Pirckheimer-Blog

Klingspor-Museum

Fr, 15.11.2013

Wege zu Büchner

Der Schriftsteller, Mediziner und Revolutionär Georg Büchner (1813 – 1837) gilt als einer der bedeutendsten Autoren des Vormärz. Zu seinem 200. Geburtstag zeigt das Klingspor-Museum zeitgenössische Inszenierungen seiner Werke.
Barbara Fahrner und Robert Schwarz zählen zu den Protagonisten im Feld des Künstlerbuchs. Beide haben sich auf höchst unterschiedliche Weise mit Büchner auseinandergesetzt. In ihren Werken verdeutlichen sie den Anspruch dieser Kunstgattung, literarische Texte nicht zu reproduzieren, sondern zu inszenieren. Sie setzen jedoch nicht nur markante Akzente in der Buchkunst, sondern schaffen darüber hinaus Laut- und Klangbilder, die der Eindringlichkeit der Sprache Büchners neue Begegnung öffnen.
Das Buch „Leuchte“ ist eine Novelle, die die Künstlerin aus der Übertragung von Büchners „Lenz“ in der sogenannten Oulipo-Manier abgeleitet hat. Das Akronym Oulipo kommt von L' Ouvroir de Littérature Potentielle (franz. „Werkstatt für Potentielle Literatur“) und fußt auf Experimenten, die ab 1960 von Francois Le Lionnais und Raymond Quenneau entwickelt wurden. Im Sinne des erweiterten Kunstwerks ist eine Art des erweiterten Lesens intendiert, das Umdeutungen als Metamorphose des Urtextes würdigt. Fahrners malerische Einbettung des Textes auf neuen großen Bögen entwirft eine autonome Interpretation zu Büchners Erörterung von Dichtung als Darstellungsmembran der Wirklichkeit.
Robert Schwarz‘ opulentes Unikat-Buch ist eine malerische Begegnung mit Woyzek. Seine Bilder treten mit ihrer farblichen und gestischen Intensität in Dialog mit der tragischen Entwicklung des literarischen Stoffes. Er animierte Schwarz, der schon viele Jahre das großformatige Buch, das raumgreifende Bild auf Stoffbahnen und Rauminstallationen mit seinen Drucken erstellt, nun auch den Film als Medium zu nutzen. Tilmann Schwarz sorgte für die Vertonung der Bilder.
An den Revolutionär Büchner und seinen Kampf für eine demokratische Gesellschaft knüpft das Kunstprojekt „Länderboten“ an. Es wurde im Auftrag des Amts für Kulturmanagement von den Offenbacher Künstlerinnen Anny und Sibel Öztürk und Heiner Blum, Professor an der HfG Offenbach, entwickelt, in Anlehnung an Büchners Hessischen Landboten.
Mit ihrem Projekt wollen die drei Künstler jeweils einem Menschen aus jeder der 156 in Offenbach vertretenen Nationen eine Stimme geben und somit ein imaginäres Parlament schaffen. Auf der Basis von Gesprächen und Interviews, in denen Bürgerinnen und Bürger Forderungen und Utopien formulieren, schaffen die Künstler Portraits in Form von Grafiken und illustrierten Textbotschaften.
 
