Pirckheimer-Blog

Marginalien

Do, 16.03.2023

"Palmbaum"-Redakteur Jens-Fietje Dwars begrüßt die Ausstellungsgäste zur Vernissage. | © Elke Lang
V. l. n. r.: Gründungsredakteur Detlef Ignasiak, Jens-F. Dwars, Michael von Hintzenstern. | © Elke Lang

Burgk I: Im Zeichen der Palme

Knapp 40 Besucher hatten sich am Sonnabend, dem 11. März, nach Schloss Burgk in die Neue Galerie begeben, um dem Palmbaum zu huldigen, der Thüringer Literaturzeitschrift dieses Namens, die vor 30 Jahren von Detlef Ignasiak im quartus-Verlag Bucha b. Jena gegründet worden war. Spätestens seit 2005 hat sich mit Jens-Fietje Dwars als Redakteur dieses Journals auch der Philosophie und besonders der bildenden Kunst zugewandt. Ihm sind die 36 Einbände zu verdanken, die nach grafischen Vorlagen von Gegenwartskünstlern Mitteldeutschlands gestaltet sind. Darunter befinden sich Horst Hussel, Gerhard Altenbourg, Gerd Mackensen, Uwe Pfeifer, Max Uhlig, Baldwin Zettl und Kay Voigtmann. In der Jubiläumssonderschau sind unter anderem all diese Buchumschläge neben den Grafiken zu sehen, aus denen sie entwickelt wurden. Dieser Fundus an originaler Kunst ist für sich schon sehenswert. Das Besondere der Ausstellung besteht jedoch darin, dass der Besucher hier den Gestaltungsprozess bis hin zum Buchumschlag nachvollziehen kann. Weiterhin sind originale Künstlerbriefe von Karl-Georg Hirsch, Hans Ticha und Strawalde, Manuskripte von Volker Braun, Reiner Kunze und Wulf Kirsten sowie erstmals publizierte Autografen von Gottfried Benn, Gabriele Reuter und Paul Scheerbart zu besichtigen. Mit Grafik-Mappen und Marginalien-Beilagen der Pirckheimer-Gesellschaft im Pirckheimer-Kabinett und einer kleinen Erotika-Exposition sind um die 300 künstlerische Arbeiten ausgestellt. Museums-Direktorin Sabine Schemmrich freut sich, diese Ausstellung mit dem Titel Im Zeichen der Palme: Literatur und Grafik aus Mitteldeutschland in ihrem Hause präsentieren zu dürfen, ist doch Gegenwartskunst aus Mitteldeutschland für die 1981 eröffnete Neue Galerie bis heute festes Programm. Die Ausstellung ist bis zum 25. Juni zu sehen, das Schloss von Di bis So 10 bis 18 Uhr geöffnet. Alle Infos unter: www.schloss-burgk.de.

(Elke Lang)

Di, 07.03.2023

Die Umschlaggrafik der "Palmbaum"-Ausgabe Nr. 2/2020 gestaltete Uwe Pfeifer aus Halle (Saale).
Dr. Jens-Fietje Dwars | © Sylwia Mierzynska
Das Cover des in Kürze erscheinenden Hefts 1/2023 des "Palmbaum" stammt von Dieter Goltzsche.

30 Jahre „Palmbaum“ in Burgk

Die Thüringer Literaturzeitschrift Palmbaum heißt nicht „Tannenbaum“, weil sie nicht (nur) Wiesen und Wälder besingt. Ihr Vorbild ist die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die 1617 in Weimar geschaffen wurde. Am Vorabend des verheerendsten aller europäischen Kriege beschlossen die regierenden Fürsten der protestantischen Höfe keine Aufrüstungs- oder Wirtschaftsprogramme. Um eine Verständigung im zerrissenen Deutschland herbeizuführen, hielten sie nichts für notwendiger als die Förderung der deutschen Sprache und Literatur. Ihr Leitspruch war „Alles zu Nutzen“, ihr Erkennungszeichen die vielfach nutzbare Palme.

1992 gründete Detlef Ignasiak in Jena die „Literarhistorische Gesellschaft Palmbaum“, die seit 1993 die Zeitschrift Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen herausgibt. Sie erscheint zweimal jährlich im quartus-Verlag Bucha, seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Literaturrat. Volker Braun nennt die Hefte „wahre Wunderkammern“, weil jedes davon einem Titelthema gewidmet ist. Der Palmbaum bringt nicht nur, wie andere Literaturzeitschriften, neue Prosa, Lyrik und Essays, sondern widmet sich auch dem reichen kulturellen Erbe Thüringens und Streitfragen der Gegenwart. Weibliches Schreiben, Stimmen der Natur und Literatur in einer zunehmend absurden Welt waren jüngste Themen, das März-Heft stellt Reichtum in Frage: Was ist ein reiches Leben? Woran kann man es erkennen, gar messen? 

2005 hat Jens-F. Dwars die Redaktion übernommen. Seitdem werden die Einbände von Thüringer und mitteldeutschen Künstlern gestaltet. Der Reigen der Beteiligten reicht von Gerhard Altenbourg über Moritz Götze, Angela Hampel, Karl-Georg Hirsch, Horst Hussel, Gerda Lepke, Gerd Mackensen, Klaus Süß und Strawalde bis zu Hans Ticha, Max Uhlig und Baldwin Zettl. All diese und weitere namhafte Künstler hatten in den vergangenen Jahren Personalausstellungen im Museum auf Schloss Burgk, das sich sich zugleich zu einem Geheimtipp für Kunst-, vor allem Grafik-Liebhaber entwickelt hat. Schon in den 1980er Jahren eröffnete hier Lothar Lang ein Pirckheimer-Kabinett für Grafik und Künstlerbücher.

