Pirckheimer-Blog

Do, 02.11.2023

Neue Schriftfamilie erschienen – Cover/Backcover der neuen Serie57®-Schriftprobe von p98a.berlin.

Neue Schriften von Spiekermann

Serie57® ist eine neue Schriftfamilie von Erik Spiekermann und Alexander Roth, die am 01. November vom neuen Schriftanbieter „neue“ in Bad Salzuflen veröffentlicht worden ist. Die Schrift ist laut den Entwerfern eine „Wiederentdeckung der Akzidenz-Grotesk Serie 57“, die von Günter Gerhard Lange (1921–2008) für die H. Berthold AG in Berlin vor mehr als einem halbem Jahrhundert gestaltet wurde. Vielleicht genauso spannend wie die Schrift an sich ist die 64-seitige Schriftprobe dafür – in fünffarbigem Offsetdruck realisiert – die über Spiekermanns Webseite p98a.berlin bestellt werden kann. Die Schriftprobe ist in einer Auflage von 500 Stück erschienen, und dank des weltweiten Bekanntheitsgrades von Spiekermann selbst und der alten Akzidenz-Grotesk ist sie sicherlich bald vergriffen. Vielleicht wird sie eines Tages bei Sammlern wie mir genau so begehrt sein wie die Proben von Berthold. (Die Order-Zugriffe dafür sind im Beitrag verlinkt.)

(Dan Reynolds)

Mi, 01.11.2023

Die erste moderne Bibliothek entstand 1851 in Paris und bot 400 Plätze im Lesesaal. Ihr Architekt Henri Labrouste eröffnete mit seiner Bibliothèque Sainte-Geneviève eine neue Epoche des Bibliotheksbaus.

Vortrag in der HAB Wolfenbüttel

In der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, renommierte Forschungs- und Studienstätte für europäische Kulturgeschichte, findet 08. November 2023 ein Forschungskolloquium Die Bibliotheksgeschichte im Verhältnis zur Buchgeschichte statt. In seinem Vortrag geht Professor Dr. Ulrich Johannes Schneider auf Fragen ein wie: Was sagt uns die Geschichte der Beziehung zwischen der Welt der Bücher und dem Raum der Bibliothek? Wie lässt sich die Aufgabe, Bücher zu bewahren und auszuleihen, vereinbaren? Was ist mit der Tatsache, dass viele Medien heute keine Bücher im klassischen Sinne sind? Im Anschluss an den Vortrag findet eine Diskussion statt. Professor Ulrich Johannes Schneider leitete an der Herzog August Bibliothek sieben Jahre lang die Forschungsabteilung (1999–2005) und war danach Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig (2006–2022). Er forscht derzeit zur Globalgeschichte der modernen Bibliotheken (Informationen dazu auf Schneiders Internetseite). Die Veranstaltung findet hybrid (Seminarraum Meissnerhaus/ online) statt und beginnt um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Alle Infos dazu auf der Website der HAB.

(Maria Bogdanovich)

Di, 31.10.2023

Der Autor Wulf Kirsten (1934–2022). | © Jens Kirsten
Der Band "Nachtfahrt" erschien im quartus-Verlag.

Bibliophiles des Monats: Wulf Kirstens „Nachtfahrt“-Prosa

Er war einer der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart, ein akribischer und hochseismischer Bewahrer, Auffinder und Entdecker von Literatur, mithin der Nestor und Tribun der thüringischen Literaturszene: Wulf Kirsten, der, 1934 im sächsischen Klipphausen geboren, am 14. Dezember des letzten Jahrs im Alter von 88 Jahren in Bad Berka starb. Seit den sechziger Jahren war Weimar die Stadt seiner Wahl, hier entwickelte er zunächst ein hochwichtiges Wirken als Lektor des Aufbau-Verlags und reifte zugleich zum vielfach geehrten Dichter von hohen Graden, unter anderem mit dem Huchel-, dem Josef-Breitbach-Preis, einem Ehrendoktorat der Jenaer Universität und dem Thüringer Literaturpreis ausgezeichnet. Ein passionierter Wanderer und Landschafter, wurde seine Dichtung erinnernde Arbeit, Richtmaß, Vorbild einer Reihe jüngerer Dichter und Dichterinnen.

Kirsten, der auch ein hochambitionierter Herausgeber und Erfinder von Buchreihen war, ist auch für die auf Band Nr. 60 zulaufende Edition Muschelkalk verantwortlich zu machen, deren weitere und beherzte Herausgabe ich 2015 auf seinen Vorschlag als sein Nach-Nachfolger übernahm. So ist sein Wirken auf verschiedene Weise in der Welt geblieben und verankert. Dass das auch mit seinem Werk geschehe, ist nicht nur ein Wunsch der thüringischen Szene, die ihm so viel verdankt. Nun: Mit dem von Pirckheimer-Freund Jens-Fietje Dwars herausgegebenen ersten Nachlassband Nachtfahrt (Edition Ornament im quartus-Verlag, Bucha bei Jena 2023, 176 Seiten, ISBN 978-3-94764-652-4, 22 Euro) ist ein furioser Anfang gemacht. Das Buch enthält autobiographische Prosa und ist in der wunderbaren Essay-Unterreihe erschienen. Die Texte schließen an die vorhergehenden Prosa- und Essaysammlungen Kirstens an und zeigen ihn noch einmal in seiner ganzen Kraft des Schöpfens wie Erinnerns. In der Nachfolge seines 2000er Bands Die Prinzessinnen im Krautgarten widmet sich der Dichter in Nachtfahrt seiner erwachsenen Biografie. Das ist berührend, bewahrend, zuweilen skurril, immer authentisch und tief. Radierungen von Susanne Theumer begleiten das Buch, es sind mehrere Vorzugsausgaben erwerbbar. Regulär oder originalgrafisch: Eine bibliophile Kostbarkeit ist dieses Buch in jeder Ausführung. Und eine Empfehlung für alle Buch-Affinen!