Ausstellung: 3. Dezember 2013 bis 2. Februar 2014
 
Herrnstr. 80
63065 Offenbach

Do, 31.10.2013

Das Weiterdenken des Buches als Abenteuer im Kopf

Buchkünstler/innen und Künstlerbücher im Spiegel persönlichen Erlebens und Erfahrens
Das Künstlerbuch in einer gleichnamigen Ausstellung des Halleschen Kunstvereins 2011
Aus heutiger Sicht gehört zum Schaffen von Kunstwerken das Überschreiten und Erweitern von durch Konventionen bestimmten Grenzen. Diese Qualität des intellektuellen und handwerklichen Schöpfens und Gestaltens ist bei Künstlerbüchern in besonderem Maße nachvollziehbar und trägt zum Reiz dieser vielfältigen Gruppe von Werken, die in unterschiedlichster Weise dem Prinzip „Buch“ verhaftet sind, bei. Ist ein handelsübliches Buch schon ein sehr komplexes Gebilde, so verkörpern Künstlerbücher auf hohem Niveau überraschende, manchmal befremdliche, immer aber anregende Varianten des Mediums. Bei erster Begegnung erscheinen sie nicht selten sperrig und unverständlich, ebenso aber hinreißend in ihrem Ideenreichtum und ihrer Schönheit. Eva-Maria Hanebutt-Benz war Kuratorin der Abteilung für Buch- und Schriftkunst am Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt am Main, später langjährige Direktorin des Gutenberg-Museums Mainz. Durch zahlreiche persönliche Kontakte zu Buchkünstlerinnen und Buchkünstlern, erfuhr sie so aus erster Hand Beweggründe und Zusammenhänge, die das Schaffen von Künstlerbüchern beleuchten und verständlicher machen können.

1. November 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 Euro, Mitglieder: 1,50 Euro


è Klingspor-Museum
Herrnstr. 80
63065 Offenbach

Do, 15.08.2013

Tierisch menschlich

Burgi Kühnemann Fabeln von La Fontaine
Seit vielen Jahren hat sich Burgi Kühnemann dem Unikatbuch verschrieben. Malend, schreibend und collagierend verleiht sie literarischen Vorlagen eine neue Deutungsebene. Ihre Bücher sind Übermalungen und Überschreibungen antiquarischer Bücher, deren vorhandenes Bildmaterial sie raffiniert in ihre Arbeiten integriert, dabei lässt sie sich in der Gestaltung ihrer Bücher von dem vorgefundenen Material inspirieren. Die Ausstellung widmet sich ihrer Auseinandersetzung mit den Fabeln La Fontaines. In ihren opulenten Malerbüchern verbindet sie die pointierten Texte aus dem 17. Jahrhundert mit treffsicheren bissigen Tierdarstellungen, die allzu Menschliches aufweisen. Die literarische Form der der Fabel ist seit dem Altertum beliebt. Fabeln sind belehrende Erzählungen, in denen oftmals Tiere mit menschlichen Eigenschaften die Protagonisten sind. Meist endet die Fabel mit einer Moral. Neben Aesop gehört der französische Schriftsteller Jean de la Fontaine (1621 - 1695) zu den bekanntesten Fabeldichtern. In Frankreich gilt er als einer der größten Klassiker, aber auch hierzulande erfreuen sich viele seiner Fabeln noch großer Beliebtheit.
Seit über zehn Jahren beschäftigt sich Burgi Kühnemann mit La Fontaines Fabeln, die sie, wie sie sagt, wegen ihrer lebendigen und grotesken Bildhaftigkeit fesseln.
Mehr als fünfzig Bücher zu La Fontaine sind bisher entstanden, darunter befinden sich so bekannte Fabeln wie der „Der Esel und das Hündchen“ oder „Der Fuchs und die Trauben“. Burgi Kühnemanns kraftvolle Handschrift voller Verve verbindet sich mit Bildern des prallen Lebens, die nicht immer ganz frei von herrlicher Boshaftigkeit sind, in ihren ausdruckstarken Künstlerbüchern. Burgi Kühnemann, geboren 1935, studierte an der Werkkunstschule Düsseldorf Aktzeichnen und Metallbildnerei. Seit 1983 entstand ein Oeuvre von mehr als 200 Unikatbüchern, die Kühnemanns Rang in der Buchkunst seit den achtziger Jahren ausmachen. Weitere Schwerpunkte in ihrem Schaffen bilden Märchen sowie das Werk Heinrich Heines. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt.

Ausstellung: 13. Oktober bis 24. November 2013
Eröffnung: 13. Oktober 2013, 11:30 Uhr
Zur Eröffnung liest Burgi Kühnemann ausgewählte Fabeln