Der Ort ist daher ideal, um das 30-jährige Bestehen des Palmbaum mit einer großen Ausstellung vom 11. März bis 25. Juni zu feiern: einem Klassentreffen mitteldeutscher Literatur und Grafik. Im Mittelpunkt stehen die 36 Einbände seit 2005 und ihre originalgrafischen Vorlagen. Durch den Vergleich von Zeichnung, Andruck und Cover lässt sich exemplarisch nachvollziehen, was Buchgestaltung ausmacht: Erst durch Auswahl, Verkleinerung oder Vergrößerung von Ausschnitten, kombiniert mit typografischen Bausteinen, entsteht ein Einband, der die Leser ansprechen und auf das Thema des Heftes einstimmen soll. So lädt die Ausstellung auch dazu ein, den Prozess der Entstehung, der Machart heutiger Medien kritisch zu durchschauen.

In Vitrinen werden verschiedene Einbandentwürfe und die fertigen Cover der Zeitschrift gezeigt. Dokumente aus der Geschichte der Zeitschrift ergänzen die Bilder: Künstlerbriefe von Karl-Georg Hirsch, Hans Ticha und Strawalde, Manuskripte von Volker Braun, Reiner Kunze, Wulf Kirsten und Reinhard Jirgl sowie in der Zeitschrift erstveröffentlichte Autografen von Gottfried Benn, Gabriele Reuter, Paul Scheerbart und anderen namhaften Autoren. Auch Bücher der Reihe Palmbaum. Texte. Kulturgeschichte sowie die Bände der Edition Ornament aus dem quartus-Verlag werden einbezogen, die Texte und Grafiken ostdeutscher Autoren und Künstler vereinen – mit Vorzugsgrafiken von Moritz Götze, Horst Hussel, Angela Hampel, Felix Furtwängler, Gerd Mackensen, Baldwin Zettl, Kay Voigtmann u. v. a.

Im Pirckheimer-Kabinett sind die Grafik-Mappen der Edition Pirckheimer sowie grafische Beilagen der Marginalien zu sehen. Neben den schon Genannten sind Claudia Berg, Dieter Goltzsche und Susanne Theumer mit Meisterblättern vertreten. Für Liebhaber der Grafik gibt es noch ein erotisches Kabinett mit Zeichnungen von Gerd Mackensen. Zu sehen sind seine Illustrationen für zwei Anthologien des „Menantes-Preises für erotische Dichtung“, den der Palmbaum von 2006 bis 2016 zusammen mit der Kirchgemeinde von Wandersleben ausgeschrieben hat, sowie Bilder zu Goethes Erotica, die unlängst in der Edition Ornament erschienen sind.

Gute Gelegenheiten, die vielschichtige Ausstellung zu besuchen, bietet das Rahmenprogramm: Die Ausstellung startet am 11. März, 15 Uhr, mit einem Paukenschlag. Unter dem Motto Zur Not bleibt uns das Lachen! präsentieren Michael von Hintzenstern und Jens-F. Dwars Dada-Texte und laden mit dem aktuellen Palmbaum (Ausgabe 2/2022) ein, die absurde Welt zu verlachen. Sie erinnern an den Dada-Kongress in Weimar und Jena 1922, der in einem Skandal endete. Von Hintzenstern wird Schwitters-Gedichte rezitieren und Dwars an der Orgel der Schlosskapelle begleiten, der Texte von Scheerbart bis Hussel liest. Am Ende verzaubert der Organist und Impresario der Weimarer Dada-Dekade das Publikum in einen mehrstimmigen Dada-Chor. Höchstes Vergnügen wird garantiert. Es darf auch von Herzen gezischt und gepfiffen werden!

Am 1.5. wird „Reichtum für alle!“ gefordert. Ab 15 Uhr wird das neue Palmbaum-Heft vorgestellt, das fragt, worin wahrer Reichtum besteht. Ein Gespräch mit dem Marionetten-Spieler Henning Hacke dreht sich um die Verwandlungen des Reichtums im Märchen, ums Haben oder Sein. So auch im anschließenden Puppenspiel Vom Fischer un syn Fru, musikalisch begleitet vom Jazz-Posaunisten Frieder W. Bergner. Außerdem hat an dem Nachmittag das Buch zur Ausstellung Premiere: Ateliergespräche mit 28 Porträts ostdeutscher Bildermacher. Und am 18. Juni liest Romy Gehrke aus Goethes Erotica, 150 Jahre lang zensiert, zum Künstlergespräch mit Gerd Mackensen über erotische Kunst im Anschluss passend spielt von Hintzenstern Cello ... Eine Würdigung zu 30 Jahre Palmbaum erscheint auch im nächsten Heft der Marginalien.

(Pressemitteilung/Jens-Fietje Dwars)

Di, 28.02.2023

"Persephones Wintergarten" – das jüngste Mappen-Werk der Leipziger augen:falter. | © augen:falter
Julia Penndorf und Petra Schuppenhauer (v. l. n. r.) beim Drucken der sieben Blätter. | © augen:falter

Bibliophiles des Monats: Blätter aus „Persephones Wintergarten“

Was für ein Titel für ein Grafikprojekt! Denn, fertiggedacht, was darf man sich unter Persephones Garten vorstellen? Wenn man dem Mythos folgt, ist sie in ihrer irdischen Erscheinung als Kore Tochter wie Geliebte des Zeus, in ihrer chthonischen die Gattin des Unterweltgottes Hades, und auch dort trägt sie ihren zweiten göttlichen Namen Persephone. Die Absprache will, dass sie nicht die ganze Zeit im Dunkel zubringt – wenn Kore ins Dunkel wechselt, herrscht auf der Erde Winter. Persephones Garten ist also entweder die kühle Ausgabe der Oberwelt oder eben der Hortus in der Finsternis. Eine strenge Göttin ist sie, die aber zugleich für Blüte und Fruchtbarkeit steht.