Eine erste Lesung aus Nachtfahrt zum Gedenken an Wulf Kirsten fand am 01. Oktober in Gera statt, veranstaltet vom Herausgeber des Buches, Jens-Fietje Dwars, und Annerose Kirchner. Und weitere Veranstaltungen, unter anderem mit der Grafikerin Susanne Theumer oder dem halleschen Autor Wilhelm Bartsch, werden folgen. Im Übrigen ist auch ein originalgrafisches Buch mit Kaltnadeln Susanne Theumers zu acht nachgelassenen Gedichten Kirstens als 53. Druck in der Edition der Künstlerin in kleiner Auflage erschienen. Der Titel ist sympatrisch zur Nachlass-Publikation in der Edition Ornament: Abendlicht. Und auch ein Album amicorum, das Werk und den Nachhall Wulf Kirstens als Kollege und Freund in vielen Stimmlagen (Michael Krüger darunter, Volker Braun) würdigend, ist angekündigt und erscheint, herausgegeben von seinem Sohn Jens Kirsten, Wolfgang Haak und Christoph Schmitz-Scholemann, in Kürze. Ehre, wem sie gebührt ... So möge es sein.

(André Schinkel)

Mo, 30.10.2023

In Gera zu sehen: Horst Sakulowskis "Der Aggressor".
Der Künstler: Horst Sakulowski in Gera. | © Uwe Klos

„Das Bild vom Menschen“: Horst-Sakulowski-Ausstellung in Gera

Vor zwei Monaten vollendete der in Weida (Thür.) lebende Künstler Horst Sakulowski sein 80. Lebensjahr. Seit letzten Sonntag, dem 22. Oktober 2023, zeigt die Kunstsammlung Gera in der Orangerie (am Orangerieplatz 1, in 07548 Gera) eine Ausstellung mit dem Titel retrospektiv mit Werken des Künstlers. Zu sehen sind 23 Zeichnungen, acht Druckgrafiken und elf Gemälde. Darunter das Bild Porträt nach Dienst, welches in DDR-Zeiten für Aufgeregtheiten sorgte, sich im Bestand der Kunstsammlung Jena befindet und dort das am häufigsten ausgeliehene Werk ist.

Gerade Horst Sakulowskis Zeichnungen, in denen der Künstler sein christlich-humanistisches Menschenbild bezeugt, sind beeindruckend. In einer ungeschönten Wahrhaftigkeit zeigt er den Menschen und wie er sich verhält. Und das mit meisterhafter Zeichentechnik, die sich mit den Großen der Kunstgeschichte messen kann. In diesen Bildern ist zu erkennen, daß die Kunst einen Wert hat, der über den materiellen Wert hinaus geht. Sakulowski gehört damit zweifellos zu den bedeutsamen deutschen Künstlern des zwanzigsten wie des einundzwanzigsten Jahrhunderts.

Horst Sakulowski wurde 1943 in Saalfeld geboren, studierte nach einer Keramiklehre von 1962 bis 1967 an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) bei Bernhard Heisig. Seit 1967 wohnt er mit seiner Familie in Weida, wo in der Osterburg oberhalb des Stadtzentrums eine ständige Kabinettausstellung mit seinen Werken zu sehen ist und er als Ehrenbürger der Stadt geführt wird. Neben Malerei und Grafik schuf Sakulowski Plastiken und arbeitete mit Videokunst. 

Manchem Pirckheimer wird das im Leipziger Reclam-Verlag 1983 erschienene Büchlein Blinder Eifer schadet nur! mit Fabeln von Magnus Gottfried Lichtwer (1719 bis 1783) bekannt sein, das Horst Sakulowski mit zehn Holzschnitten illustrierte. Die Ausstellung in Gera ist außer am Montag täglich von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Zum Orangerieplatz fährt die Straßenbahnlinie 1, Haltestelle Küchengartenallee. Der Eintritt in die Kunstsammlung der Stadt kostet 5 (und ermäßigt 3) Euro. Öffentliche Führungen gibt es am 04. und am 25.11. jeweils um 15 Uhr, ein Kunstgespräch am 21.11. um 14 Uhr. Die Ausstellung im Südflügel der Orangerie ist bis zum 14.01.2024 zu sehen. Alle Infos zur Sakulowski-Schau gibt es unter der Kultur- und Freizeitrubrik der Webseite der Stadt Gera.

(Uwe Klos)

So, 29.10.2023

Der neue Pressesprecher der PG, Robert Grieger, am Pirckheimer-Stand auf der "ArtBook.Berlin 2023".
Susanne Theumer lud mit einem eigens gefertigten Kunstwerk zum Salon ein. | © Andrea Ackermann.

Zwei erfolgreiche Wochenenden!