è Klingspor-Museum
Herrnstr. 80
63065 Offenbach

Di, 06.08.2013

Herzlichen Glückwunsch! Ein Meer von Blumen

Das Klingspor-Museum feiert seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlaß zeigen wir einen bunten Strauß von Büchern mit Pflanzendarstellungen. Die Motive umfassen ein Spektrum von floraler Ornamentik bei William Morris über die als Bestimmungsbücher gedachten Blumenbücher von Rudolf Koch und Josef Weisz, den zarten Blumenmotiven bei Henri Matisse bis hin zur höchst symbolischen Blütendarstellung im zeitgenössischen Künstlerbuch. 
Floraler Schmuck war äußerst beliebt um die vorige Jahrhundertwende. Als schönstes Beispiel wird die berühmte monumentale Chaucer-Ausgabe der Kelmscott Press präsentiert. Es wurden jedoch nicht nur Ausgaben von Schöner Literatur mit Blumenornamenten geschmückt, sondern auch wissenschaftliche Werke und Ausstellungskataloge. Ein beliebtes Sujet von Kinderbüchern waren personifizierte Blumendarstellungen als handelnde Figuren. In der Ausstellung sind Beispiele des englischen Künstlers Walter Crane und des Schweizer Grafikers Ernst Kreidolf zu sehen.
Pflanzenbücher haben eine lange Tradition. Die ersten Bücher über Pflanzen waren medizinische Bücher, die sich mit der Heilkraft von Pflanzen beschäftigten. Schon in der Antike beschrieb der griechische Arzt Pedacius Dioscorides die ihm bekannten Heilpflanzen. Der italienische Arzt und Botaniker Pietro Andrea Mattioli (1501 – 1577) übersetzte und kommentierte Dioscorides Werk. Eine reich illustrierte Ausgabe von 1565 ist als ältestes Buch der Ausstellung zu sehen. Rudolf Kochs berühmtes Blumenbuch sollte kein botanisches Werk, sondern ein wirklich volkstümliches Buch sein. Es entstand aus Zeichnungen, die Koch fertigte, um für seine Kinder Pflanzen bestimmen zu können. Peter Heckwolf schuf mit seinem „Herbariusum“ ein opulentes Werk im Naturselbstdruck.
Die Symbolik der Blumen findet ihren Niederschlag im Künstlerbuch, wie zum Beispiel in Barbara Fahrners beinah schwerelos wirkendem Unikatbuch „Diese Welt aus Tau“. Den Haikus von Issa stellt sie botanische Zeichnungen von Blüten und Fruchtständen gegenüber und zeigt so die Parallelität von Werden und Vergehen in der Natur mit der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens auf. In kräftigen Farben präsentiert sich Oskar Kokoschkas Frühwerk „Die träumenden Knaben“ Die frühexpressionistische Dichtung beinhaltet Träume von Gewaltphantasien und von der pubertären Liebe zu dem Mädchen Li. Sie sind in den Hintergrund einer von Blumen und Pflanzen bewachsenen, sexuell aufgeladenen Natur eingebettet. Die großflächigen Lithographien lassen zahlreiche florale Motive zum Ornament verschmelzen. In V. O. Stomps Eremiten-Presse erschien 1964 Horst Antes „Stierstädter Gartenbuch“. Die Pflanzen- und Gartengedichte von Dieter Hoffmann, sind auf einen Fond von zarten Pflanzenabdrucken gedruckt und mit Antes‘ Schablonendrucken illustriert. Pablo Picasso schuf mit seinen Lithographien zu Tristan Tzaras Gedicht „De mémoire d’homme“ spielerisch leichte Bilder von Tieren und Pflanzen. Einen weiteren Höhepunkt bilden die von Henri Matisse handschriftlich geschriebenen und mit Lithographien versehenen Gedichte von Charles d’Orléans, die 1950 bei Tériade in Paris erschienen. Die zarten Illustrationen werden stets von freien Interpretationen der königlichen Lilie, dem Wappenzeichen der Bourbonen, begleitet. aaa „Not a rose“ heißt das provokante Werk der deutschen Konzeptkünstlerin Heide Hatry, die in New lebt. Es spielt gekonnt mit der Wahrnehmung zwischen Ästhetik und Ekel. Die abgebildeten „Blumen“ sehen auf den ersten Blick filigran und exotisch aus. Erst auf den zweiten Blick hin wird offenbar, dass die ästhetischen Gebilde aus Tierorganen gefertigt sind.
Zum ersten Mal gezeigt werden farbige Zeichnungen von Else Klingspor aus Privatbesitz.
 