So erzählt es bereits Homer in seiner großen Hymne an Demeter, in der sich zwei Mythen, über die Äonen hin, verbinden und umkreisen. Und ist ein wunderbarer Aufhänger für die neue gemeinsame Arbeit der augen:falter-Künstlerinnen, deren Zentrale sich in Leipzig befindet, von der die Projekte der seit 2022 sieben (davor acht) Grafikerinnen, auch wenn eine der Mitstreiterinnen mittlerweile die Pleiße- und Weiße-Elster-Stadt zugunsten von Mainz am Rhein verlassen hat, stets ausgehen. Und auch hier verbanden sich auf schöne Weise zwei Stränge, denn die Linolschnitte des Zyklus entstanden zunächst als Original-Beilagen der aktuellen Ausgabe der Marginalien.

Jede und jeder Pirckheimer fand denn auch in seinem Mitglieds-Exemplar von Heft 247 eines der zweifarbig im Herbst 2022 bei Plumbum auf einem Bogen gedruckten Blätter der sieben Künstlerinnen: Petra Schuppenhauer ist darin mit Blumen vertreten, Inka Grebner mit einem Stillleben mit Dame, bei Urte von Maltzahn-Lietz blüht die Gartenmondviole. Und Nadine Respondeks Druck heißt indes fruchtig, fuchtig & verblichen, bei Katja Zwirnmann tritt der Totenkopfschwärmer auf, während es bei Franziska Neubert Zicke, Zacke … zugeht und bei Julia Penndorf still alive. In schöner Assonanz bewegt sich alles um Werden und Vergänglichkeit.

Die Gesamtauflage von Persephones Wintergarten beträgt 180 Exemplare, davon sind aber bereits 110 für die Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft (s. o.) abzuziehen. Zwanzig Mappen sind Künstlerinnen-Exemplare, was bedeutet, dass die komplette Sammlung in Mappenwerk-Form nur fünfzig Mal offen zum Verlauf steht. Neben Carpe Plumbum stehen die Umstände, dass die Blätter von Petra Schuppenhauer, Julia Penndorf und Urte von Maltzahn-Lietz persönlich gedruckt und im Graphischen Atelier von Katja Zwirnmann buchbinderisch verarbeitet wurden, über die Kunst selbst hinaus für höchste Qualität. Alle Informationen zur wundersamen Arbeit der augen:falter finden sich auf der Webseite der Künstlerinnen-Gruppe. Dort gibt es auch ein Kontaktformular bei Interesse für Persephones Wintergarten oder eines der anderen Projekte (deren erstes 2009 eine achtteilige Leporello-Box war) der sieben Grafikerinnen. 

(André Schinkel)

Mi, 18.01.2023

Das neue Heft der "Marginalien" mit einer der sieben Beilagen: "Stillleben mit Dame" von Inka Grebner.
Urte von Maltzahn-Lietz, Julia Penndorf und Petra Schuppenhauer (v. l. n. r.) beim Drucken der Beilagen im Atelier Carpe Plumbum. Foto: augen:falter.

Marginalien 247 erschienen

Gleich mit sieben, wenn auch gerecht auf die Hefte der Vereinsmitglieder verteilten Wundern wartet die kürzlich erschienene Ausgabe 247 der Marginalien, der Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie der Pirckheimer-Gesellschaft auf. Die originalgrafischen Beilagen des Journals entstanden dieses Mal in Leipzig: Die Redaktion hatte die Mitstreiterinnen der Künstlerinnen-Gruppe augen:falter eingeladen, die besondere Beigabe zu fertigen. Und wie es das Glück will, lieferte jede Künstlerin ein Blatt für den gemeinsamen Zyklus Persephones Wintergarten: Inka Grebner, die einzige, die mittlerweile nicht mehr in der Pleißestadt, sondern in Mainz lebt, ein Stillleben mit Dame, Urte von Maltzahn-Lietz die Gartenmondviole beschwörend, Katja Zwirnmann den Totenkopfschwärmer präsentierend, während es bei Franziska Neubert Zicke Zacke ... geht, Petra Schuppenhauers Blumen mit Julia Penndorfs still alive parlieren und es auf Nadine Respondeks Blatt fruchtig, fuchtig & verblichen zugeht. Alle Werke als zweifarbige Linolschnitte auf einem Bogen bei Carpe Plumbum gedruckt, könnten sie, so mußmaßt der leitende Redakteur Till Schröder, dereinst ein Signet sein für eine Pirckheimersche Sammelwut, ausgelöst im eben angebrochenen Jahr. Christiane und Norbert Grewe berichten derweil von einem goldenen Zeitalter der Buchillustration, es gibt Texte zu berühmten Büchern von Matthias Wehry, Maria Bogdanovich und Elke Lang zu lesen im Heft, eine Sichtung der legendären Leipziger Bilderbogen, die Fortsetzung des ABCs der Druckkunst von Thomas Glöß sowie den Bericht Ralf Weges vom Pirckheimer-Jahrestreffen in Oldenburg. Die Typografische Beilage widmet sich indes G. A. E. Bogeng, es gibt Rezensionen, Mitteilungen aus dem Leben der Pirckheimer und anderer Sammelverrückter. Auch zum 600. Mitglied der Gesellschaft findet sich gute Kunde im Heft. 

(André Schinkel)

Di, 17.01.2023

Im ehrwürdigen Gotha (hier: Schloss Friedenstein) findet vom 22. bis 24. September das Jahrestreffen 2023 der Pirckheimer-Gesellschaft statt.

Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft 2023 in Gotha

Nach der letzten Zusammenkunft in Oldenburg 2022 empfängt dieses Jahr die Pirckheimer das thüringische Gotha. Vom 22. bis 24. September feiern wir in der alten Residenzstadt ein Jubiläum: Es ist das 50. Jahrestreffen unserer Gesellschaft, organisiert durch Peter Arlt. Das erste Treffen dieser Art fand 1972 in Dresden statt. Gotha bietet Führungen durch die Forschungsbibliothek Gotha, eine musikalische Reise in der Schlosskirche zu Willibald Pirckheimer und seinen Zeitgenossen mit Sabine Lindner, Bildende Kunst und Musik von Thomas Offhaus, eine Ausstellung im Spiegelsaal mit Neujahrsgrafiken aus fünf Jahrzehnten der Sammlung Peter Arlt, und auch das Sammlerpaar Christiane und Norbert Grewe gibt im Vortrag und Gespräch Einblicke in ihre Buch- und Grafikschätze. Das endgültige Programm und die Modalitäten der Anmeldung werden bis zum Frühsommer auf der Internetseite der Pirckheimer und in Heft 249 (Ausgabe 2023/2) der Marginalien, der Zeitschrift unserer Gesellschaft, veröffentlicht. 

(Till Schröder)

Fr, 11.11.2022

Karl-Georg Hirsch: "Letzter Tanz. Für Gottfried B.", Holzschnitt mit Tonplatte im Irisdruck.
Sven Großkreutz: "Phoenix aus Aschersleben", Ätz-/ Kaltnadelradierung, Aquatinta, Aussprengtechnik.
Claudia Berg: "Haus bei Burano", Kaltnadelradierung.

Subskriptionsfrist für die Grafikmappe Edition Pirckheimer verlängert

Unserer Zeitschrift Marginalien liegt pro Ausgabe für jedes Mitglied eine Originalgrafik bei. War dies in der Vergangenheit nur in vereinzelten Heften der Fall, so etablierten wir vor fünf Jahren die regelmäßige Beilage mit jeder Ausgabe. Auch ein Grund für unser Mitgliederwachstum. Wir freuen uns, mit den preiswerten Blättern namhafter Künstler wie Max Uhlig, Dieter Goltzsche, ATAK, Volker Pfüller, Strawalde, Frank Eißner, Thomas Ranft und vielen mehr vor allem jüngeren Lesern den Aufbau einer eigenen Grafiksammlung zu ermöglichen. Trotzdem bleibt das paradoxe Problem: Je erfolgreicher die Zeitschrift, je höher ihre Auflage, desto mehr steigen die Kosten und sinkt der Sammlerwert der Grafiken.

Vor drei Jahren haben wir auf dieses Problem mit der Herausgabe einer exklusiven Edition Pirckheimer geantwortet: einer Grafikmappe in kleiner Auflage, die den Sammlern etwas Besonderes bietet und deren Ertrag dabei hilft, die Finanzierungslücke für qualitätsvolle Grafik-Beilagen der Marginalien auszugleichen. Kuratiert von Jens-Fietje Dwars, unter anderem auch Herausgeber der literarischen Edition Ornament im quartus-Verlag, starteten wir mit sieben A3-Blättern in 35er Auflage von den Künstlern Susanne Theumer, Hans Ticha, Klaus Süß, Moritz Götze, Kay Voigtmann, Strawalde und Baldwin Zettl. Mit der diesjährig gestarteten zweiten Mappe der Edition passten wir das Konzept leicht an: Auflage 50 Exemplare, und alle sieben Blätter liegen bereits vor, statt sukzessive ausgeliefert zu werden. Somit weiß jeder, was ihn erwartet, wenn er die Edition abonniert.

Karl-Georg Hirschs Holzschnitt Letzter Tanz krönt eine ganze Reihe oft skurriler Paare des Altmeisters, die weniger harmlos tänzeln, als vielmehr ihre Kräfte messen. Dieter Goltzsche trägt eine kleine Radierung namens Schaukelpferd bei. Max Uhlig gab uns für die Mappe eine radierte Frauenkopf-Studie aus dem Jahr 1978, von der bislang noch keine Auflage gedruckt wurde. Seine Malerkollegin im Geiste, Gerda Lepke, zeichnete in ihrer Algrafie mit bekannt freiem Strich ein geheimnisvolles Paar. Der Grafiker und Maler Gerd Mackensen zeigt mit seiner handkolorierten Radierung Nur Narr! Nur Dichter! einen Nietzsche jenseits verklärender Heroisierung. Als Vertreter nachwachsender Generationen konnten wir Sven Großkreutz gewinnen. Sein rätselhaftes Blatt Phönix aus Aschersleben ist aufwändig in Ätzradierung und Aquatinta, Kaltnadel und Aussprengtechnik gearbeitet. Und Claudia Berg beschließt die Mappe mit einem Blatt aus ihrem jüngsten Venedig-Zyklus: Haus bei Burano ist ein weiteres Zeugnis ihrer atmosphärisch dichten Radierkunst. Die Mappe wird erneut von Silke Steinhagen in Weimar gebunden, ein Beiblatt in Bleisatz von der Pavillon-Presse Weimar gedruckt.

Mit einer Auslieferung rechnen wir im November. Bis zum 31. Dezember kann die Mappe zum Subskriptionspreis von 1.300 Euro erworben werden. Danach kostet sie 1.600 Euro. Wir haben die ursprünglich in den Marginalien (Heft 246) angekündigte Frist verlängert, da die Marginalien bei einigen verspätetet ausgeliefert wurden. Für Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft sowie Sammler der ersten Mappe (auch wenn sie nicht den Pirckheimern angehören) wird ein weiterer Rabatt von 10 Prozent gewährt, sodass die Mappe dann 1.170 Euro zuzüglich Versand kostet. Die Bezahlung ist in drei Raten möglich. Die Verteilung der Nummern erfolgt in der Reihenfolge der Bestellungen. Subskriptions-Bestellungen können gerichtet werden an:

Pirckheimer-Gesellschaft e. V.
c/o Matthias Haberzettl
Ramsbergstr. 12, 86156 Augsburg
E-Mail: haberzettl@pirckheimer-gesellschaft.org

(Jens-Fietje Dwars)

Fr, 21.10.2022

Matthias Gubig. ǀ © Thomas Gubig
Es herrschte reger Andrang. ǀ © Thomas Gubig

Retrospektive Matthias Gubig

Die Galerie 100 in Berlin war gerammelt voll. Bis auf die Straße stand man, um der Eröffnungsrede von Hans-Eberhard Ernst zuzuhören – einer Eröffnung für Matthias Gubig. Der Typograf und Grafiker zeigt seit dem 19. Oktober Bilder & Bücher oder, wie er es im Untertitel nennt: „Zeitzeichen aus fünfzig Jahren“. 