Eigentlich ist es ganz einfach: Gute Orte braucht die Kunst. Und nicht nur die 75. Frankfurter Buchmesse ging mit der überaus würdevollen und auf der Höhe der Zeit wie des Worts gehaltenen Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, den der Börsenverein des Deutschen Buchhandels jährlich vergibt, an Salman Rushdie in der Paulskirche zu Ende; auch zwei Messen bzw. Salons, die die Herzen der Büchernarren und -sammler höher schlagen ließen, fanden an dem denkwürdigen Wochenende vom 20. bis 22. Oktober statt: die ArtBook in Berlin-Kreuzberg und der 4. Buchkunstsalon Aschaffenburg. An der von Cornelius Brändle und Hanneke van der Hoeven organisierten ArtBook.Berlin nahm auch die Pirckheimer-Gesellschaft mit einem eigenen Stand teil, an dem die neuesten Infos und Produkte rund um unseren agilen Verein in Erfahrung gebracht bzw. betrachtet werden konnten. Mit dabei: die neue, die 250. Ausgabe der Marginalien

Und während auf der Messe am Kreuzberger Mariannenplatz neben Künstlerinnen wie Claudia Berg und Andrea Lange der zweite Vorstand der Pirckheimer, Marginalien-Chefredakteur Till Schröder, und der neue Pressesprecher der Gesellschaft, Robert Grieger, anzutreffen waren, war die neue Auflage des Salons in Aschaffenburg gleich von mehreren Genres umlagert, dort gab es zu Buchkunst und Grafik auch Musik und Theater, Essen mit Künstlern und Sammlern, dass es gleichsam eine Freude war. Und an Künstlern und Editionen waren neben dem Salon-Begründertrio Susanne Theumer, Frank Eißner und Bernhard Hench u. a. Andrea Ackermann, der Büchergilde artclub, Desirée Wickler, die Edition sonblom und Zvato Zapletal zu Gast. Sechs Künstlerinnen der augen:falter aus Leipzig waren je zu drei gleichgroßen Abordnungen in Berlin, Frankfurt und Aschaffenburg vor Ort. Für die Intensivierung der Werbung fertigte Susanne Theumer eigens ein Schriftkunstbild auf dem Pflaster der Innenstadt der mainfränkischen Kunststadt, das unweigerlich die Füße in die Räume des Salons führte: Da gab es für das kunstsinnige Herz kein Entrinnen.

Drittens richtete der Friedrich-Bödecker-Kreis des Landes Sachsen-Anhalt e. V. seine traditionelle Autorenbegegnung wieder in der Akademie Haus Sonneck in Fühl-Weite des Klingerhauses (dessen Besuch auch am Sonnabend auf dem Plan stand) aus. Thema in diesem Jahr war: Die Kunst der Gestaltung. Die Tagung in Sachsen-Anhalts schönster Gegend oberhalb von Naumburg (Saale) beinhaltete neben Werkstätten zu neuen Texten auch einen Vortrag von Karoline Schliemann vom Grassi-Museum Leipzig, die von der Sammlung Wieland Schütz berichtete, aus deren Beständen es in diesem Jahr die Ausstellung Von Bonnard bis Klemke gab. Aron Boks sprach über seinen Ur-Großonkel Willi Sitte und dessen Freundschaft zu Christa Wolf; seinen formidablen Vortrag untermalte er noch auf der Lesung des Treffens im Besucherzentrum der Landesschule Pforta, die er gemeinsam mit Juliane Blech, der aus der Bretagne angereisten Franziska Beyer-Lallauret und Christian Kreis bestritt und die zum Highlight der Tagung wurde. Abends gab es dann noch lange Gespräche beim Wein. Wie dem auch sei: Gute Orte braucht die Kunst. Das ist (beinahe) alles.

(André Schinkel)

Sa, 28.10.2023

Blick in die Ausstellung. | © by VG Bild-Kunst, Bonn 2023 (Museum Wiesbaden/Christoph Boeckheler)

Grieshaber-Schau in Wiesbaden

Großformatige Holzschnitte in abstrahiertem, jedoch figurativem Duktus prägen die Kunst des deutschen Grafikers und Holzschneiders HAP Grieshaber (1909–1981). HAP Grieshaber gilt als „homme engagé“, der die Mittel des traditionellen Holzschnitts als Sprachrohr seiner sozialen wie politischen Ansichten und Forderungen nutzte. In einer Überblicksschau nähert sich das Museum Wiesbaden eben diesem Künstler zwischen Fragestellungen um die Revolution des Holzschnitts in Deutschland und den soziopolitischen Appellen, die HAP Grieshaber damit und darin formulierte. HAP Grieshabers Sozialisierung als Kunstschaffender ist gezeichnet von politischen Umbrüchen und Fragen nach Identität im historischen Feld von zwei Weltkriegen, der Teilung Deutschlands und einer Sensibilisierung für internationale Missstände. Dem für ihn daraus resultierenden, klar humanistischen Leitgedanken folgend, stehen in Grieshabers Kunst der Mensch und die Natur im Mittelpunkt. Seine Arbeit löste zudem eine Renaissance des Holzschnitts in der Nachmoderne aus. Die Ausstellung Form.Sprache im Museum Wiesbaden ist bis zum 21. Januar 2024 zu sehen.

(Museum Wiesbaden/Pressemitteilung)

Fr, 27.10.2023

Wiedergeburt der schönen Venus-Grotesk-Schrift.