Ausstellung: 27. September bis 24. November 2013
Eröffnung: Sonntag, 27. September 2013, 19 Uhr

è Klingspor-Museum
Herrnstr. 80
63065 Offenbach

Fr, 26.07.2013

Mut zur Lücke

Mit diesem eher etwas lockeren Ausdruck ist häufig etwas ganz anderes gemeint, hier aber durchaus ernsthaft zu verstehen.
Der amerikanische Autor Jonathan Safran Foer, bekannt auch als begeisterter Vegetarier oder Hollywood-Drehbuchautor, hat mit seinem Buch Tree of Codes das Gebiet der Buchgestaltung für sich entdeckt. Das Buch ist eine Art interaktive Papier-Skulptur: Foer und seine Mitarbeiter nahmen die Seiten eines anderen Buchs und formten daraus durch Ausstanzungen von Textpassagen eine brandneue Geschichte. Für lange Zeit wurde dieses Projekt von jedem angefragten Drucker mit der Bemerkung abgelehnt, dass es nicht herstellbar sei; die belgische Druckerei Keure bewies das Gegenteil. Das Künstlerbuch wird gezeigt von Helga Horschig; sie schildert seine Vorgeschichte und berichtet vom Multitalent Jonathan Safran Foer, der auch der Herausgeber von The New American Haggadah ist.

Freitag, 2. August 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Mtgl. 1,50 €

Fr, 19.07.2013

Fern und nah im Gegenüber

Max Huber
Mit Takashi Kono (1906 – 1999) und Max Huber (1919 - 1992) würdigt das Klingspor-Museum zwei herausragende Grafikdesigner, die ihre Zeit auf höchst unterschiedliche Weise geprägt haben und internationale Beachtung fanden. Die Protagonisten aus Japan und der Schweiz stammen aus Ländern, die maßgebliche Impulse für künstlerisches Plakat und Grafikdesign gaben. Gezeigt werden außerdem Arbeiten der japanisch-schweizerischen Künstlerin Aoi Kono.
Takashi Konos Schaffen übte großen Einfluss auf das japanische Grafikdesign aus. Nach einem Studium an der Schule für Bildende Künste in Tokyo gründete er 1936 sein eigenes Studio. 1937 und 1939 gestaltete er für die Weltausstellungen in Paris und San Francisco Foto-Installationen. Zeigen seine frühen Arbeiten, vor allem für die Zeitschriften „Roningyo“ und „Nippon“, Einflüsse des Art deco, denen er jedoch eine typisch japanische Anmutung gibt, so wirkt seine spätere reduzierte Formensprache piktogrammartig und greift die große japanische Tradition des kunstvollen Zeichens auf. Kono machte sich vor allem in den vierziger bis siebziger Jahren um das Plakat in Japan verdient. Er war mit Mitbegründer der Alliance Graphique Internationale (AGI) in Japan und errang internationale Anerkennung. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. Max Huber ist ein herausragender Vertreter des schweizerischen Grafikdesigns. Seine Plakate greifen Gestaltungsprinzipien der Elementaren Typographie auf und entwickeln sie zu einer zeitgemäßen Formensprache der Nachkriegszeit. Klare Typografie verbunden mit Fotografie und raffinierten Farbakzenten kennzeichnet sein Plakatschaffen. Er studierte an der Züricher Kunstgewerbeschule, unter anderem bei Alfred Willimann. Viele Jahre arbeitete und lehrte er in Mailand. Seine Arbeiten für das Studio Boggeri sind wegweisend für das moderne italienische Grafikdesign. 1970 zog er ins Tessin, von 1978 bis 1984 lehrte er am Centro Scolastico Industrie Artistiche in Lugano. Seit 1958 war Huber Mitglied der AGI. Aoi Kono (geb. 1936), Tochter von Takashi Kono, wurde früh von ihrem Vater künstlerisch beeinflusst. Nach einem Studium an der Universität für Kunst und Musik in Tokyo ging sie auf Anraten ihres Vaters nach Europa. In Mailand arbeitete sie mit Max Huber zusammen, den sie 1962 heiratete. Aoi Kono schuf Illustrationen für verschiedene Verlage. 1976 hatte sie ihre erste Personalausstellung in Zürich. Kono leitete die Gründung des m.a.x.museo in Chiasso in der Schweiz ein, das den Nachlass ihres Mannes beherbergt.