Eingestimmt durch die Kompositionen von Jasper Libuda, der mit Kontrabass und Loop-Station seine ganz eigene, melodische Form aus Drone und Kammermusik darbot, führte Ernst durch das Œuvre und Leben von Gubig, der seit acht Jahren auch die Marginalien für die Pirckheimer-Gesellschaft gestaltet. 

Er erzählte vom ausgebombten Kind aus Dresden, das zum Professor für Typografie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee aufstieg, der unzählige Bücher gestaltet hat (auch als »schönste« ausgezeichnete), Grafiken und Typografiken schafft, mit Plakaten die Zeiten kommentiert, und als Typograf eben generell wisse, „wie man mit Umbrüchen“ umgehe. Das Publikum quittierte das Wortspiel lachend. 

Von Holzstichmontagen aus den 1970ern über Buchgestaltungen und Plakate der 1980er und 1990er bis hin zu den Spätdrucken, in Eigenregie von Matthias Gubig geschaffenen Büchern der Jetztzeit, ist die Spannbreite und spielerische anregende Wirkung der ausgestellten Objekte in zwei Räumen groß. Noch bis zum 18. Dezember kann man sich in der Galerie 100 davon selbst überzeugen.

Matthias Gubig:
Bilder & Bücher.
Zeitzeichen aus fünfzig Jahren
Galerie 100
Konrad-Wolf-Str. 99
13055 Berlin
19.10.–18.12.2022

(Till Schröder)

Fr, 07.10.2022

Die neue Ausgabe der "Marginalien" samt der Grafik von Xago und dem "Besonderen Blatt" zu Ehren von Matthias Gubig. ǀ © Till Schröder

Marginalien 246 erschienen

Ganz frisch auf dem Tisch ist die neueste Ausgabe der Marginalien, genauer gesagt die Ausgabe 246 der Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie der Pirckheimer-Gesellschaft. Unter der Ägide von Chefredakteur Till Schröder entstand wieder ein Heft voller Aufsätze, Rezensionen und Mitteilungen, das sich der Hingabe zum schönen Buch, der Grafik und im besten Sinne der Bibliomanie hingibt: Ernst Falk würdigt Heinz Edelmann, Renate Reschke porträtiert Xago (der mit Unter Beobachtung: Kunst wunderbarerweise gleich auch die Beilage für die Vereinsmitglieder beisteuerte) zum runden Geburtstag; Jens-Fietje Dwars kündigt die zweite Folge der Edition Pirckheimer an, Matthias Flügge hält eine Laudatio auf Strawalde, Anja Harms und Eberhard Müller-Fries (deren Ausstellung in Oldenburg eben die Pirckheimer begeisterte) erfahren Würdigung, Dieter Goltzsche erinnert an Ursula Lang. In der Typografischen Beilage zeigt uns Jürgen Engler die Poesie der Satzzeichen, und im ABC der Druckkunst führt Thomas Glöß in die Kunst des Siebdrucks ein (wird in Heft 247 fortgesetzt). Und ein wirklich ganz besonderes Blatt wird mit einer Extraausgabe der gleichnamigen Rubrik an Matthias Gubig verschenkt: Mit der eigens dafür entstandenen Grafik Der Glyphenbeschwörer von Gubig-Schülerin Julienne Jattiot und einem berührenden Text Till Schröders ehrt die Redaktion den großen Typografen, der auch die Marginalien gestaltet, und gratuliert ihm zum 80. Geburtstag. Der Reigen wird beschlossen mit Rezensionen zu schönen Büchern und Mitteilungen aus der Welt derselben. 

(André Schinkel)

Fr, 09.09.2022

Breslauer Preis für Bibliographie: Erster Preis 2022.
Den zweiten der insgesamt vier vergebenen Preise erhält Ernst Fischer.

Breslauer Preis für Bibliographie

Die International League of Antiquarian Booksellers (ILAB) hat die Gewinner des Breslauer Preises für Bibliographie 2022 bekanntgegeben. Insgesamt wurden 99 Arbeiten eingereicht. Der erste Platz ging an Jack Baldwin mit A Catalogue of Fifteenth-Century Printed Books in Glasgow Libraries and Museums (zwei Bände, Woodbridge: Boydell and Brewer 2020). Die Universitätsbibliothek Glasgow besitzt eine der umfangreichsten Sammlungen seltener Bücher im Vereinigten Königreich, darunter 1.062 Inkunabeln. Eine Beschreibung von weiteren 62 Inkunabeln aus anderen Glasgower Bibliotheken und Museen vervollständigt den Katalog.

Der zweite Preis geht an Ernst Fischer (Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Historische Kommission): Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 3 Drittes Reich und Exil, drei Teile: Exilbuchhandel 1933–1945/1; Exilbuchhandel 1933–1945/2; Exilbuchhandel/Supplement (Berlin und Boston: De Gruyter, 2020 und 2021). Den dritten Platz belegt Renaud Adam mit Vivre et imprimer dans les Pays – Bas Méridionaux (Des Origines à la réforme) (zwei Bände, Turnhout: Brepols 2018). Eine Honourable Mention (Lobende Erwähnung) erhielten schließlich Frank Romano und Miranda Mitrano mit History of Desktop Publishing (New Castle, Delaware: Oak Knoll Press 2019).