Wiedergeburt der Venus-Grotesk

Vor Jahren schrieb das Schriftgestalterduo Christian Schwarz/Paul Barnes im Eye Magazine: „Mit jeder neuen satztechnischen Entwicklung bleiben unzählige Schriftarten zurück. […] Wie die Venus eben.“ Jetzt hat der australische Designer Dave Foster nachgelegt, und zwar mit seiner eben veröffentlichten Taurus Grotesk Venus fürs 21. Jahrhundert. Die Schriftfamilie ist zwar optisch nicht mit den Originalschnitten von der Bauerschen Gießerei Frankfurt (Main) gleich, trotzdem bleibt der Geist der vor mehr als 100 Jahren erschaffenen Schrift in jeder Glyphe spürbar, wie der Entwerfer in seinem ausführlichen Beitrag zur Schriftfamilie auf Foster Type erläutert. Die Taurus Grotesk ist damit nun im Offset- und Digitaldruck sowie auf Webseiten und Apps einsetzbar.

(Dan Reynolds)

Do, 26.10.2023

Erschienen vor 40 Jahren: Hilbigs "Stimme Stimme".

Buch des Monats: „Stimme Stimme“

Es dürfte eines der begehrtesten antiquarischen Bücher aus den Beständen des Leipziger Reclam-Verlags sein: Stimme Stimme von Wolfgang Hilbig, das einzige Buch des Büchnerpreisträgers und Weltliteraten aus Meuselwitz, das in der DDR erscheinen durfte. Vierzig Jahre ist das nun her: 1983 lag das Buch, um das es eine Reihe Querelen gegeben hatte und das durch die Fürsprache großer Literaten des kleinen Landes (Christa Wolf, Franz Fühmann, Stephan Hermlin) und die umsichtige Betreuung des legendären Reclam-Lektors und -Herausgebers Hubert Witt möglich wurde, endlich vor und war: eine literarische Sensation. Und quasi über Nacht vergriffen. Stimme Stimme versammelte Gedichte und Erzählungen des Autors, zuvor hatten nur zwei Bücher von ihm bei S. Fischer in Frankfurt, also auf der anderen Seite des Vorhangs, erscheinen können: das Lyrik-Debüt abwesenheit (1979) und eine Auswahl frühe Prosa: Unterm Neomond (1982). Da redete einer sprichwörtlich aus dem Untergrund und zugleich brüderlich mit Novalis, Rimbaud und Mallarmé, dass es ein Wunder und eine dunkle Freude war. In der Prosa stellte man den Vergleich mit Kafka an; Hilbigs Heizer dürfte den des Pragers an Intensität mithin noch übertreffen. Da war er, der große Arbeiterdichter ... und das kleine Land zierte sich. Ganz an der Zensur vorbei kam Stimme Stimme nicht, was man an der teils ausgedünnten Fassung von das meer in sachsen, eines programmatischen Gedichts aus Wolfgang Hilbigs vielleicht intensivster Schaffenszeit, erkennen kann. Aber es standen da Dinge, wie man sie lange in der DDR nicht gelesen hatte, zumal, wenn sie aus der Mitte ihrer Gesellschaft kamen. Hilbig, der gelernte Bohrwerksdreher, konnte seinem Heizkeller entsteigen, und der Rest ist Literaturgeschichte. Womöglich sind solche Autoren-Biografien heute im Betrieb eines geeinten Deutschlands nicht mehr möglich. Dieses einzige DDR-Buch Wolfgang Hilbigs, dessen Werk mittlerweile gesammelt bei seinem Frankfurter Verlag vorliegt, ist bis heute gesuchtes Sammelobjekt. Die aufgerufenen Preise für ein Exemplar von Stimme Stimme beginnen in den Antiquariaten bei 35 Euro. Nicht wenig für ein so zartes, vergilbendes Buch, dessen Einband vom Reclam-Procedere abwich. Die Besonderheit seines Inhalts und die Historie seiner Entstehung wird wohl für immer ihr Leuchten bewahren. Hilbig starb 2007. Aber seine Texte sind noch bei uns.

(André Schinkel)

Mi, 25.10.2023

Till Sailer im anschließenden Gespräch, hier mit dem Lyriker Henry-Martin Klemt bei der Buchpremiere im Kleist-Museum Frankfurt an der Oder. | © Elke Lang

Buchpremiere mit Till Sailer

Mit einer sehr gut besuchten Premiere als literarisch-musikalische Inszenierung mit seiner Tochter Juliane Sailer am Piano hat Pirckheimer Till Sailer im Oktober im Kleist-Museum Frankfurt (Oder) sein neuestes, im Mitteldeutschen Verlag erschienenes Buch Der Krieg meines Vaters. Eine Annäherung der Öffentlichkeit vorgestellt. Es basiert auf Briefen, Tagebucheintragungen und Gedichten seines in den letzten Kriegstagen 1945 gefallenen Vaters Herbert Sailer (1912–1945), des Erziehers einer Nazi-Eliteschule und feingeistigen Lyrikers mit zahlreichen Veröffentlichungen schon zu Lebzeiten. Diese widersprüchliche Persönlichkeit, die bis zuletzt fest nicht nur der nationalsozialistischen Ideologie anhing, sondern sie auch der Jugend einimpfte, wirft viele Fragen auf, die auch in der anschließenden Diskussion angesprochen wurden. Psychologe Roland Kant dazu: „Till Sailers Buch greift auf die sehr persönlichen Dokumente aus dem Leben seines Vaters 1939 bis 1945 zurück. Er ergänzt die aus gutem Grund vielfältig beschriebene Opferperspektive um eine Täterperspektive. Und insofern beschreibt das Buch nicht nur einfach Vergangenheit. Es ist besonders wichtig für unsere gesellschaftliche Gegenwart und Zukunft. Kein Täter werden! Das bleibt eine menschliche Herausforderung. Und – wie vermitteln wir das einer Generation, die, zu unser aller Glück, ohne eigene Diktaturerfahrung aufgewachsen ist?“ Die nächste Buchvorstellung, bei der auch der Verleger Roman Pliske anwesend sein wird, findet am 16. November, 19 Uhr in der Gemeindebibliothek Bad Saarow statt. (Alle Infos zum Buch auf der Webseite des Verlags.)