Ausstellung: 20. Juli bis 8. September 2013
 

Do, 04.07.2013

Ins Besondere

Schrift- und Buchkunst Gestern und Heute
 
Das Klingspor Museum wird 60. Buch- und Schriftkunst haben im Zuge des Wandels in Gesellschaft und ihrer Medienlandschaft gravierende Änderungen erfahren. Die Resonanz auf das Museum, auch die Erwartungen an seine Inhalte und sein Programm, sind heute nicht mehr identisch mit den Gegebenheiten der Gründungszeit.
Das Symposium möchte aus Anlass des Geburtstages keinen klassischen Rückblick unternehmen. Vielmehr zielt es darauf, die Aktualität des Themenkreises Schrift und Buch im Kontext von Kunst und Gestaltung hervor zu heben. Es können nur einzelne Aspekte sein, die das Symposium beleuchtet; diese indes werden von Fachleuten vorgetragen, die damit aufzeigen, dass das Klingspor Museum ein international relevanter Ort ist, an dem über die Dinge von Schrift- und Buchkunst zu reden ist.
Zu Wort kommen überwiegend Spezialisten aus den Bereichen Kunst und Gestaltung, Verantwortliche für Sammlungen von Kunst im Buch an Bibliotheken und Museen, und auch die Verlagstätigkeit ist einbezogen.
Ein Fest für das Klingspor Museum, ein Zusammensein, das eingerahmt wird von einer Lesung durch Barbara Auer, die als renommierte Schauspielerin das Potential des Textlichen in den Beständen des Museums aufscheinen lässt; und von einem Vortrag des viel beachteten Verlegers Gerhard Steidl, der unverkennbare, markante Akzente in die Welt von Buch und Kultur gesetzt hat.
Interessierte Menschen aus verschiedenen Bereichen des Schaffens und Lesens von Schrifterzeugnissen und Kunstwerken in Buchform – ihnen allen möchte das Symposium Momente der Erinnerung und des Ausblicks und jedenfalls neue Anregungen mitgeben.
 
Symposium zum 60. Geburtstag des Klingspor Museums Offenbach
7./8. November 2013

Mo, 17.06.2013

Harry Graf Kessler. Kosmopolit, Dandy, Kunstmäzen, Diplomat, Zeitzeuge und Pressendrucker

Edvard Munch.
Harry Graf Kessler. 1906
Harry Graf Kessler gehört zu den faszinierendsten Persönlichkeiten des deutschen Kunst- und Kulturlebens vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts. Als Kosmopolit verkehrte er mit zahllosen bedeutenden Persönlichkeiten in Kunst, Kultur, Gesellschaft und Politik im Europa seiner Zeit - sein Adressbuch soll 10.000 Einträge umfasst haben. Seine berühmten Tagebücher geben Zeugnis vom Geistesleben einer Epoche und unterstreichen Kesslers große Bedeutung als Zeitzeuge. Maßgeblich förderte er die Kunst der Moderne als Mäzen und Ausstellungskurator. Als einer der Entrepreneure der Buchkunst setzte er mit den Künstlerbüchern seiner Cranachpresse Maßstäbe. Martina Weiß beleuchtet das Leben Graf Kesslers und zeigt sein buchkünstlerisches Wirken.
 

Freitag, 5. Juli 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Mtgl. 1,50 €

Sa, 01.06.2013

Hans Hillmann im Gespräch

twen, Frankfurter Allgemeine Magazin, Capital, Fliegenpapier, ABC-Geschichten… Sein Zeichnen, gestern wie heute, durchdringt Zeit und Raum – imaginär, spektakulär, überraschend. Illustration des Illustren. Unvergessen. Unerschöpflich. Moderation: Dr. Stefan Soltek.
 
Freitag, 7. Juni 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Mtgl. 1,50 €

Di, 07.05.2013

... nur für eines Augenblickes Dauer ...