Die Auszeichnung, mit dem alle vier Jahre herausragende bibliografische und buchgeschichtliche Arbeiten gewürdigt werden, wurde erstmals 1967 verliehen. Der ILAB Breslau Prize for Bibliography wird von der ILAB mit der großzügigen Unterstützung der B. H. Breslauer Foundation gesponsort und am 14. September 2022 im Rahmen des ILAB-Symposiums in der Weston Library (Bodleian Libraries) in Oxford, verliehen. Eine Ausstellung aller eingereichten Bücher samt der 2022 ausgezeichneten Titel wird vom 15. bis 18. September 2022 während der London Rare Book Fair (Firsts) in der Londoner Saatchi Gallery zu sehen sein. – Das Opus magnum des zweiten Preisträgers, Ernst Fischer, wurde übrigens in der Ausgabe 243 (2021/4) der Marginalien durch Klaus-Jürgen Becker rezensiert und gewürdigt. 

(Maria Bogdanovich)

Di, 09.08.2022

Die "BücherLust" findet am 10. und 11. September in Berlin statt.
Klaus Ensikat ǀ © Kindermann Verlag
Die jüngste Jahresgabe der Pirckheimer ist der Band "Nebengekritzeltes" von Strawalde, erschienen in der Edition Ornament (quartus-Verlag, Bucha 2021).

Bücherlust in Berlin

Nach langer Pause findet in Berlin wieder einer der größten Antiquitätenmärkte Deutschlands statt. Am 10. und 11. September 2022 lädt die Antiquariatsmesse „BücherLust“ auf die alte Trabrennbahn Karlshorst in der Treskowallee ein. Rund 20.000 Besucher werden erwartet. Bislang haben sich 54 Teilnehmer angemeldet. Neben Unternehmen aus Deutschland werden auch Anbieter aus Amsterdam, Budapest, den Haag, London und Wien vertreten sein.

Wie die Organisatoren anmerken: „In den letzten Jahrzehnten war immer ein Bedürfnis nach einer für alle leicht und risikolos zugänglichen Antiquariatsveranstaltung vorhanden. Verschiedene Anstöße und Versuche wurden, leider zumeist regional, von verschiedener Seite unternommen. Keiner der Versuche konnte sich etablieren. Nun ein neuer Aufschlag – die Antiquariatsmesse ‚BücherLust‘! [...] Kein Preisdruck und kein Standesdenken, wenn es um die öffentliche Präsentation alter und seltener Bücher geht. Ihre Qualität und Bedeutung spricht für sich selbst. Andere Länder machen es uns seit Jahrzehnten vor. [...] Nach ihrem Vorbild soll mit der Antiquariatsmesse ‚BücherLust‘ eine offene Veranstaltung mit jährlicher Wiederholung ins Leben gerufen werden.“

Die Veranstaltung wurde organisiert mit Unterstützung des Verbands Deutscher Antiquare e. V., der GIAQ – Genossenschaft der Internet-Antiquare e. G., des Börsenverein des deutschen Buchhandels e. V., der Fachzeitschrift Aus dem Antiquariat, des Verbands der Antiquare Österreichs, von Petra Bewer (Veranstalterin der Antiquaria Ludwigsburg), Harrison-Hiett Rare Books, Ursula Saile-Haedicke (Braunschweig), der Gesellschaft der Bibliophilen e. V., Regina Pröhm and Michael Schrottmeyer GbR, Provincial Booksellers Fairs Association, des Zentralen Verzeichnisses antiquarischer Bücher (ZVAB) sowie der Buch- und Offsetdruckerei H. Heenemann Berlin.

Die Pirckheimer-Gesellschaft unterstützt den Veranstalter mit einem attraktiven Rahmenprogramm. Auf der Empore der Tribünen-Halle werden viele Künstler, Autoren und Verlage begrüßt. Der Samstag startet um 12 Uhr mit Anna Kindermann. Gemeinsam mit unserem Pirckheimer-Freund, dem grandiosen Klaus Ensikat, wird das neueste Buch aus dem Hause Kindermann präsentiert. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, sich von Ensikat eines seiner Bücher signieren zu lassen. 14 Uhr besuchen uns die Bücherkinder aus Brandenburg am Pirckheimer-Stand und stellen ihre neuesten Arbeiten vor. Und um 16 Uhr präsentiert der Quintus-Verlag Eseleien mit André Förster, Dieter Goltzsche und Gunnar Decker.

Am Sonntagmorgen geht es weiter mit Matthes & Seitz, der Friedenauer Presse und den legendären Naturkunden, um anschließend mit der Büchergilde Gutenberg fortzufahren und dem neuesten Band aus der Hand von Hans TichaTicha illustriert Brecht – ein Saisonhöhepunkt! An beiden Tagen präsentieren wir an unserem Stand den zweiten Teil unserer Edition Pirckheimer, herausgegeben von Jens-Fietje Dwars. Unsere Jahresgaben und unsere Zeitschrift Marginalien erwarten Sie zudem.

Die Antiquariatsmesse ist an beiden Tagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die alte Trabrennbahn Karlshorst (Treskowallee 159, 10318 Berlin) ist mit der S-Bahn (Linie 3) gut zu erreichen, sie liegt nur 200 Meter vom S-Bahnhof Berlin-Karlshorst entfernt. Besucherparkplätze für mit dem Auto anreisende Interessenten sind für 5 Euro je Tag vorhanden. Der Eintritt für Besucher beträgt 3 Euro. Das Besucherparkplatzticket wird für einen Besucher als Eintrittsgeld voll angerechnet, so dass der Parkplatz für einen Besucher freien Eintritt bedeutet. Kontakt für die Anmeldung und Informationen zur Antiquariatsmesse besteht über Christoph Neumann, einerseits per Mail: info@antiquariat-neumann.de, andererseits per Telefon: (0178) 5 40 90 18. Weiterführende Informationen sind über die eigens eingerichtete Seite www.bücherlust.com erhältlich.