(Elke Lang)

Di, 24.10.2023

Klaus Süß, "Das Angebot", Holzschnitt, 2020 (Detail).
Der Künstler Klaus Süß in seinem Chemnitzer Atelier.

Klaus-Süß-Schau in Magdeburg

Die Magdeburger Pirckheimer, der Verein der Bibliophilen und Graphikfreunde Magdeburg und Sachsen-Anhalt e. V. „Willibald Pirckheimer“, laden herzlich zur Ausstellung Klaus Süß – Druckstock · Abdruck · Künstlerbücher ins Magdeburger Literaturhaus (Thiemstraße 7, 39104 Magdeburg) ein. Die Vernissage mit Holzschnitten, Druckstöcken und originalgrafischen Büchern des sächsischen Künstlers findet am Sonnabend, den 18. November 2023 um 16 Uhr statt und ist danach bis zum 02. Februar 2024 in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts zu sehen. Zur Eröffnung der mit den Pirckheimern Sigrid und Ralf Wege verwirklichten Exposition spricht Dr. Jens-Fietje Dwars, Pirckheimer-Freund und Süß-Kenner aus Jena, und es musiziert Frank Schöpke. 

Klaus Süß wurde 1951 im erzgebirgischen Crottendorf geboren, er lebt seit langem in Chemnitz. Seit 1986 arbeitet er als freischaffender Künstler, zuvor war er einige Jahre an einer Galerie tätig. Er beschäftigt sich vor allem mit dem Linolschnitt und ab 1992 auch verstärkt mit dem Holzschnitt. Durch Bemalung werden jeweils die für den Druck verwendeten Holzstöcke zu eigenständigen Kunstwerken. Kennzeichnend für alle seine Arbeiten sind kraftvolle Farben mit expressionistischen Menschenfiguren. Ein weiteres Tätigkeitsfeld von Klaus Süß sind zahlreiche Künstlerbücher (seit 2007), das Gestalten von Keramik und Objekten. In vielen Büchern finden sich seine Drucke.

In der Ausstellung werden eine Auswahl farbig gestalteter Druckstöcke, Abdrucke und einige der vor allem aquarellierten Künstlerbücher aus dem umfangreichen Werk von Klaus Süß gezeigt. Der Künstler, der sich seit vielen Jahren auch mit der Technik der verlorenen Form und seit 1997 auch verstärkt mit Acryl- und Ölmalerei befasst, ist bei der Vernissage anwesend. Die Süß-Schau im Magdeburger Literaturhaus ist von Montag bis Freitag von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr sowie nach Voranmeldung zu sehen. Sie wird unterstützt durch das Land, das Kulturbüro der Stadt sowie den Vereins des Hauses. Alle Informationen dazu finden sich auf der Literaturhaus-Webseite.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mo, 23.10.2023

Eduardo Roca: "Sitzende", Lithografie, 2021, 54 x 75,5 cm, das Blatt ist in einer 20er Auflage verfügbar.

Ein besonderes Angebot der Neuhauser Kunstmühle

Eine ganz besondere Aktion hat sich die Neuhauser Kunstmühle ausgedacht – sie bietet feine Blätter zu moderaten Preisen auf ihrer Webseite an. Die Betreiber schreiben: „Sehr geehrte Damen und Herren, das positive Echo auf Christoph Wetzels Folge Modell hat uns veranlasst, unsere Editionen nach Aktdarstellungen durchzusehen. 21 ganz unterschiedliche Blätter, teils erstmals in die Website aufgenommen, haben wir zu einer Gruppe zusammengestellt. Sie finden Sie, mit speziellen Angebotspreisen bis 12. November 2023, hier.“ Die Gruppe umfasst ein- und zweifarbigen Lithografien von Eduardo Roca, Ferdinand Böhme, Josef Zenzmaier und Marika Voss, die in kleinen Auflagen von 20 bis 40 Stück (auch ein Unikat ist dabei) zu Preisen von 180 bis 410 Euro angeboten werden. Man beeile sich, einige der wunderschönen Blätter sind sicher sehr begehrt.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 22.10.2023

Das Konzert beim Pirckheimer-Jahrestreffen wurde durch die "Alternative 54" mit 450 Euro gefördert. Sascha Bilay (re.) überreicht hier den Scheck für die Veranstaltung an den stellvertretenden Vorstand der Gesellschaft, "Marginalien"-Chef Till Schröder.

