. In Gröszers Gemälde Réunion (2007) versammeln sich dreizehn Vertreter der östlichen Strömung zum sinnlichen Abendmahl um eine aufgebahrte lebendige Schöne. Darunter die Gruppe „neon-real“, Clemens Gröszer, Rolf Biebl und Harald Schulze sowie auch der Dichter Karl Mickel und der Kunstwissenschaftler Matthias Flügge, der sah, wie „neon-real“ sich gegen die Herumschluderei der „genialen Dilettanten auf die altmeisterliche Lasurtechnik besannen, die Perfektion verlangt“.

Alltagsbezogene Bilderwelten, die Befragung der Realität und intensive Erbebeziehungen zur Renaissance, zum Verismus (Dix, Grosz) und Magischen Realismus sind programmatisch für Gröszers Werk. Sein Statement „Die Magie der Wirklichkeit genügt mir, daran meine Malerei zu entzünden“ steht der Ausstellung mit 130Arbeiten aus dem Berliner Nachlass voran. Wie sich seine Kunst an der unmittelbaren Begegnung entzündet hat, zeigen Farbstudien von der Toten Blauracke (2011) – oder die sehr konkret gezeichneten Geschlechtsorgane. Gröszers nackte Modelle sind schön und hässlich. Der unmittelbar sinnlichen Begegnung folgt die zu Kunstwerken anderer, die der Maler liebt.

Manche Motive tauchen als stilistisch authentische Versatzstücke in seinen Bildern auf und bringen im veränderten Zusammenhang neue Sinnschichten hervor, so im Kreuzigungsfragment (Dresdner Altar) (1984–2004), wo im Mittelteil das Kreuzigungsmotiv von Matthias Grünewald adaptiert ist und auf der rechten Tafel das Motiv einer nackten Frau. Deren Brustrose wird von einer anderen Nackten mit den Fingern gelost – eine Referenz auf das berühmte Gemälde Gabrielle d’Estrées mit ihrer Schwester, der Herzogin von Villars (1594) des anonymen Malers der Schule von Fontainebleau. Auf einer anderen Leinwand wird eine Hure mit aufgedonnertem Make-up und langstrümpfig erotisierten schlanken Beinen zur Versuchung (1979/1989); sie will in tangagesteigerter Nacktheit den Antonius aus der Askese locken. 

Außerdem zu sehen sind schön gemalte Porträts abschätzender, selbstbewusster, kluger Frauen wie das der Schauspielerin Bildnis Anne-Kathrin Bürger (2010/2012) sowie von dem Mädchen Rosa mit Spielzeug (1982), das wie eine Erwachsene ernst genommen wird und dessen Spielzeug auf vielseitige Interessen – von Natur zu Technik, von Mathematik zu Fantasie – schließen lässt. Gemalt in Mischtechnik auf Leinwand, deren Geheimnisse Gröszer von seinem Lehrer Kurt Robbel vermittelt wurden. Eine Bereicherung erfährt diese Technik durch collagierte Teile, so etwa beim Bildnis des Friseurs Frank Schäfer (1999): Schmuckbesät, mit unedlen steinbesetzten Ringen an jedem Finger, mit unzähligen Ketten, Reifen und Piercings, einer Schraube durch den Nasenflügel, doch mit Kreuz und dem Tattoo „Lämmchen“, wird der DDR-Kultfriseur scherzhaft als Jesuslein dargestellt.

Gröszer verlässt zuweilen die figurative Motivwelt, kommt aber immer zu ihr zurück. Herausragend sind die Melancholie-Bilder. Ein Protomotiv dafür war die Zeichnung Marina, 4.12.1981, Bleistift auf Karton: Eine Frau sitzt mit übergeschlagenen Beinen und hochgehaltenen, angewinkelten Armen auf einem Schemel. Sie wurde zu Marin á cholie und weist auf ein anderes Lieblingsmotiv aus dem Bild Kreidefelsen auf Rügen, 1818/1819, von Caspar David Friedrich. In anderen Farben ergibt sich über den stufigen Kreidefelsen, die Große Stubbenkammer auf Rügen, ein grandioser Blick auf die blendend weiße Umfassung des Meeres in parabolischer Form, ein Lebenssymbol, Friedrichs Kunst entnommen.