(Maria Bogdanovich/Ralph Aepler)

Mo, 18.07.2022

Herbert W. Franke (1927-2022) auf der Transmediale 2010 ǀ © Shervin Afshar (CC BY-SA 3.0)

Abschied von Herbert W. Franke

Die europäische Kulturszene trauert um einen einzigartigen Pionier der Medienkunst, einen – was im Zeitalter der galoppierenden Fächerverengung allein schon Aufsehen erregt – universell Gelehrten und Tausendsassa, der als Wissenschaftler, bildender Künstler und Schriftsteller (sowie durchaus in steter Bereitschaft, diese Kosmen zu mischen) bis ins hohe Alter aktiv blieb und den Diskurs mitbestimmte. Am 16. Juli starb in seiner oberbayerischen Wahlheimat Herbert W. Franke, wenige Wochen nach seinem 95. Geburtstag.

1927 in Wien geboren, studierte Franke Physik, Chemie und Mathematik, Psychologie und Philosophie, begründete die Ars Electronica mit, lehrte in München, forschte zur Elektrotechnik, zu KI, zur Höhlenkunde, zur Tropfstein-Datierung ... Vor allem aber gilt er als „Dinosaurier“ der Computerkunst und -grafik. 1970 war er mit einem Siebdruck auf der Biennale vertreten. Ungezählt seine Bücher: Science-Fiction-Romane und -Erzählungen, Aufsätze, Gedichte. Seine letzte Aktion war der digitale Abverkauf seiner Serie Math art am 1. Juni, ganze 30 Sekunden brauchte er dafür. Zuvor hatte Franke, sich damit als einer der Vordenker des Metaverse erweisend, mit seiner Frau Susanne Päch in den 2000ern auf der Plattform Active Worlds die Z-Galaxy eröffnet, einen multimedialen Raum für Kunst.

Dort wie im Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe wird nun sein Vermächtnis gesammelt, bewahrt und für die Nachwelt von der Umtriebigkeit wie dem Geistesreichtum von Herbert W. Franke künden. Eine ausführliche Würdigung der Bedeutung Frankes als „philosophischer Fixstern“ für die westdeutsche utopische Literatur nach 1950 durch Norbert Grewe ist im Übrigen zu finden im 245. Heft (2022/2) der Marginalien, der Zeitschrift der Pirckheimer-Gesellschaft.

(André Schinkel)

So, 10.04.2022

Marginalien 244 mit Typografischer (Albrecht von Bodecker) und Graphischer Beilage (Uwe Pfeifer: Hin und her, Holzschnitt, sign.)

MARGINALIEN #244

Zur artbook.berlin nord konnten die Marginalien #244 bereits vorgestellt werden, am Montag darauf hatten sie die meisten Pirckheimer in ihrem Briefkasten. 

"Das seltene Finden. So betitelt Albrecht von Bodecker vor gut 35 Jahren seine Erfahrungen mit Antiquariaten. Er schreibt nicht: Das Seltene finden. Er stellt nicht die Trouvaille in den Mittelpunkt, sondern die Suche. Der Prozess ist ihm wichtiger als das Produkt. Auf dem Weg zum geliebten Fund wächst der eigentliche Schatz: Wissens- und Wahrnehmungserweiterung. Es hat schon etwas Zen-haftiges, dieses Stöbern nach schönen Büchern. Nachzulesen in unserer Typografischen Beilage, mit der wir dem Buchkünstler zu seinem 90. Geburtstag im April gratulieren.
Ums Suchen geht es auch in anderen Beiträgen unserer aktuellen Ausgabe. Die Suche nach angemessener Form zum Beispiel, von der Sabine Knopf berichtet. Sie porträtiert Friederike Pondelik, die langjährige Künstlerische Leiterin des Reclam-Verlags Leipzig.
[...]
Fast schon manisch suchte ein anderer Gestalter nach der idealen Form: Willy Wiegand und seine Bremer Presse wollten nichts mehr als das Buch an sich neu zu erfinden, landete bei klassizistischer Askese, was in einigen der schönsten Bücher des 20. Jahrhunderts gipfelte – aber auch im Konkurs, wie Helmut Steffens für uns erzählt. Auch Christof Kugler sucht: Alles zum Spanischen Bürgerkrieg. Christoph Links besuchte den Arzt aus Frankfurt am Main [...] Jens-Fietje Dwars spürt im Atelier von Uwe Pfeifer der »Magie der Sachlichkeit« nach, dem Suchen nach Gewissheiten hinter nüchterner Darstellung, [...]
Und schließlich erzählt Christiane Hoffrath von der Suche nach Wahrheit – nicht nur von der astronomischen Galileo Galileis, sondern auch von der über dessen erstes Buch, dem Sternenboten von 1610, ausgelöst durch eine spektakuläre Fälschung."

(Till Schröder, Editorial)

Fr, 25.03.2022

Stand der Pirckheimer-Gesellschaft
Tamara Ivanova und Michael Bensman (die Maske fiel nur fürs Foto!)
Rainer Ehrt, Foto © ad

artbook.berlin nord

Nach zwei Jahren Corona-Pause heute endlich wieder ein Neustart der artbook.berlin, zurückgekehrt zu den Wurzeln in die Galerie Nord, diesmal mit 30 Ausstellern noch etwas kleiner, selbst die 1. artbook.berlin vor 10 Jahren war mit 45 Ausstellern größer, aber auch 2022 zeigte sich die Künstlerbuchmesse wieder mit gewachsener Qualität.