Konzert in Gotha war gefördert

Kleiner Nachtrag und zugleich Vorausblick, die 50. Jahrestagung der Pirckheimer-Gesellschaft in Gotha im September betreffend: Das Konzert am Freitagabend des Wochenendes wurde durch die Initiative Alternative 54 mit 450 Euro gefördert, die Übergabe fand vor dem Ereignis selbst statt. Es erklangen unter dem Titel Eyn neues Lied wir heben an Melodien aus der Zeit des Namensgebers der Gesellschaft, Willibald Pirckheimer, die durch ihre feine Präsenz ein Filament in die Jetztzeit legten und so zu einem der vielen Höhepunkt des von Peter Arlt organisierten Treffens wurden. Es spielte Sabine Lindner aka Klara vom Querenberg auf der Harfe. Die Initiative wurde von PDS-Abgeordneten (heute: Die Linke) begründet, die einen Teil ihrer Diätenerhöhungen für kulturelle und andere förderwürdige Projekte spendet. Die Initiative ist für alle Fraktionen offen. Die Übergabe des Schecks nahm der Thüringer Landtagsabgeordnete Sascha Bilay vor. Die Pirckheimer danken für die Zuwendung. Ein ausführlicher Bericht zum Treffen erscheint in dem Marginalien, Heft 251.

(André Schinkel)

Sa, 21.10.2023

Kulturerbe: Der namensgebende und weltberühmte Pergamonaltar wird ab 2027 wieder zu sehen sein.

Abschied vom Pergamonmuseum

Wenn eines der berühmtesten Museen der Welt zeitweilig schließt, ist das eine Nachricht jenseits des Buches wert. Das Berliner Pergamonmuseum samt seinem Altar schließt wegen notwendiger Sanierungsarbeiten am 23. Oktober seine Pforten. Das Museum, das Teil des Weltkulturerbes ist, beherbergt neben der antiken Sammlung auch das Vorderasiatische und das Museum für Islamische Kunst. Mindestens ein weiteres Objekt hat das gleiche Renommée wie der Pergamonaltar selbst: das Ischtar-Tor am Eingang zu den vorderorientalischen Sammlungen. Während der Altar ab 2027 wieder zu sehen sein soll, wird das ganze Museen, wie die Medien unisono berichten, nicht vor 2037 wieder vollständig zugänglich sein. Zum Glück hat der Bibliophile Bücher etc. zur Hand, sich die Zeit bis dahin ein wenig zu vertreiben. Möge sie dennoch schnell vergehen, in solcher Ära zumal.

(André Schinkel) 

Fr, 20.10.2023

Ein erster Eindruck von der ArtBook. | © Till Schröder

Ein Wochenende der Buchkunst

Abgesehen von der 75. Buchmesse in Frankfurt lädt das eben beginnende Wochenende zu einem Fest für die Buchkunst ein: In Berlin eröffnet in Kürze die neueste Ausgabe der ArtBook ihre Türen am Kreuzberger Mariannenplatz, in Aschaffenburg ist der 4. BuchKunstSalon in der Riesengasse und der Herstallstraße seit 16 Uhr geöffnet. Bis zum frühen Sonntagabend können sich Bibliophile und Grafikfreunde über die neuesten und schönsten Bücher und Drucke informieren; zum Kaufen und Sammeln wird ausdrücklich eingeladen. Die ArtBook hatte ihre Termine in diesem Jahr aus dem November auf das gegenwärtige Wochenende vorverlegt. In Berlin sind auch die Pirckheimer mit einem Stand dabei. Man hat die Qual der Wahl, jedoch: Bibliophiles Herze, was begehrst du mehr?!

(André Schinkel)

Do, 19.10.2023

Die Zeitschrift "Common sense" und Ulrich Tarlatt.

Common Sense und Augenweide

Der Leipziger Bibliophilen-Abend lädt am 03. November zur Vernissage ihrer neuen Ausstellung ein. Ab 18 Uhr werden die Exemplare der bibliophilen Zeitschrift Common Sense, die von 1989 bis 2018 in dreißig Bänden in der Edition Augenweide herausgegeben vom Bernburger Künstler Ulrich Tarlatt und vom halleschen Dichter und Architekten Jörg Kowalski, im Literaturcafé im Haus des Buches von Leipzig (Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig) im ehemaligen Graphischen Viertel der Messe-Metropole gezeigt wird. Die von den eng befreundeten Künstlern 1987 begründete Edition, in der neben der jährlichen Zeitschrift auch weitere originalgrafische Bücher erschienen, steht dabei als exzellentes Beispiel eines hohen ästhetischen Anspruchs unter erschwerten Bedingungen: „Gemeinsam mit anderen unabhängigen Künstlern und Literaten wurden (...) Spielformen der visuellen Poesie ausgelotet und dabei die (...) Zensur der DDR unterlaufen.“ So „entwickelte sich mit den Publikationen in geringer Auflagenhöhe eine Ästhetik, die rückblickend auch als eine (...) ‚Bibliophilie der Andersdenkenden‘ bezeichnet wird.“ Weiter heißt es in der Ankündigung des HdB: „Von 1989 an erschien jährlich eine Ausgabe des Almanachs für Kunst und Literatur Common Sense. Pro Ausgabe wurden 30 bis 35 Künstler und Schriftsteller eingeladen, die sich des gesamten Spektrums originalgrafischer Techniken bedienten: Hoch-, Tief- und Flachdruck, Siebdruck, Collage, Monotypie, serielle Unikate, Fotografie und Zeichnung. Bis 2018 entstand mit 30 Ausgaben eine in sich geschlossene Reihe, die den Wandel gesamtdeutscher Geschichte künstlerisch reflektiert hat.“ Common Sense sollte so eine der bedeutendsten bibliophilen Editionen seiner Zeit sein, vergleichbar etwa mit der bis dato erscheinenden Herzattacke der Edition Maldoror. Die Schau mit den wundervollen Exponaten im Leipziger Haus des Buches wird regulär vom 06. November 2023 bis zum 09. Januar 2024 zu sehen sein, der Eintritt in das Literaturhaus ist frei. Zur Vernissage am 06.11. sprechen LBA-Vorstand und Pirckheimer-Freund Dr. Thomas Glöß (Grußwort) sowie Dr. Adrian La Silva (Laudatio). Musik: Tilo Augsten (Klavier) und Torsten Walther (Saxophon).