Vier Künstlerinnen, die sich im Bereich der Schriftkunst und Installation, oder im Künstlerbuch hervorgetan haben, schufen eigens für diese Ausstellung Inszenierungen, die betitelt wurde nach einer Zeile aus Hermann Hesses Gedicht „Was der Wind in den Sand geschrieben“.
Tanja Leonhardt, Groß Gerau, lotet die vielfältigen Möglichkeiten von Schrift aus. Ausgebildet bei Pamela Stokes, hat sie die angestammten Felder der Kalligraphie verlassen und beschäftigt sich mit Bestand und Veränderlichkeit von Schrift, sie experimentiert mit ungewöhnlichen Materialien und Schreibwerkzeugen. Ihr neuester Werkzyklus thematisiert die Veränderbarkeit von beschriebenen Seidenfahnen, die in der Natur installiert, den Einflüssen von Wind und Wetter ausgesetzt sind.
Gabrielle Hattesen, Wiesbaden, hat sich an dem Gedicht „Time past long“ des englischen Lyrikers Percy Bysshe Shelley (1792-1822) orientiert. Scherenschnitte dieser Verse hat sie mit der Hand geschrieben. Sie liegen eingebettet in transparenten Ebenen, die wellenförmig einen Turm bilden. Auf diese Weise wird das Gedicht „durchsichtig“. Die damit verbundene Auflösung des ursprünglich allein an die Sprache gebundenen Sinnzusammenhangs führt zu verschiedenartigen, jeweils vom Standort des Betrachters abhängigen, Deutungen.
Ingrid Heuser, Wiesbaden, füllt ihren Raum in der Ausstellung – eng abgestimmt mit der Arbeit von Gabrielle Hattesen - mit lauter amorphen Flugkörpern aus transparenter Folie über Draht. An ihnen schweben Buchstaben und Wörter, entliehen der Geschichte von Christoph Meckel „Brennesseln“. „Sprache ist für mich ein Ort, wo Zeit kristallisiert und in Wortbildungen eine Materialisation entsteht“, erläutert die Künstlerin.
Nora Schattauer schafft Künstlerbücher, deren Seiten eine Dehnung von Raum und Zeit bewirken. Farbflächen von unerschöpflichen Valeurs, die Stille sich sanft bewegender Linien und Muster spannen sich zwischen den Deckeln der Bücher aus. „Das Blatt wird zum Doppelblatt, es beansprucht Raum. Ich lege Doppelblätter ineinander. Oder aneinander. Es gibt einen bestimmten Augenblick, wo ich empfinde: nun wird es“.
 
Ausstellung: 17. Mai bis 7. Juli 2013

Mi, 24.04.2013

Vor hundert Jahren …

… erschien Goethes Schauspiel „Torquato Tasso“ als eleganter Pressendruck in der englischen Doves Press. Der in Paris lebende Dichter und Kunstkritiker Guillaume Apollinaire versuchte, mit seinen Kalligrammen eine Verbindung von Poesie und bildender Kunst herzustellen. In Offenbach brachte die Schriftgießerei Klingspor Rudolf Kochs halbfette Deutsche Schrift heraus und arbeitete an der Behrens-Mediäval. Was tat sich 1913 noch in der Buchkunst und im Literatur- und Kunstbetrieb? Stephanie Ehret-Pohl beleuchtet ein spannendes Jahr.
 
Freitag, 3. Mai 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Mtgl. 1,50 €

Mo, 25.03.2013

Mann und Frau

Eine Schriftpoesie von Gerhard Rühm, 1972
Betrachtungen mit Dr. Stefan Soltek
 
 
1930 in Wien geboren, ist Gerhard Rühm Mitbegründer der einflussreichen Wiener Gruppe, die sich Mitte der 50er Jahre um Friedrich Achleitner formierte. Sprache in ihrer Wahrnehmung als textgrafische ebenso wie phonetische Erscheinung zu begreifen, zeichnet die experimentelle Welt dieser Autoren aus. Schrift untermalt das Lesen und erweitert das Wortverständnis. Eine Nähe zur musikalischen Notation ergibt sich für Rühm aus seiner Arbeit als Komponist und Musiker.
Ein Beispiel für die Interpretation von Inhalten über das Sagbare ins Beobachtete hinaus veranschaulicht das Buch MANN UND FRAU, das Mitte der 60er Jahre erarbeitet, 1972 erschien. Im Prozess über und durch die semitransparenten Seiten werden die Worte MANN UND FRAU in linearen Grafiken visuell inszeniert und ausgedeutet. Diesem Buch der Sammlung des Klingspor Museums wird Rühms szenenreiche Text-Bild-Montage AUS DEM LEBEN GEGRIFFEN (1959) gegenübergestellt, die soeben erstmals im Museum of Modern Art New York gezeigt wird.
 