In der Begrüßungstüte für die Aussteller diesmal neben dem traditionellen Schoko-Buchstaben eine FFP2-Ma..., aber die Lust an der Begegnung von Buchkünstlern mit Sammlern und die Wunsch der Besucher an Gesprächen mit den Buchkünstlern war ungebrochen. Wie auch die Freude an kollegialen Begegnungen. Übrigens auch mit Mitgliedern der Pirckheimer-Gesellschaft.

Unter den Ausstellern finden sich alte Bekannte, wie Barbara Beisinghoff, Julienne Jattiot, Sabine Golde, Tamara Ivanova und Michael Bensman, Claudia Berg, Petrus Akkordeon, Peter Rensch, auch Pirckheimer, wie Hanfried Wendland, Rainer Ehrt, das Klingspor-Museum, Uta Schneider und Ulrike Stoltz (hier können nicht alle genannt werden).

Am Stand der Pirckheimer-Gesellschaft konnte man einen ersten Blick in die Marginalien (244. Heft) werfen. Es enthält für Mitglieder, die das Heft am Montag im Briefkasten haben werden, den signierten Holzschnitt von Uwe Pfeifer "HIN UND HER".

Die Messe ist noch am Sonnabend von 14 bis 20 Uhr und Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Galerie Nord/ Kunstverein Tiergarten Berlin-Moabit
Turmstraße 75, 10551 Berlin

Do, 03.03.2022

Der Engel der Geschichte

In diesen Tagen nimmt sicher jeder Pirckheimer, sofern er sie in seiner Sammlung hat, die «Engel der Geschichte» in die Hand, eine von HAP Grieshaber herausgegebene Künstlerzeitschrift.

Denn HAP Grieshaber engagierte sich bekanntlich gegen die Diktaturen in Griechenland und unter Pinochet in Chile und setzte sich in Zeiten des Kalten Krieges für den Brückenschlag zwischen den beiden deutschen Staaten ein. Hierbei entstanden auch zahlreiche Kontakte mit der Pirckheimer-Gesellschaft, sowie Ausstellungsbeteiligungen. Heft 104 der Marginalien enthielt als typografische Beilage postum seinen Text «Meine Bücher».

Das Engagement dieses großen Künstlers ist Mahnung auch im aktuellen Konflikt in Europa.

Die Online-Auktionsplattform Artpeers bietet in der in 5 Tagen auslaufenden Auktion «Der Engel der Geschichte XII. Für Grieshaber zum 15. Februar 1969». Im Folio-Format und losen Bogen enthält es neben einem doppelseitigen, höchst aktuellen Holzschnitt Grieshabers (siehe Abb.), Orig.-Lithographien von Hans Martin Erhardt, Fritz Genkinger und Rudolf Szymanski, eine Orig.-Zinkätzung von Rudolf Hochlehner, ein Orig.-Linolschnitt von Gisela Sternstein, ein Orig.-Holzschnitt von Gert Köller, die Graphik der späteren Lebensgefährtin von Grieshaber Margarete Hannsmann «Prometheus: Alpha», und einer s/w-Fotografie von Walter Renz. Der Umschlag wurde von Josua Reichert gestaltet.
Das Heft wurde in einer Auflage von 1000 Exemplaren von Margot Fürst und Roland Hänßel herausgegeben und erschien in der manus presse.

Di, 01.02.2022

rechts: Mein Vorurteil gegen diese Zeit, Büchergilde Gutenberg 1932 | lks.: Literatur-Alphabet, Jahresgabe 1979 der Pirckheimer-Gesellschaft

Bibliophiles des Monats - Mein Vorurteil gegen diese Zeit

Bibliophiles des Monats“ Februar ist eine Ausgabe der Büchergilde Gutenberg von 1932 „Mein Vorurteil gegen diese Zeit. Karl Rössing. 100 Holzschnitte.
Die Ausgabe enthält 99 ganzseitige Abbildungen in Originalgröße von Galvanoplastiken nach den Originalstöcken, sowie 1 Schlussvignette, nach Holzstichen von Karl Rössing. Den Abbildungen ist ein Vorwort des Künstlers vorangestellt. Das Buch hat das Format 4°, enthält 207 S., in Originalleinen mit Textprägung, gebunden mit SchU.

Ein Reprint dieses klassischen Buches politischer Graphik der Weimarer Republik erschien 1974 aus Anlass des 50jährigen Bestehens der Büchergilde Gutenberg.

Das Werk des 1987 neunzigjährig verstorbenen Österreichers Karl Rössing ist den Mitgliedern unserer Gesellschaft gut vertraut; es wurde ausführlich mehrfach in den Marginalien behandelt und ist auch heute noch Thema von Pirckheimer-Abenden. So hielt der Schriftkünstler Prof. Fritz H. Ehmcke aus München, der selbst einen großen Anteil an der Beförderung moderner Buchkunst hatte und 1963 den Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig erhielt, 1960 vor den Pirckheimern in mehreren Regionalgruppen Vorträge zu Karl Rössing, einem politischen Künstler, der den Holzstich bevorzugte und mit diesem vorwiegend im Kleinformat eine beispielhafte Aussagekraft erreichte und der sich ab den 50ger Jahren mehr dem Clair-Obscur-Stich zuwandte, den er in Drucken größeren Formats auch als Wandgraphik anwandte. Mit seiner Illustration von etwa 40 Büchern leistete er Hervorragendes. Neben dem hier vorgestellten sei hier nur "Münchhausen" (Kurt Wolff Verlag 1919) und Gottfried Kellers "Der Schmied seines Glücks" (Insel-Verlag 1921) genannt.

1979 erhielten Pirckheimer als Jahresgabe die erstmals in Buchform erschienene Neuausgabe „Literatur-Alphabet“ von Karl Rössing mit 18 ganzseitigen, in Originalgröße reproduzierten Holzstichen, eine einmalige Auflage in 1400 Expl., gestaltet von Albert Kapr und gesetzt und gedruckt in den Werkstätten der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.