(André Schinkel/LBA/Pressemitteilung)

Mi, 18.10.2023

Der "Dynamic Font Day 2023", die Inter­na­tionale Konferenz für Typo­grafie in digitalen Medien, findet am 18. November, auch 2023 organisiert von der Typographischen Gesellschaft München e. V., in der Deutschen Meisterschule für Mode am Sendlinger-Tor-Platz in der Landeshauptstadt Bayerns statt.

Der Dynamic Font Day in München

Der Dynamic Font Day 2023, die Inter­na­tionale Konferenz für Typo­grafie in digitalen Medien, findet, kuratiert von Tim Ahrens und Antje Dohmann, wie die organisierende Typographische Gesellschaft München e. V. mitteilt, am Samstag, den 18. November 2023 von 9 bis 18 Uhr in der Deutschen Meisterschule für Mode (Designschule München, Sendlinger­-Tor­-Platz 14) in 80331 München statt. „Ein ganzer Tag mit digitalen Schriften. Seien Sie beim dabei und erleben Sie die Revo­lution in der Typo­grafie!“, so werben die Organisatoren, zu denen sich noch Schriftentwerfer und Dozent an der Designschule Oliver Linke gesellt. Und: „Nach einer ‚schöp­fe­rischen Pause‘ ist der Dynamic Font Day im Herbst 2023 wieder da, um die neuesten Spit­zen­bei­spiele der Typo­grafie jenseits von Print aufzu­spüren. ChatGPT hat die folgende Ankün­digung für uns geschrieben: ‚Seien Sie dabei, wenn es um die neuesten Entwick­lungen in der Typo­grafie jenseits von Print geht. Tauschen Sie sich mit Experten aus, lernen Sie die neuesten Techniken kennen und erweitern Sie Ihr Netzwerk.‘ Wir sind nicht anderer Meinung …“ Der Dynamic Font Day 2023 freut sich, die bis zu 200 möglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer willkommen zu heißen. Die Konfe­renz­sprache ist Englisch. Ziel: Einen umfas­senden Blick auf die bisherigen und jüngsten Entwick­lungen der Variable Fonts, aktuelle Heraus­for­de­rungen und Chancen zu geben. Zielgruppe: Type­de­signer und Entwickler, generell alle an der Branche Betei­ligten oder daran Inter­es­sierten. Auf der Webseite der Konferenz finden sich alle In­for­ma­tionen und können Tickets für die Teilnahme gebucht werden.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 17.10.2023

Slowenien: Gastland der 75. Frankfurter Buchmesse.

75. Buchmesse in Frankfurt (Main)

Sie ist größenmäßig und wirtschaftlich der Gigantopithecus unter den Buchmessen, allenfalls die Leipziger Buchmesse kann sich mit der großen Bücherschau in der hessischen Metropole Frankfurt messen. Vom 18. bis zum 22. Oktober lädt die Frankfurter Buchmesse zu einem großen Fest des Buches und der Medien ein. In Frankfurt wird auch wieder traditionell der Deutsche Buchpreis vergeben, den in diesem Jahr wieder die Großkopferten im Verlagswesen unter sich ausmachen. Aber auch eine Vielzahl mittlerer und kleiner Verlage wird auf dem Buchmarathon mitlaufen und zu Gast sein; und auch wenn die Zahl der Buchkünstlerinnen und -künstler in den letzten Jahren in Frankfurt stetig leise zurückging aufgrund zunehmend unbequemer Bedingungen, ist das auch den Pirckheimer um- und antreibende Segment noch nicht ganz aus den Hallen verschwunden. Es ist die 75. Buchmesse seit 1949, und zum Jubiläum wird es eine Reihe Aktionen geben, die der 75 Stühle etwa, von denen jeder eine eigene Buchmesse-Story verkörpert. Messe-Ehrengast ist in diesem Jahr Slowenien, die kleine Balkanrepublik, die sich als das Land mit der größten Lyrikerdichte sieht. Gottlob, wenn dem so ist, verkörpert doch Südosteuropa eine Großlandschaft, in dem die Dichter als bedrohte Spezies gerüchtehalber noch in Herden vorkommen. Wohlan, möge die Frankfurter Buchmesse auch in diesem Jahr ein Ort der Begegnung und Aufklärung sein ... in dieser an ihrer zunehmenden Dunkelheit und, ja, Wurstförmigkeit darbenden Zeit zumal. Alle Informationen zum Bücherfest in Hessens größter Stadt finden sich auf der Webseite der Messe. Auf nach Frankfurt!

(André Schinkel)

Mo, 16.10.2023

Das schönste Buch der Renaissance bei Sotheby's.

Schönstes Buch der Renaissance

Zur Sotheby’s-Versteigerung am 12. Oktober 2023 (Bibliotheca Brookeriana: A Renaissance Library. The Aldine Collection A–C) wurde die hochberühmte Inkunabel von Aldus Manucius, Hypnerotomachia Poliphili von Colonna (Venedig, Aldus, 1499. Lot 381) für 381.000 US-Dollar verkauft. Das Estimate, die Schätzungen für das Kleinod lagen bei 400.000 bis 600.000 Dollar.