Freitag, 5. April 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Mtgl. 1,50 €

So, 03.03.2013

Buch, Kunst, Schrift. F. H. Ernst Schneidler

In Zusammenarbeit mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart zeigt das Klingspor-Museum eine Retrospektive des Werkes von Ernst Schneidler (1882 – 1956). Er gehörte zu den bekanntesten Schriftdesignern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und übte großen Einfluss als Begründer der sogenannten Stuttgarter Schule auf die Typographie aus.
Nach seinem Studium an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf bei Peter Behrens und Fritz Helmuth Ehmcke, arbeitete er als Buchgestalter für den Eugen Diederichs Verlag, seine Illustrationen zeigen eine strenge, ornamentale Auffassung des Jugendstils.
1919 erfolgte seine Berufung an die Württembergische Kunstgewerbeschule Stuttgart, der heutigen Staatlichen Akademie der bildenden Künste, als Leiter der graphischen Abteilung. Von seinen Schülern gleichermaßen gefürchtet und verehrt, gelang es ihm, die Stuttgarter Akademie zu einer der maßgeblichen Ausbildungsstätten der Buch und Schriftgestaltung auszubauen. Aus ihr ging eine ganze Generation von Protagonisten der Typographie hervor. Zu seinen Schülern zählen unter anderen HAP Grieshaber, Imre Reiner und Georg Trump.
Seine als großes typographisches Lehrwerk angelegte Sammlung „Der Wassermann“ ist legendär. Bekannt wurde Schneidler vor allem für sein Schriftschaffen. Weniger bekannt sind seine freien Schriftarbeiten und Zeichnungen, da sich Schneidler scheute, mit diesen Arbeiten an die Öffentlichkeit zu gehen. Das Spektrum dieses umfangreichen Oeuvres ist breitgefächert und zeigt die Einflüsse der verschiedensten Kunstrichtungen von der Jahrhundertwende bis in die fünfziger Jahre. Besonders seine im Fragmentarischen bleibenden Schriftkompositionen sind eine Entdeckung, zeigen sie doch keinerlei Parallelen mit der Kalligraphie seiner Zeit.
Die Ausstellung zeigt Werke aus allen Perioden und Schaffensbereichen des Künstlers. Die Exponate, die aus der reichhaltigen Schneidler-Sammlung des Museums stammen, werden durch Arbeiten aus dem Besitz der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart ergänzt. Die Kooperation mit der Akademie geschieht vor dem Hintergrund der dort zuvor erarbeiten und präsentierten Ausstellung. Angela Zieger, die zur Eröffnung sprechen wird, bereitet ihre Dissertation über Schneidler vor, mit dem Schwerpunkt auf seiner bildkünstlerischen Arbeit.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
 
Ausstellung: 10. März bis 5. Mai 2013

Sa, 16.02.2013

Leporello


Ein Leporello ist, laut Wikipedia, ein faltbares Heft in Form eines langen Papier- oder Kartonstreifens, das ziehharmonikaartig zusammengelegt ist. Der Name kommt von Mozarts Opernfigur Leporello, dem Diener Don Giovannis, der die Liebschaften seines Herrn in einem gefalteten Heft, eben einem Leporello, verzeichnete.
Hans Eckert, Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, wird anhand ausgewählter Beispiele die Geschichte und gestalterische Vielfalt des Leporellos darstellen. Neben chinesischen Faltbüchern, Rheinlaufkarten und Alpenpanoramen werden buchkünstlerische Arbeiten u.a. von Martin Thönen, Susanne Levy, Ines von Ketelhodt und Clemens-Tobias Lange gezeigt.
Auch der Codex Dresdensis, eine 800 Jahre alte Maya-Handschrift, die kurz vor Weihnachten 2012 durch die angebliche Vorhersage des Weltuntergangs für Aufregung sorgte, ist ein Leporello. Aber allem Anschein nach kann die Veranstaltung „Buch des Monats“ auch im März 2013 im Klingspor-Museum Offenbach ungehindert stattfinden …
 