Eine fast nackte Frau, erotisch riemenbekleidet, sitzt in wiederkehrenden Varianten von Malerei und Grafik bekrönt von einer mitraähnlichen Kauftüte, die das Konsumdenken erhebt und bildhaft die Umkehr der Werte in dieser Zeit klärt. In der Lithografie M. A. C ., Melancholia XII, 2008, balanciert eine Hand über drei Fingerspitzen eine Glaskugel, wie ohne Berührung, als hielte ihr Blick sie magisch. In der Glaskugel ist die Welt verdreht und verzerrt reflektiert, in sie zu schauen, heißt, auf eine sehr fragliche Auskunft zu hoffen. Das Gegenteil zur Welterschließung mit Malstock und mit Maßstab, die über der Kugel liegen und wie der Zirkel bei Dürer die rationale Erkenntnis symbolisieren. Albrecht Dürer führte mit dem Kupferstich Melencolia I Gröszer zur Fledermaus. 

Bei Gröszer im Aquarell von 2004 eine lebendige zahnzeigende, dagegen bei Dürer die Fledermaus als Symbol der Nacht. In neuer Vergegenwärtigung finden wir bei Gröszer aus Dürers Bemühung um die Abbildungsmethode der Perspektive und um die Lösung geometrischer Probleme den behauenen Steinblock, einen zwölfeckigen Polyeder – mit der Erkenntnis: Das Unendliche „kann man mit der Hand nit machen ... Das faßt allein der Verstand“. Und mit Leiter, Turmbau und rollender Kugel stoßen wir auf das immerwährende Problem: Wer die alten Erkenntnisweisen benutzt, stößt auf deren Grenzen, und die Begrenztheit unseres Strebens ruft in uns Melancholie hervor. 

(Peter Arlt)

Mo, 30.01.2023

Hochdruckpartner laden am 03.02. zur Vernissage mit Drucken/Collagen von Johannes Eckardt ein.

Hochdruckpartner: Vernissage

Die Leipziger Galerie und Werkstatt hochdruckpartner lädt zur Vernissage zu Beginn des nächsten Monats ein: „Am Freitag, dem 3. Februar 2023 um 19 Uhr eröffnen wir die erste Ausstellung im Neuen Jahr mit Holzschnitten und Collagen von Johannes Eckardt. Im Mittelpunkt seiner Arbeiten steht die Figur – sowohl bei seinen ins Holz gezeichneten schwarz-weißen Holzschnitten, als auch bei den farbig sensiblen, virtuosen Collagen. Wir laden Sie herzlich ein und freuen uns auf Ihren Besuch!“ Die Ausstellung mit den Arbeiten Eckardts wird in der Galerie (Lützner Straße 85, 04177 Leipzig) bis zum 29. April gezeigt, die Öffnungszeiten sind: Mittwoch bis Freitag 14–18 Uhr und Sonnabend 12–17 Uhr. Im Shop von hochdruckpartner läuft zudem eine Spendenaktion für die Ukraine, der Erlös der Grafiken u. a. von Susanne Werdin, Franca Bartholomäi und Harald Alff, die dafür auf der Internetseite angeboten werden, geht zu 100 Prozent an „Ärzte ohne Grenzen“. Auch eine Folge neuer Grafiken wurde eingestellt.

(André Schinkel)

Mi, 25.01.2023

Verlängert bis 18.02.: "Leseland DDR" in der LBO.
Michael Weichenhan.

Goethe und Schiller in der DDR

Am Donnerstag, den 02.02. um 19 Uhr hält Dr. Michael Weichenhan den Vortrag ... eine Zeit der neuen Klassik ist angebrochen. Zur Rolle von „Klassikern“ in der DDR im Rahmen der Ausstellung Leseland DDR in der Landesbibliothek Oldenburg. Die Laufzeit der Ausstellung wurde bis zum 18.02. verlängert. Politisch verstand sich die DDR als Avantgarde, literarisch hingegen orientierte sie sich am Traditionellen, allen voran an Schiller und Goethe. Johannes R. Becher bestimmte die Kulturpolitik der DDR maßgeblich und richtete sie auf die Weimarer Klassik aus. Jenseits der Klassenzugehörigkeit pflegte der Staat bis 1989 im Rahmen der sogenannten „Erbaneignung“ programmatisch die Verbreitung „bürgerlicher“ Autoren, neben Goethe und Schiller standen Kleist, Büchner, Fontane bis hin zu Thomas Mann hoch im Kurs. Der Leserschaft bot diese Wertschätzung eine willkommene Entlastung von der Propaganda. Weichenhan studierte in der DDR u. a. Theologie und Klassische Philologie. Der Vortrag geht der Bedeutung „klassischer“ Texte für die Auslegung bis in die Gegenwart nach. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

(André Schinkel/Pressemitteilung)