Diese Ausgabe gilt als das schönste Buch der Renaissance. Dibdin schrieb über dieses Buch: „... das perfekteste Beispiel für die Presse von Aldus und für den Geschmack der Holzschnitte im XV. Jahrhundert ... Die Sprache, so barbarisch sie auch sein mag, verdient nicht die Aufmerksamkeit des philologischen Antiquars; denn wir finden darin (wie mir ein scharfsinniger Freund mitteilte), neben anderen eigenartigen Wörtern, das früheste Exemplar des Cameo ... Das vorliegende Exemplar ist, obwohl es auf Papier gedruckt ist, in seiner Größe und Schönheit vielleicht unübertroffen. Es befand sich früher in der Bibliothek von Grolier und ist in der gewöhnlich geschmackvollen Weise der Bücher dieses angesehenen Sammlers gebunden ...“ (Bibliotheca Spenceriana IV, S. 145).

Von besonderem Interesse ist der Ganzledereinband von Estienne Gomar, dem Buchbinder von König Heinrich II. von Frankreich. Er wurde von dem legendären Bibliophilen und Liebhaber der Einbände Jean Grolier in Auftrag gegeben. Im Zentrum des oberen Deckels findet sich der Titel Poliphilo, weiter unten Jean Groliers Motto („Portio mea do / mine sit in / terra vi / vent / ium“).

Grolier hatte eine enge Beziehung zur Aldine-Werkstatt; fast die Hälfte der erhaltenen Bände aus seiner Bibliothek sind Aldine-Ausgaben, es gab sogar Bücher aus der Presse, die ihm gewidmet waren. Der vorliegende Band ist eines von fünf Exemplaren dieser Ausgabe aus dem Besitz Groliers und eines von neun Büchern aus der Bibliothek Jean Groliers in der Sammlung von Earl Spencer. Es sei daran erinnert, dass die weltweit größte Sammlung von Grolier-Einbänden (56 Exemplare) in der französischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird. Auf dem Vorsatzblatt des vorliegenden Exemplars befinden sich in einer frühen Handschrift folgende Zeilen: „Opera tutta Inamorata / e un Libro degno et pien di molto ornato / che ibi chi non Lege havera La mente Ingrata.“

Alle Informationen, umfangreiche geschichtliche Anmerkungen, Zitate und Expertisen sowie viele weitere Bilder zur Hypnerotomachia Poliphili finden sich auf der Webseite des Auktionshauses. Dort sind auch alle weiterführenden Kenntnisse zur tieferen Provenienz (Stempel, Signets etc.), zum Status der Verarbeitung und zum Weg des Buches durch die Hände der Sammler verzeichnet.

(Maria Bogdanovich)

So, 15.10.2023

16.11.: Kerem Saltuks Film wird im "Babylon" gezeigt.

Werner-Klemke-Film im „Babylon“

Werner Klemke (1917–1994), hochverehrter Künstler, Held und Pirckheimer-Gründungsmitglied, war ein waschechter Weißenseer. Der Videograf Kerem Saltuk, der ebenfalls in Berlin-Weißensee zuhause ist, hat dem Maler, Grafiker und Illustrator, dessen Arbeit Legende wurde und blieb, einen 71-minütigem Film gewidmet, in dem der Lebensweg dieses Ausnahmemenschen nachvollzogen wird samt O-Tönen von Angehörigen, Wegbegleitern und Zeitgenossen und der zu einem würdigen und schönen Erfolg geworden ist. Er wird im Rahmen der Berliner Märchentage noch einmal im Kino „Babylon“ (Rosa-Luxemburg-Straße 30, 10178 Berlin) gezeigt – und zwar am 16. November um 20 Uhr. Der Eintritt für die Vorführung kostet 8 Euro ... der Film ist mit einer FSK von neun Jahren freigegeben. Alle Informationen dazu gibt es auf der Webseite der Berliner Märchentage.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Sa, 14.10.2023

Der 24. Oktober 2023 ist der "Tag der Bibliotheken".

Tag der Bibliotheken am 24.10.2023

Am 24. Oktober wird deutschlandweit der Tag der Bibliotheken gefeiert! Viele Bibliotheken in ganz Deutschland sind mit besonderen Aktionen dabei, sie veranstalten Lesungen, Diskussionsrunden, Robotik-Workshops, Bastelaktionen oder geben einen Einblick in ihre Arbeit hinter den Kulissen. Einige Beispiele finden sich auf der Website des Bibliotheksverbands. „Der Tag lenkt alljährlich die Aufmerksamkeit auf die über 9.000 Bibliotheken in Deutschland und macht auf ihr umfangreiches Angebot neugierig. In vielen Bibliotheken wird seit Einführung des Tages der Bibliotheken mit vielfältigen Veranstaltungen auf die verschiedenen Leistungen der Bibliotheken als unverzichtbare Kultur- und Bildungseinrichtungen hingewiesen. Der Deutsche Bibliotheksverband verleiht am Tag der Bibliotheken gemeinsam mit der Telekom Stiftung den Preis Bibliothek des Jahres sowie seit 2020 die Bibliothek des Jahres in kleinen Kommunen und Regionen.“ 24.10.: Ein wichtiges Signal!

(Robert Grieger/Pressemitteilung)