Freitag, 1. März 2013, 14 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Mtgl. 1,50 €

So, 27.01.2013

WasserFalten

Leporello-Objekte

Buchbinder haben zunächst die Aufgabe, einzelne Blätter in eine handliche und kompakte Form zu bringen. Doch die Meister ihres Faches haben einen viel höheren Anspruch: Sie streben danach, durch ihre Arbeit die Besonderheit ihres Auftragswerkes nach Außen sichtbar zu machen. Eine besonders innovative Gemeinschaft von Kunsthandbuchbindern ist die Schweizer "Kreativgruppe "Buch und Form". Auf Einladung des Hafenmuseums, Bremen zeigten drei Mitglieder der Gruppe und ihre Bremer Kollegin Lore Hübotter, dass sie auf Wunsch sogar Wasser falten können.
Für die aktuelle Ausstellung haben sich drei renommierte Kunsthandbuchbinder aus der Schweiz und ihre Bremer Kollegin Lore Hübotter mit Phantasie, Originalität und bewundernswerter Kunstfertigkeit der Aufgabe angenommen, das unfassbare Element auf ästhetische Weise greifbar zu machen. Ihre Resultate sind ganz unterschiedliche Liebeserklärungen an das Buch.
Als formale Klammer hatten sich die Buchkünstler für das Leporello entschieden: Das traditionelle Faltbuch, das sich, wie es heißt, der gleichnamige Diener des Frauenhelden Don Juan ausgedacht habe, um die schier endlose Liste der Eroberungen seines Dienstherren zu katalogisieren. Für ihr gemeinsames Thema haben die vier Buchhandbinder ganz verschiedene Ausdrucksformen gefunden. Da werden weiche Wellen durch eine ebenso flexible wir robuste Struktur aus Papierstreifen simuliert, eine holzschnittartige Oberfläche assoziiert die undurchdringliche Tiefe des Meeresgrundes, Licht wird in transparenten, flexiblen Kunststofffolien eingefangen, das Spiel der Farben auf dem Wasser durch Digitaldrucke wiedergegeben. Manche der Objekte der Ausstellung sind Bücher im klassischen Sinne – sie geben sich als edle kleine Gedichtbände zu erkennen, als Alben, in denen Schätze wie Briefe oder Fotografien gehütet werden könnten, Kladden aus feinem Bütten, die auf Skizzen oder Tagebucheintragungen warten. Bei anderen ist die Funktion zweitrangig – sie könnten als selbstbewusste Kunstwerke für sich stehen.
Edwin Heim und seinen Kollegen geht es in ihren spektakulären Arbeiten auch darum, Aufmerksamkeit zu schaffen für die wichtige Arbeit der Buchbinder: "Denn ohne uns gäbe es keine Literatur", sagt der vielfach ausgezeichnete "Meister der Einbandkunst". Um die Zukunft des Buches mache er sich zwar keine Sorgen. Auch wenn manche Gattungen – wie Nachschlagewerke – mit der Schnelligkeit und Informationsfülle des Internets nicht konkurrieren könnten, steige die Gesamtzahl der Publikationen weiterhin. Doch in den meisten Fällen seien die Titel nicht darauf angelegt, gehütet zu werden, um wie einst Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte zu überdauern: Dann tut es auch optische Uniformität. "Das ist eigentlich schade, denn unsere Arbeit wird als erstes wahrgenommen, wenn man eine Buchhandlung betritt", bedauert der Fachmann. Dennoch fürchtet er nicht um die Zukunft seines Berufsstands: "In einem schönen Bildband oder einer Gedichtsammlung zu blättern, das Papier zu fühlen und zu riechen, ist ein Genuss, der viele Sinne anspricht.", sagt Edwin Heim. " So etwas können die neuen Medien eben nicht."
 
Ausstellung: noch bis 5. Mai 2013